Die Bundesregierung hat am Montag das Rettungspaket für die angeschlagene Finanzbranche mit einem Volumen von 470 Milliarden Euro beschlossen – eine knappe halbe Billion. Mit dem Paket will die Bundesregierung angesichts der dramatisch verschärften Finanzkrise die Stabilität der deutschen Banken wieder erhöhen.
Allerdings wird das Paket schwerwiegende Folgen für den Haushalt haben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geht entgegen früherer Planungen nicht mehr davon aus, dass der Bundeshaushalt 2011 ohne neue Schulden auskommen wird. Um einen ausgeglichenen Haushalt hatten sich alle Finanzminister seit 1969 vergeblich bemüht. Man müsse „redlich und ehrlich“ sein und könne deshalb nicht ausschließen, dass sich das Ziel eines ausgeglichenen Etats verschieben werde, sagte Merkel. Investitionen und Sozialleistungen würden aber nicht gekürzt. Sie deutete an, dass die Regierung in dieser Woche ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum 2009 von bisher 1,2 Prozent deutlich nach unten korrigieren wird.
Das deutsche Rettungspaket soll schon am Freitag in Kraft treten. Dafür seien alle notwendigen Voraussetzungen getroffen worden. Auch der Bundespräsident sei bereits informiert und solle das Gesetz am Freitag nach Verabschiedung in Bundestag und Bundesrat unterzeichnen, sagte Merkel. Zuvor hatte das Kabinett den geplanten Finanzmarktstabilisierungsfonds beschlossen.
Vorrangiges Ziel sei, den Geldhandel zwischen den Banken wieder in Gang zu bringen. Das Regierungspaket diene dem Schutz der Bürger, nicht den Bankinteressen. Bei dem Bürgschaftsrahmen von 400 Milliarden Euro für die Banken sei davon auszugehen, dass die Bürgschaften in der Regel nicht fällig würden. Darüber hinaus würden insgesamt 100 Milliarden Euro über Verpflichtungsermächtigungen bereitgestellt. Davon stünden bis zu 80 Milliarden Euro für direkte Zahlungen und Beteiligungen an Banken bereit. Im Gegenzug werde es strenge Auflagen geben.
Als zweiter Schritt sei auf internationaler Ebene eine Neuordnung der Finanzmärkte notwendig. Merkel erklärte, dafür müsse auch die Rolle des Internationalen Währungsfonds gestärkt werden. Im November solle es ein Gipfeltreffen der acht führenden Industrienationen (G8) mit den Schwellenländern geben.
Die Länder sollen sich nach Angaben der CDU mit voraussichtlich rund einem Drittel an dem geplanten Rettungspaket für die Banken in Deutschland beteiligen. Dabei sollen Länder, denen eine Bank gehört, die Hilfen in Anspruch nimmt, dafür zusätzlich bezahlen. Berlin besitzt keine Bankanteile mehr. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) geht deshalb davon aus, dass eine Beteiligung am Rettungspaket zunächst den Landeshaushalt nicht direkt belasten würde.
Die CSU lehnt die geplante Beteiligung am milliardenschweren Rettungspaket ab. „Wir stehen zu dem, was wir als Anteilseigner der Landesbank beizubringen haben“, sagte der bayerische Finanzminister und scheidende CSU-Chef Erwin Huber. „Aber einen Schirm über den ganzen oder Teile des Finanzmarktes können die Länder oder Kommunen nicht übernehmen.“
Die Bundesregierung kalkuliert bei ihrer 400-Milliarden-Euro-Garantie für die Banken mit einem Verlustrisiko von fünf Prozent. Damit könnten auf den Haushalt Belastungen aus dem Fonds von 20 Milliarden Euro zukommen. Dies geht aus dem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetz für den Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds hervor. Für diesen Fall soll Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) weitere Kredite von bis zu 20 Milliarden Euro aufnehmen dürfen.
Der Staat soll Garantien für Kredite übernehmen, die sich die Banken untereinander gewähren. Auch sollen die Banken direkte Finanzspritzen zur Erhöhung ihres Eigenkapitals erhalten. Das größte Finanzrettungspaket der Nachkriegsgeschichte soll noch in dieser Woche in einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren beschlossen werden und bis Ende 2009 befristet sein.
Laut dem Gesetzentwurf besteht kein Anspruch der Banken auf die Hilfsleistungen. Der Staat wird die Unterstützung zudem an konkrete Auflagen koppeln. „Es geht um eine Gegenleistung“, sagte Steinbrück. „Es wird einen Verzicht auf Boni-Zahlungen geben müssen“, nannte der SPD-Politiker ein Beispiel. Auch die Vorstandsbezüge bei solchen Banken müssten dann zum Thema gemacht werden. „Diese Manager sollten nicht mehr als 500.000 Euro pro Jahr bekommen.“, so Steinbrück. Zudem werde es um einen „Verzicht von Dividendenausschüttungen“ gehen.
Auch Österreichs Regierung hat einen Schutzschirm für die Banken beschlossen. Das Volumen bezifferte Kanzler Alfred Gusenbauer mit bis zu 100 Milliarden Euro. Das Paket setze sich aus 85 Milliarden Euro für Garantien und 15 Milliarden Euro an frischem Kapital für den Bankensektor zusammen, sagte Finanzminister Wilhelm Molterer.