Bei der Berliner Demonstration gegen die Sparpläne der Bundesregierung hat es anscheinend einen Anschlag auf Polizisten gegeben. Insgesamt beteiligten sich mehr als 10.000 Menschen an der Demonstration, darunter auch ein laut Schätzungen der Polizei etwa 450 Personen starker "Antikapitalistischer Block". Aus dieser Gruppe heraus wurde laut Polizei an der Torstraße nahe der Gormannstraße ein Sprengsatz auf Polizisten geworfen.
Durch die Explosion wurden mindestens 14 Polizisten verletzt, zwei davon schwer: Sie mussten in ein Krankenhaus gebracht werden. Dort wurden ihnen bei einer Operation Splitter aus den Beinen entfernt - um welche Art von Splittern es sich handelt, stand zunächst nicht fest. Anscheinend war der Sprengsatz so gefertigt war, dass bei der Explosion kleine Teile freigesetzt wurden.
Der Staatschutz ermittelt nun, die Kriminaltechnik untersucht denbesagten Sprengsatz und den Tatort. Mindestens sieben Demonstranten sind laut Polizei festgenommen worden.
Insgesamt beteiligten sich an der Großdemonstration unter dem Motto „Die Krise heißt Kapitalismus“ verschiedenen Schätzungen zufolge 15.000 bis 20.000 Menschen. Die Polizei gab offiziell zunächst keine Zahlen bekannt. Die Linken-Vorsitzende Gesine Lötzsch rief bei der Abschlusskundgebung zum Kampf für ein „gerechtes Land“ auf.
Lötzsch beklagte in Berlin eine wachsende gesellschaftliche Ungleichheit und betonte: „Ich will ein anderes Land.“ Sie wolle nicht in einem Land leben, in dem Hartz-IV-Empfänger zu Umzügen gezwungen würden, während andere Leute nicht wüssten, wie sie ihre fünfte oder sechste Wohnung einrichten. Auf Plakaten und Transparenten von Demonstranten standen Forderungen wie „Verursacher der Krise zur Kasse bitten“.
Zu der Demonstration hatte das Bündnis „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ aufgerufen. Organisiert in diesem Bündnis sind verschiedene Initiativen, Teile der Gewerkschaften Ver.di und IG Metall sowie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und eine Reihe von linken Parteien wie Die Linke und die Deutsche Kommunistische Partei (DKP). Parallel zum Berliner Protestmarsch fand in Stuttgart eine ähnliche Demonstration statt.
Während der Demonstrationsroute waren Polizisten mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen worden. Bei der Abschlusskundgebung vor dem Roten Rathaus kam es wiederholt zu Rangeleien zwischen Polizei und Demonstranten. Die Veranstalter der Demonstration sehen die Schuld für die Auseinandersetzungen bei der Polizei, sprachen von Provokationen und „willkürlichen Verhaftungen“.
Tumultartige Szenen überschatteten die Demo in der baden- württembergischen Landeshauptstadt. SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel wurde während seiner Rede aus einem Block von rund 300 Menschen mit Eiern und Bananen beworfen. Die Polizei stürmte auf die Bühne. Schmiedel wurde mit Regenschirmen geschützt. Schon zuvor war die Rede des SPD-Politikers durch Trillerpfeifen und Buh-Rufe so vehement gestört worden, dass kaum ein Wort zu verstehen war.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warb angesichts der Proteste für mehr Verständnis. „Viele Menschen wissen, dass wir sparen und Schulden abbauen müssen“, sagte die CDU-Chefin der „Bild am Sonntag“. „Die Maßnahmen im Arbeitsmarktbereich zielen im Übrigen darauf, deutlich mehr Langzeitarbeitslose als bisher wieder in Arbeit zu bringen.“ Für Bildung, Forschung und Investitionen bleibe aber ohne Sparen zu wenig übrig.