Krankenversicherung

Hohe Hürden halten Deutsche von den Privaten fern

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Barbara Brandstetter

Die Beiträge zu den gesetzlichen Krankenkassen werden im kommenden Jahr kräftig steigen. Doch für die meisten Deutschen ist das kein Grund, zu den Privaten zu gehen: Auch dort wird es im kommenden Jahr teurer, zudem scheitert ein Wechsel oft am geforderten Einkommen. Folge: Die Privaten finden immer weniger neue Kunden.

Seit einigen Tagen ist es amtlich: Die gesetzlich Versicherten werden ab dem kommenden Jahr 15,5 Prozent Krankenkassenbeiträge entrichten müssen. Für viele wird die Versicherung somit deutlich teurer. Auf der anderen Seite vergeht kaum ein Tag, an dem der Bürger nicht mit der Werbung einer privaten Krankenversicherung gelockt wird. Die verspricht umfassendere Leistungen und einen günstigen Tarif - zumindest für Junge, die sich bester Gesundheit erfreuen.

Nichts desto trotz kämpft die Branche seit Jahren mit sinkenden Nettoneuzugängen in der Vollversicherung. Der Neuzugang sank von 186.600 im Jahr 2003 auf 59.900 im Jahr 2007. Allein 2007 verzeichnete die Branche ein Minus von 40 Prozent. Auch 2008 dürfte der Abwärtstrend nicht gebrochen werden. "Es wird immer schwieriger, die natürlichen Abgänge durch Neugeschäft auszugleichen", sagt Manfred Poweleit vom Branchendienst map-report. Der Grund: Die Politik legt die Hürde für wechselwillige gesetzlich Versicherte immer höher. Inzwischen muss ein Versicherter drei Jahre lang mehr als 48.150 Euro im Jahr verdienen. Erst dann stehen ihm die Türen für die private Krankenversicherung offen. Die Versicherer schlagen sich in dem sich verschärfenden Umfeld ganz unterschiedlich, wie eine aktuelle Studie des map-reports zur privaten Krankenversicherung zeigt. Danach sind Debeka, Central, HanseMerkur, Huk-Coburg und Universa im Kampf um neue Kunden ganz erfolgreich. Doch DKV, Allianz und Signal haben in nur einem Jahr zusammen mehr als 40.000 Versicherte verloren.

Die Branche macht nun mobil und fordert freiwillig gesetzlich Versicherte angesichts der steigenden Kosten in der gesetzlichen Versicherung im kommenden Jahr zum Wechsel auf. Wer noch im laufenden Jahr in die private Krankenversicherung wechselt, zahlt geringere Beiträge, lautet das verlockende Angebot der Gesellschaften. Eine Umfrage von Morgenpost Online unter den fünf größten privaten Krankenversicherern zeigt: Tatsächlich werden die Tarife für Neuzugänge ab 2009 im Schnitt um zehn bis 15 Prozent teurer. Denn all diejenigen, die erst ab dem kommenden Jahr in die private Krankenversicherung wechseln, können bei einem Wechsel der Versicherungsgesellschaft zumindest einen Teil ihrer Alterungsrückstellungen mitnehmen. Bei Altkunden verbleiben die angesparten Ansprüche bei einem Wechsel beim alten Versicherer. "Doch Versicherte sollten sich nicht unter Druck setzen lassen", sagt Thomas Koerner von dem Finanzcenter Koerner GmbH in Berlin. Denn ein Wechsel in die private Krankenversicherung will wohl überlegt sein.

Für Bestandskunden gibt es 2009 lediglich ein kleines Wechselfenster. Sie können in den ersten sechs Monaten des kommenden Jahres die Versicherungsgesellschaft wechseln und die Alterungsrückstellungen zumindest in der Höhe des Basistarifs mitnehmen. Der Basistarif wird im kommenden Jahr von den Versicherern eingeführt und wird in etwa das an Leistung bieten, was auch die gesetzlichen Kassen offerieren. Nach dem Wechsel müssen die Kunden jedoch zunächst 18 Monate im Basistarif verbleiben, bevor sie in einen besseren Tarif mit mehr Leistungen wechseln können. "Diese Regelung verhindert den Wettbewerb innerhalb der privaten Krankenversicherung", moniert Koerner.

Doch mehr Wettbewerb sei gar nicht vonnöten, bemerkt Poweleit: "Momentan haben wir eher zuviel Wettbewerb unter den privaten Krankenversicherern." Versicherte werden häufig mit noch günstigeren Tarifen abgeworben. Was viele Kunden nicht wissen: Bei jedem Wechsel werden im Schnitt sechs bis sieben Monatsbeiträge an Provision fällig. Geld, das dem Versicherten dann später bei den Alterungsrückstellungen fehlt.

Doch trotz Finanzkrise, schwächendem Neugeschäft und härterem Wettbewerb innerhalb der Branche: "Die privaten Krankenversicherer stehen ganz solide da", sagt Poweleit. Die Branche verzeichnet weiterhin Zuwächse bei den Kapitaleinlagen. Ende 2007 verzeichneten die privaten Krankenversicherer 142 Mrd. Euro Kapitalanlagen in der Bilanz. Davon gehören satte 123,4 Mrd. Euro den Versicherten in Form von Alterungsrückstellungen. "Die kapitalgedeckte Gesundheitsvorsorge ist gut gewappnet, um künftige Probleme zu bewältigen", sagt Poweleit. An ihr führt trotz Finanzkrise kein Weg vorbei. Denn die demographische Entwicklung und die steigenden Kosten im Gesundheitswesen werden weitere Reformen fordern. "Auch wenn den gesetzlich Versicherten jetzt 15,5 Prozent Beitragssatz hoch erscheinen mag", erklärt Poweleit. "Es werden noch Zeiten kommen, in denen wir uns nach diesem Beitragssatz sehnen werden - sollte das Gesundheitssystem nicht grundlegend reformiert werden."

Überblick über die gesetzlichen Krankenkassen:

Tabelle: 150 Krankenkassen im Beitragsvergleich

Überblicke und Kassen-Rechner, nach Bundesländern:

krankenkasseninfo.de

krankenkassentarife.de