Berlin. Der langjährige Aufsichtsratschef der Messe Berlin, Wolf-Dieter Wolf, wird das Gremium verlassen. Das sind die Gründe.
Die Berliner Messe muss sich einen neuen Aufsichtsratschef suchen: Wolf-Dieter Wolf, langjähriger Vorsitzender des Kontrollgremiums, wird seine Aufgabe im Herbst beenden. Das sagte er am Dienstag im Gespräch mit der Berliner Morgenpost. „Nach so langer und erfolgreicher Tätigkeit für die Messe ist es in meinem Alter angemessen, dass man die Aufgabe anderen überlässt, die jünger sind“, erklärte Wolf.
Der 78 Jahre alte Wolf steht seit einigen Wochen in der Kritik. Dabei geht es um eine mögliche Verquickung von beruflichen und persönlichen Interessen. Wolf soll unter anderem Gerhard Spörl, den Ehemann von RBB-Intendantin Patricia Schlesinger, an den Chef der Berliner Messe, Martin Ecknig, empfohlen haben. Spörl kam daraufhin zu lukrativen Aufträgen durch den Landesbetrieb.
Wolf war auch Verwaltungsratsvorsitzender des RBB. Diese Aufgabe lässt er seit Mitte Juli ruhen. Auch bei der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt läuft eine Untersuchung wegen unterschiedlicher Vorwürfe gegen Wolf selbst und die Intendantin Schlesinger. Der Sender lässt deswegen inzwischen die Pläne für den Bau seines neuen Medienhauses ruhen.
Wolf-Dieter Wolf: Rückzug vom Aufsichtsratschefposten lange geplant
Wolf sagte im Morgenpost-Gespräch, dass seine Entscheidung, den Posten des Chefaufsehers bei der Messe Berlin im Herbst abzugeben, lange geplant gewesen sei. Es sei ausdrücklich keine Reaktion auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Unter mit den Vorgängen vertrauten Personen ist aber auch zu hören, dass sich Wolf durch seinen Rückzug selbst etwas aus der Schusslinie bringen möchte.
Eigenen Worten zufolge hat Wolf schon im April mit Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) besprochen, das Amt in dem Kontrollgremium perspektivisch abgeben zu wollen. Wirtschafts- und Finanzverwaltung sind im Land Berlin für den Betrieb der Messe fachlich und juristisch zuständig.
Unternehmer Eric Schweitzer gilt als Kandidat für die Nachfolge Wolfs
Gemunkelt wird, dass der frühere Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, Wolf als Aufsichtsratschef nachfolgen soll. Schweitzer wurde im Juni in das Kontrollgremium berufen. Das Land Berlin könnte ihn vor der nächsten Aufsichtsratssitzung als neuen Chef des Gremiums vorschlagen. Anfang September soll das Kontrollorgan erneut zu zusammenkommen und könnte dann Schweitzer als Nachfolger Wolfs wählen.
Wolf sitzt seit 2010 im Aufsichtsrat der Messe Berlin, seit 2017 ist er Vorsitzender des Kontrollgremiums. Unter ihm als Chefaufseher war das Messegeschäft in Berlin vor der Corona-Pandemie deutlich ausgebaut worden. Auch den Wandel auf dem Gelände selbst begleitete er. Neue Gebäude wie der CityCube und der Hub27 entstanden. Zuletzt rang die Messe, wie andere Marktteilnehmer auch, um ihre eigene Zukunft. Nur finanzielle Hilfe durch das Land verhinderte die Insolvenz. Zuletzt fanden mit der Fruit Logistica und der Luftfahrtmesse ILA wieder erste Großveranstaltungen nach der Pandemie statt. Im September folgt als nächste Schau die Internationale Funkausstellung IFA.
Auch in Sachen Zukunft der Consumer Electronics Messe in Berlin hatte sich Wolf zuletzt eingebracht. Mittlerweile gehen Beobachter davon aus, dass die IFA auch in den nächsten Jahren in der deutschen Hauptstadt stattfinden wird. Zu hören ist, dass sich IFA-Rechteinhaber gfu, das Messeunternehmen Clarion und die Berliner Messe auf der Zielgerade befinden, was einen neuen, langfristigen Vertrag angeht.
In Berlin laufen mittlerweile drei Untersuchungen wegen der Messe-Auftragsvergabe
Wegen den jüngsten Vorwürfen gegen Wolf selbst und der anschließenden Auftragsvergabe an Gerhard Spörl durch die Messe Berlin sind mittlerweile mehrere Compliance-Untersuchungen angelaufen: In Berlin sind sowohl die Messe als auch die Wirtschafts- und Finanzverwaltung damit beschäftigt. Morgenpost-Informationen zufolge soll Wolf damals Ecknig und Spörl lediglich aneinander vorgestellt haben. Daraus soll sich dann erst später die Auftragsvergabe an den früheren „Spiegel“-Journalisten entwickelt haben. Dem Vernehmen nach hat Spörl Ecknig medial gecoacht und auch ein Buchprojekt zu 200 Jahren Messe für den Landesbetrieb umgesetzt. Dafür sollte er mit bis zu 72.000 Euro vergütet werden.
Ergebnisse der Aufarbeitung liegen noch nicht vor. Aus dem Umfeld der Untersucher ist aber zu hören, dass die Messe-Geschäftsführung angesichts der Summe ihren Berichtspflichten gegenüber dem Aufsichtsrat nicht nachgekommen sein könnte. Die Auftragsvergabe an sich sei juristisch aber wohl nicht zu beanstanden. Auch die Vorwürfe gegen Wolf-Dieter Wolf dürften auf rechtlicher Ebene kein Nachspiel haben. Beobachter allerdings sehen jedoch auch die moralische Ebene des Falls: Dass Wolf als damaliger RBB-Verwaltungsratschef ausgerechnet den Ehemann der Intendantin weiterempfiehlt, habe zumindest ein Geschmäckle.