Null-Wachstum

BER-Debakel verdirbt Stimmung der Berliner Bauindustrie

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Hans Evert

Berlin wächst, aber davon profitieren die Berliner Bauunternehmen nur wenig. Die Euro-Krise und das BER-Debakel dämpfen die Erwartungen.

Die Aussichten für die Bauindustrie könnten schlechter sein. Berlin soll bis 2030 um 250.000 Einwohner wachsen. Das bedeutet unweigerlich: mehr Wohnungen, Infrastruktur, wahrscheinlich auch Gewerbebauten. Es gibt also genug zu tun für die Bauunternehmen.

Und dennoch blickt der Bauindustrieverband eher skeptisch in die nähere Zukunft. Verantwortlich macht Verbandsvizepräsident Wolfgang Frey zwei klassische Stimmungsdämpfer: die Euro-Krise und das Debakel um den neuen Hauptstadtflughafen BER. Beides sorge dafür, dass Investitionen zurückgehalten werden, sagte Frey.

Das klingt ein wenig nach Zweckpessimismus und mag damit zu tun haben, dass das Baugewerbe schon richtig harte Zeiten durchmachen musste. Aber immerhin erwartet die Bauindustrie nominell – also inflationsbereinigt – einen Gesamtumsatz von 6,2 Milliarden Euro für das kommende Jahr in Berlin und Brandenburg. Das wäre 0,2 Prozent mehr als in diesem Jahr. Auch die Zahl der Arbeitsplätze soll stabil bleiben. Derzeit arbeiten in der Region rund 35.400 Menschen auf dem Bau. Verlass ist auf den Wohnungsbau. Dessen Volumen soll 2013 um 8,2 Prozent wachsen. Dieser Schub kommt vor allem aus Berlin.

Die größte Baustelle der Region, der BER in Schönefeld, sorgt derzeit nur für Ärger. Für viele Mitgliedsfirmen sei die Bezahlung ein Problem, sagte Verbandspräsident Marcus Becker. So habe die Projektsteuerung im Frühjahr, als noch der Eröffnungstermin 3. Juni 2012 galt, viele Aufträge mündlich erteilt. Nach der Verschiebung wurden Planer und Steuerer beim BER ausgetauscht.

Die neue Mannschaft um BER-Technikchef Horst Amann ordnete das Chaos – und bis heute sind längst noch nicht alle strittigen Rechnungen bezahlt. Wie viele Unternehmen des Verbands noch auf Überweisungen der Flughafengesellschaft warten, konnte der Verband nicht sagen. „Bei einigen geht es aber um Summen, die existenzgefährdend sein können“, sagte Axel Wunschel, Hauptgeschäftsführer des Verbandes.

Fast schon traditionell forderte der Bauindustrieverband von der Politik mehr Investitionen. Viele Firmen, beispielsweise Straßenbauspezialisten, sind auf auf öffentliche Aufträge angewiesen. „In beiden Ländern beobachten wir mit großer Sorge, dass die Regierungen eine immer größere Investitionszurückhaltung an den Tag legen“, sagte Verbandspräsident Becker. Für Berlin forderte Becker eine völlig neue Investitionsplanung auf Grundlage aktueller Prognosen zum Bevölkerungswachstum in der Hauptstadt. Demnach werden bis 2030 rund 250.000 Neu-Berliner in die Stadt ziehen. „Die aktuellen Zukunftspläne in der Hauptstadt basieren auf einer veralteten Annahme“, sagte Becker. Er kritisierte, dass beispielsweise trotz steigenden Verkehrsaufkommens das Adlergestell zurückgebaut werden soll. Zudem dringt die Bauindustrie auf öffentliche Wohnungsbauprogramme.