Riskanter als Polen

Radfahrer und Fußgänger leben in Berlin gefährlich

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Fast 70 Prozent der Verkehrstoten in Berlin sind Radfahrer und Fußgänger. Ein Vielfaches über dem Bundesdurchschnitt. Verkehrssicherheitsexperten sehen die Ursache vor allem in der mangelnden Rücksicht.

Je mehr Wege die Berliner zu Fuß und auf dem Rad zurücklegen, desto mehr rücken sie als Unfallverursacher in den Blickpunkt. Die Prüforganisation Dekra forderte am Freitag Aufmerksamkeit und Rücksicht sowohl von Autofahrern als auch von Radfahrern, nahm aber besonders jene ins Visier, die auf zwei Rädern unterwegs sind. „Manche unternehmen den Ritt auf der Kanonenkugel“, sagte der Berliner Gebietssprecher Carsten Bräuer – mit hohem Tempo, in falscher Richtung auf dem Radweg und ohne Rücksicht auf rote Ampeln. Die Prüfer fürchten: Mit dem Trend zu Elektrofahrrädern könnte es noch schlimmer werden.

Der Verkehrsclub Deutschland VCD warnte davor, Radfahrer einseitig als Verkehrsrowdys darzustellen. „Radfahrer und Fußgänger sind keine Störfaktoren im Straßenverkehr, sondern gleichberechtigte Partner.“ Nur bei einem Viertel der Unfälle zwischen Auto und Radfahrern sei der Radler Hauptverursacher.

Radfahrer und Fußgänger machen in Berlin einen größeren Anteil an den Verkehrstoten aus als im Bundesdurchschnitt. Bundesweit betrug er 2010 nur 24 Prozent, in Berlin aber waren es knapp 70 Prozent, wie ein Dekra-Vergleich ergab. Bezogen auf die Bevölkerung insgesamt kommen in Berlin jedoch nicht mehr Radfahrer und Fußgänger ums Leben.

Der hohe Anteil erklärt sich anders: In Flächenländern sterben wegen des hohen Tempos auf Autobahnen und Landstraßen generell deutlich mehr Autofahrer. Und die Berliner legen 40 Prozent ihrer Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück, mit steigender Tendenz.

Eine Debatte über „Kampfradler“ hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zu Beginn der Fahrradsaison angefacht. „Unverkennbar gibt es eine deutlich wahrnehmbare Gruppe von Radfahrern, die nicht der Meinung sind, dass rote Ampeln, Vorfahrtregelungen und sogar Geschwindigkeitsbegrenzungen in Ortschaften auch für sie gelten“, schreibt er auch im Verkehrssicherheitsreport 2011, den die Dekra am Freitag vorlegte.

Das Unternehmen empfiehlt Fahrradhelme, kontrastreiche Kleidung mit Reflektoren und funktionierende Fahrradleuchten. Reflektoren erhöhten auch die Sicherheit bei Rollatoren. Sorgen bereitet den Fachleuten der Trend zu Elektrofahrrädern. „Früher haben die die Alten und Gebrechlichen gekauft, jetzt gibt es sie auch als Sportfahrräder“, sagte Dekra-Vorstandsmitglied Clemens Klinke. „Mountain-Bikes fahren dann mit Tempo 30 oder 40 den Berg hinauf.“