Paarpsychologie

Was Frauen und Männer sexy macht

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Heike Stüvel

Foto: bs / EPA

Welche Eigenschaften muss ein Mensch haben, damit er als attraktiv empfunden wird? Neue Studien zeigen: Frauen wie Männer werden bei ihrer Partnerwahl von ihren Urinstinkten geleitet.

Der Pfau besticht durch seinen farbigen Federschmuck und ist Teil einer raffinierten Strategie der Natur: Er signalisiert durch Schönheit und Symmetrie seines bunten Schweifes Gesundheit, Fruchtbarkeit und Kraft. Darwin nannte das Prinzip Sexualauslese. Diese genetische Programmierung ist auch heute noch aktiv. Neue Studien zeigen, wie sehr der Mensch bei seiner Partnerwahl von seinem evolutionären Erbe bestimmt wird. Geleitet von seinen Urinstinkten ist er stets auf der Suche nach dem attraktivsten Partner mit der besten Gen-Ausstattung.

Männer haben im Laufe der Evolution gelernt, intuitiv die biologische Fitness einer Frau zu erkennen, zum Beispiel anhand der Relation von Hüfte zu Taille. Im optimalen Fall liegt die bei 1:0,7, wie etwa bei Jennifer Lopez. Das ist unabhängig von Mode und Körperidealen immer gleich geblieben. Die Partnerpräferenzen der Männer kennen die Frauen seit Jahrtausenden: Ein schönes Gesicht ist immer eine Empfehlung. Anziehend ist, was Erfolg bei der Fortpflanzung verspricht.

Was macht die Anziehungskraft eines Menschen auf das andere Geschlecht aus? Wie wirkt sich das Hormon Östrogen bei der Partnerwahl aus? Wie kommt es, dass wohlhabende Männer sehr viel jüngere Frauen bevorzugen?

Fruchtbarkeit macht Frauen anziehend

Heiraten wollen Männer am liebsten eine Frau im Alter von durchschnittlich 24,8 Jahren – auf dem Höhepunkt ihrer Fruchtbarkeit. Der Evolutionsbiologe David Buss von der University von Texas in Austin stellte bei seinen Forschungen heraus, dass die Männer auf der ganzen Welt Frauen den Vorzug gaben, die im Schnitt dreieinhalb Jahre jünger waren als sie selbst. Der überzeugte Darwinist vermutet, dass auch dieses ein Erbe aus der Urzeit ist. Damals erzielten die Männer mit etwa 30 ihre größten Jagderfolge, während die Fruchtbarkeit der Frau ab Mitte 20 beständig sank.

Die beiden Psychologen Ian Penton-Voak und David Perrett vom Wahrnehmungslabor an der schottischen St.-Andrews-Universität ließen Computer Tausende Gesichter generieren und männliche Versuchspersonen diese bewerten, um dem Geheimnis der Schönheit auf die Spur zu kommen. Die Aufgabe bestand darin, die Gesichter mithilfe der Computermaus so lange zu verändern, bis sie ihnen am besten gefielen.

Dazu hatten sie zwei Möglichkeiten: Sie konnten die Gesichtszüge der Frau entweder noch weiblicher (östrogengesteuert) oder männlicher (testosterongesteuert) machen. Das Ergebnis: Das Gesicht gefiel umso besser, je weiblicher es war: der Kiefer dezent, die Lippen voll, die Wangenknochen hoch, Nasen klein, die Augen groß und Augenbrauen dünn. Lässt man Männern am Computer freie Bahn, drehen sie so lange an der Östrogenschraube, bis die Dame ein regelrechter Klon von Nicole Kidman oder Lara Croft ist. Evolutionsbiologen folgern daraus: Diese Geschlechtsmerkmale hängen mit der Ausschüttung des weiblichen Hormons Östrogen in der Pubertät zusammen.

Durchschnittliche Gesichter bevorzugt

Die Briten fanden heraus, dass nicht das aparte Gesicht bevorzugt wurde, sondern das durchschnittliche. Symmetrisch ausgeglichene Gesichter wurden solchen vorgezogen, die leichte Unregelmäßigkeiten aufwiesen. Weitere Studien bestätigten, dass sehr weibliche Frauen auch als ausgesprochen schön bewertet werden. Östrogene sind sexy. Vor diesem Hintergrund erscheint Schönheit nicht nur als ein oberflächlicher Luxus, sondern als ein biologisches Signal. Es ist Aushängeschild für Fruchtbarkeit.

Und bei Männern? Die Gesichtszüge des Mannes beeinflusst das Testosteron. Im Gegensatz zu den Östrogenen kurbelt es das Knochenwachstum an: Der Kiefer wird kantig, das Kinn ausgeprägt, die Augen klein, weil der Überaugenwulst größer wird. Die Brauen werden buschig, die Lippen schmal. Das maskuline Testosterongesicht Marke Schwarzenegger müsste somit ein Aushängeschild für gute Gene sein.

Mischgesichter à la Brad

Doch es gibt eine gute Nachricht für Softies: Bei den Feldversuchen der britischen Psychologen ergab sich, dass Frauen Mischgesichter à la Brad Pitt am liebsten mögen und nicht die ausgesprochen maskulinen Visagen.

Der Psychologe Perrett vermutet, dass da ein unbewusstes Sicherheitsdenken eine Rolle spielt. Wissenschaftler haben nämlich herausgefunden, dass Männer mit einem hohen Testosteronspiegel häufiger fremdgehen und weniger gute Väter sind als Männer mit weiblicheren Gesichtszügen.

Allerdings verändert der Eisprung die Vorlieben der Frau: Wenn die Befruchtung am wahrscheinlichsten ist, bevorzugt sie die genetisch erfolgreichen Machoprototypen.

Anziehungskraft der Eltern

Aus der Testreihe im Wahrnehmungslabor ging ebenfalls hervor, dass die Probanden auch Ähnlichkeiten der Computergesichter mit denen ihrer Eltern attraktiv fanden. Hatte Freud mit seinem Ödipuskomplex doch recht? Durch Experimente lässt sich das nicht leicht belegen. Aber die These der gegengeschlechtlichen Anziehungskraft der Eltern konnte die Psychologin Martha McClintock von der Universität Chicago aus der Geruchsforschung untermauern. Sie ließ 49 unverheiratete Frauen an verschwitzten Männer-T-Shirts riechen. Dabei zeigte sich, dass die Frauen am liebsten den Geruch von Männern schnupperten, die eine ähnlich genetische Ausstattung haben wie ihr Vater.

Das Aussehen mag unsere Visitenkarte sein. Mit der Zeit jedoch tritt die äußere Hülle in den Hintergrund, und die Charaktereigenschaften gewinnen an Gewicht.