In Berlin redet derzeit jeder über die erfolgreiche und vielversprechende Start-up-Szene. Dabei haben auch Biotechnologie-Fimen Potential. Es fehlt aber noch einiges zum Durchbruch.

Für einen Unternehmer, der schon sehr lange auf den Durchbruch hinarbeitet, wirkt Sven Klußmann entspannt. Klußmann steht vor einer Schautafel. Drei Pfeile sind dort darauf zu sehen. Es sind Entwicklungen der Firma Naxxon, die er gegründet hat und deren Forschungschef er ist. „Diese drei Wirkstoffe werden am Menschen erprobt. Wir hoffen, dass es wirksame Wirkstoffe werden“, sagt er.

Die neuartigen Präparate, die gegen Nierenversagen und Krebserkrankungen helfen könnten, basieren auf einer Doktorarbeit von Klußmann aus dem Jahr 1997. Vielleicht sind sie in drei Jahren als Medikament zugelassen. Wenn alles gut geht.

Berlin macht gerade als Gründerstadt von sich reden. Gemeinhin verbindet sich der Ruf der Stadt mit schnell wachsenden Internetunternehmen, mit Soundcloud, Lieferheld, Researchgate und wie sie alle heißen. Fast vergessen sind jene Hochtechnologie-Unternehmen, die zur Jahrtausendwende, als es auch viel Wirbel um Internet-Start-ups gab, als Hoffnungsträger galten: Biotechnologie-Firmen.

Gerade in Berlin mit seinen vielen Hochschulen, mit der weltberühmten Charité, hat da viel Potenzial, betonen Wirtschaftsvertreter wie Politiker seit dem gern. Aber wird das Potenzial auch richtig genutzt?

Nur 0,15 Prozent der Berliner arbeiten in Biotech-Firmen

Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) trommelt für die Biotechnologie. Das liegt auch daran, dass am Dienstag die Branchenmesse Bionnale in der Urania startet. Dafür hat sie zur Unternehmenstour durch Berlin geladen. Solche Rundfahrten sind im Senat gerade sehr angesagt. Naxxon, die Firma von Sven Klußmann, wird im Rahmen dieser Tour angesteuert, neben anderen Firmen und Forschungseinrichtungen.

„Die Biotechnologie ist für Berlin und die gesamte Region ein Garant für Wachstum, Stabilität und Beschäftigung“, sagt Yzer. In diesen Worten spiegelt sich derzeit mehr Hoffnung als die Realität. Diese sieht nach Zahlen von Biotop, dem regionalem Branchennetzwerk, für Berlin so aus: In 130 Berliner Biotech-Firmen arbeiten gerade einmal 2700 Menschen. Bezogen auf die 1,76 Millionen Beschäftigten Berlins sind das 0,15 Prozent.

Dass Biotech einen schweren Stand hat, hat mehrere Gründe. Da sind die Vorbehalte, die es in Deutschland gegen Gentechnologie gibt. „Der relevante Markt sind die USA“, sagt Thomas Erhardt, Chef von Metanomics. Die Tochter von BASF analysiert mit 160 Mitarbeitern im Biotech-Park in Charlottenburg die Wirkungen von Metaboliten, von Stoffwechselprodukten. Darunter sind viele Proben, die aus den USA geschickt werden, auch genveränderte Maissorten.

Jetzt kommen die Biotech-Start-ups

Ein großes Problem für Biotech-Start-ups ist die Finanzierung. Noxxon hat 70 Millionen Euro von Wagniskapitalgebern erhalten. Die meisten kommen aus Frankreich. „Die Vorbehalte gegen diese Art der Finanzierung sind ein Problem“, sagt Yzer. Berlin müsse da auf Bundesebene für mehr Akzeptanz kämpfen.

Einem anderen Problem hat sich Hans-Dieter Volk mit seinen Leuten auf dem Campus Virchow der Charité verschrieben. Volk leitet das Berlin-Brandenburg Centrum für Regenerative Therapien (BRCT). Dort arbeiten Mediziner, Grundlagenforscher und Ingenieure zusammen. Sie ersinnen beispielsweise Zelltherapien, damit Menschen mit künstlichen Hüftgelenken beschwerdefreier leben können. „Wir betreiben anwenderorientierte Forschung und schließen damit eine Lücke zu etablierten Unternehmen“, sagt Volk.

Etabliert ist längst Bayer, früher Schering, in Wedding. Dort will man vom Herbst an Biotech-Start-ups auf dem Gelände ansiedeln – nach dem Vorbild der Internetbranche. Bayer stellt Labore und Büros zur Verfügung. Es ist der zweite „Colaborator“, mit dem ersten in San Francisco hat der Konzern gute Erfahrungen gemacht. „Wir wollen vom Innovationsgeist profitieren – und die jungen Unternehmen können unsere Infrastruktur und Netzwerke nutzen“, sagt Andreas Busch, Vorstand bei Bayer Healthcare.