Medizin

Zahl der Schönheits-OPs stark gestiegen

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Spritzen, schneiden, saugen: In Deutschland ist die Zahl der Schönheitsoperationen binnen zwei Jahren von 400.000 auf mehr als eine Million gestiegen. Die Hemmschwellen, sich unters Messer zu legen, werden immer geringer. Morgenpost Online zeigt die Top Ten der Schönheitsoperationen.

Jährlich setzen sich hunderttausende Deutsche freiwillig Spritzen, Skalpells oder Saugkanülen aus. Laser, Silikon oder chemische Peelings sollen ein Stück in Richtung Schönheitsideal führen. Doch Experten warnen vor Risiken: In der Branche gibt es Ärzte, die nach einem Wochenendseminar Patienten mit dem Laser behandeln.

Falten oder andere Makel beseitigen, Selbstwertgefühl heben, mithalten können, gefallen, Vorbildern nacheifern, auch vermeintliche Karrierehindernisse aus dem Weg räumen - Psychologen kennen verschiedene Motive für medizinisch unnötige Schönheitsoperationen. Die Hemmschwelle ist deutlich gesunken. Jeder zwanzigste Deutsche zwischen 40 und 49 hat sich einer TNS-Emnid-Umfrage zufolge bereits einer Schönheitsoperation unterzogen. Nach Informationen der Vereinigung Deutscher Plastischer Chirurgen werden zehn Prozent solcher Eingriffe an unter 20-Jährigen vorgenommen. Eine Umfrage ergab: Schon unter 9- bis 14-Jährigen wünscht sich jeder fünfte eine Schönheitsoperation. Insgesamt sind 80 Prozent der Patienten Frauen.

Immerhin 54 Prozent der Patienten geben hinterher an, sehr zufrieden zu sein, 29 Prozent sind zufrieden, 6 Prozent unzufrieden. Diese Daten werden in einer Studie im Auftrag der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zitiert. Mehr als 80 Prozent fühlen sich nach dem Eingriff körperlich wohler oder attraktiver. Zuvor haben sie auch teils kräftig bezahlt. Die Kosten liegen für die Patienten zwischen 100 und 6500 Euro - der Durchschnitt bei gut 2000 Euro.

Mögliche Risiken: Taubheitsgefühle, Schwellungen, Infektionen, Lungenschäden, Entstellungen. 22 Prozent der Frauen berichteten von Nachwirkungen von Operationen. Nach einer US-Untersuchung kommt auf 5000 Fettabsaugungen jeweils ein Todesfall.

Ästhetische Medizin hält Qualitätskontrollen oft nicht stand

Mediziner der Universität Greifswald haben erst kürzlich einheitliche Ausbildungsstandards für die Durchführung von Schönheitsoperationen gefordert. Die derzeitige Ausbildung für ästhetische und kosmetische Operationen sowie für die ästhetische Lasermedizin halte Qualitätskontrollen in vielen Fällen nicht stand, sagte der Professor für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Hans- Robert Metelmann. So würden Hersteller von Lasergeräten Wochenendseminare anbieten, die angeblich ausreichten, Patienten zu behandeln. „In solchen Fällen ersetzt die technische Exzellenz die fachliche Expertise“, beklagte Metelmann.

Zusammen mit dem Professor für Ästhetische Medizin, Ulrich Westermann, kündigte Metelmann die Gründung einer international besetzten Expertenkommission aus Hochschullehrern und Praktikern an, die sich mit den vielfältigen Ausbildungsangeboten in der ästhetischen Medizin beschäftigen und Standards für gute Ausbildung festlegen soll. Den Vorsitz der Kommission wird den Angaben zufolge Metelmann übernehmen, der bis 2006 Bildungsminister in Mecklenburg- Vorpommern war.

Ziel sei es, die Ausbildung für ästhetische Lasermedizin, Botox- Einspritzungen oder Fettabsaugungen bundeseinheitlich zu zertifizieren, sagte Metelmann. Von den zwölf Millionen Deutschen, die sich aus ästhetischen und kosmetischen Gründen unter das Messer begeben wollen, streben den Schätzungen der Universität zufolge rund 70 Prozent Narbenkorrekturen und rund 20 Prozent spezielle ästhetische Eingriffe, wie das Ohrenanlegen, an. Lediglich zehn Prozent der Operationswilligen beabsichtigten klassische Schönheitsoperationen wie Fettabsaugungen oder Brustveränderungen.

Die Ausbildung gehöre an die Hochschule und in ausgewiesene wissenschaftliche Fachvereinigungen, forderte Ulrich Westermann. Mit Westermann hatte die Universität Greifswald im Jahr 2001 als bundesweit erste Hochschule den Weiterbildungsstudiengang Ästhetische Lasermedizin in ihr reguläres Lehrprogramm aufgenommen. In diesem Weiterbildungslehrgang wurden bundesweit bisher rund 120 Mediziner in einer dreijährigen berufsbegleitenden Ausbildung in der ästhetischen Lasermedizin geschult.

Auch die Unions- und SPD-Fraktion will nun Bund und Länder drängen, Verbote für medizinisch unnötige Schönheits-OPs an Minderjährige zu prüfen. Zuletzt hat die Regierung die Einführung einer Meldepflicht geplant: Ärzte sollen Krankenkassen melden, wenn Krankheiten auf solche therapeutisch unnötigen Eingriffe zurückgehen - so dass die Kassen die Behandlungen dann den Patienten teils in Rechnung stellen können. Mediziner laufen gegen die Einschränkung des vertraulichen Arzt-Patienten-Verhältnisses Sturm.

( dpa/oc )