Junge Profis

Training mit dem Rudergerät soll Spaß machen und motivieren

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Petra Lang
Gründer Flavio Holstein bei der Präsentation des Augletics Eight im Kraftklub der Freien Universität.

Gründer Flavio Holstein bei der Präsentation des Augletics Eight im Kraftklub der Freien Universität.

Foto: Sven Lambert

Ein Team aus vier Leistungssportlern und Studenten entwickelt eine Rudermaschine. Informatiker Flavio Holstein hatte die Idee dazu.

Berlin.  Spätestens, wenn im Winter die Berliner Seen zufrieren, wird das Training für Ruderer eintönig. „Dann sitzen sie auf ihren Rudergeräten, absolvieren Schlag auf Schlag ihre Trainingseinheiten und haben viel Zeit zum Nachdenken“, sagt Informatikstudent Flavio Holstein (26). So auch er. In solch einer Situation, vor vier Jahren, kam ihm die Idee, ei­ne neuartige Rudermaschine zu ­entwickeln. Sie sollte Spaß machen, die Effizienz steigern, motivieren und die Bewegungstechnik optimieren, lautete sein Anspruch.

Inzwischen ist aus der Idee ein Unternehmen geworden. Flavio Holstein führt es zusammen mit dem Maschinenbauer Hannes Jeltsch. Zum Team gehören außerdem ein Physiker und ein Volkswirtschaftler. Dank ihrer unterschiedlichen Ausbildungen können die Gründer alle relevanten Geschäftsbereiche intern abdecken. Im November 2017 haben sie das Rudergerät Augletics Eight zur Marktreife gebracht. Alle vier Gründer kommen aus dem Ruder-Leistungssport und haben bei deutschen Meisterschaften einige Medaillen geholt.

Aus Sportfreunden wurden Geschäftspartner

Holstein erklärt, wie die vier Sportler zu Geschäftspartnern wurden: „Ab einem gewissen Leistungsniveau kennt man sich untereinander, auch wenn man in verschiedenen Vereinen trainiert und an verschiedenen Fachbereichen studiert.“ Weil sich alle für die Idee begeisterten, habe das Projekt schnell Form angenommen. „Wir wollen Sportlern optimale Trainingsbedingungen bieten“, sagt der 26-Jährige und ergänzt: „Natürlich wollen wir auch Geld verdienen.“

Bereits für die Idee des Augletics Eight wurde das Team um Flavio Holstein bei der „Research to Market Challenge“ ausgezeichnet. Das ist ein Wettbewerb für Produkt- und Geschäftsideen aus der Forschung. Vergeben wird er von der Freien Universität (FU) Berlin, der Charité – Universitätsmedizin und einigen kooperierenden Einrichtungen. Außer einem Preisgeld und Kontakt zu Experten hätten die Gründer dadurch auch Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Geschäftsidee bekommen, berichtet Holstein, der im Frühjahr 2018 sein Masterstudium Computer Engineering abschließen wird.

Stipendien und Preise fürs Team

Das Exist-Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums bekam das Team auch zugesprochen. Außerdem konnten sie von der Betreuung durch Profund Innovation, den Start-up-Inkubator der FU, profitieren. Und den Degewo-Gründerpreis bekamen sie noch dazu. Das Wohnungsunternehmen stellte ihnen Büros in Schöneberg zur Verfügung: im ersten Jahr mietfrei, im zweiten Jahr zur halben Miete. Inzwischen ist die Augletics GmbH dort regulärer Mieter.

Ihre jüngste Auszeichnung stammt aus dem August 2017. „Wir bekamen den Gründerpreis der Berliner Sparkasse für die beste Ausgründung der FU.“ Während der Entwicklungsphase des Augletics Eight hatten die Gründer außerdem einen Mentor: „Jochen Schiller, Professor für Technische Informatik an der FU, stand uns mit seinem Team immer zur Seite.“

Vereine und Leistungszentren als Kunden

Seit November 2017 ist der Augletics Eight nun auf dem Markt. „Quasi alle großen Rudervereine und Leistungszentren haben meist mehrere Geräte bestellt“, sagt Flavio Holstein. Jetzt werden sie den Fitnessbereich in Angriff nehmen. Sein Rudertrainer sei zwar im Vergleich zu herkömmlichen Ergometern mit 2999 Euro „preislich im Premiumbereich angesiedelt“, wie der 26-Jährige eingesteht. Er biete aber auch mehr.

Vor allem die Analyse der Bewegungstechnik von Nutzern mache die Besonderheit des Trainingsgeräts aus. „Mithilfe von Sensoren und einer speziellen Software bekommt der Sportler auf dem integrierten Bildschirm ein Feedback. Er sieht sofort, wo es hapert, und bekommt Verbesserungsvorschläge“, erklärt Holstein. Als Ruderer weiß er, wie schnell sich falsche Bewegungsabläufe verfestigen, die im schlimmsten Falle die Gesundheit schädigen. „Oft werden die Nutzer von herkömmlichen Rudermaschinen nur kurz eingewiesen und dann sich selbst überlassen“, kritisiert er.

Erkenntnisse sind in die Masterarbeit eingeflossen

Erkenntnisse aus der Entwicklung der Trainingsmaschine verarbeitet Holstein in seiner Masterarbeit. Thema ist die „Fehlererkennung beim Rudern“. Umgekehrt habe er Erkenntnisse aus seinem Computer-Engineering-Studium für die Entwicklung des Augletics nutzen können. Die einfache Bedienung sei für ihn besonders wichtig gewesen: „Um mit unserem Gerät zu trainieren, muss man nicht computeraffin sein. Einfach draufsetzen, das Programm startet von allein.“

In die Entwicklung eines besonders authentischen Rudergefühls haben die Gründer viel Zeit investiert. So bauten sie eine spezielle Art von Wirbelstrombremse – und ließen sie sich patentieren. „Unser Gerät ist nicht nur leiser als herkömmliche Trainer, es hat auch keinen Schlupf. Das heißt, die Nutzer fühlen beim Ziehen sofort den Widerstand, genau wie beim Rudern auf dem Wasser“, erklärt Holstein.

Zwei Modelle im Kraftklub der FU

Ausprobieren können FU-Studenten das im hochschuleigenen Fitnessstudio Kraftklub: Anfang Dezember stiftete die Ernst-Reuter-Gesellschaft, der Förderverein der FU, der Einrichtung zwei dieser neuen Rudergeräte.

Währenddessen plant Informatiker Holstein schon das Software-Update: „Wir haben eine Kooperation mit der Technischen Universität. Die tüfteln an einer virtuellen Ruderstrecke, die wir eventuell integrieren können“, erzählt er. „Da kann man sich beispielsweise von einem Hai jagen lassen – das motiviert bestimmt.“