Großbritannien

Embryo-Selektion – Hilfe oder Hybris?

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Ulli Kulke

Es ist eine Nachricht von der Art, mit der wir künftig häufiger konfrontiert werden. Für den einen verbirgt sich dahinter ein Erfolg gegen schwerste, lebensbedrohende Krankheiten. Der andere wittert dahinter wissenschaftliche Hybris, die, frei nach Frankenstein, Designerbabys gebiert. Dem Dritten sieht es nach unzulässigem Eingriff in Gottes Schöpfung aus.

In Großbritannien hat ein Paar bei künstlicher Befruchtung elf Embryonen erzeugen und für die Einpflanzung in die Gebärmutter einen aussuchen lassen, der kein Gen für Brustkrebs in sich trug - eine in der Familie weitverbreitete Krankheit, die sechs der Embryonen denn auch in sich trugen, deren Erbfolge nun aber unterbrochen ist.

In Deutschland ist eine derartige "Präimplantationsdiagnostik" (PID) verboten, in den meisten Ländern Europas dagegen erlaubt und gängige Praxis. Bislang nur bei Krankheiten und Behinderungen, die mit Sicherheit zum Tragen kommen würden. Erstmals ging es nun um eine mit Wahrscheinlichkeit ausbrechende Krankheit. Sie betrug immerhin 80 Prozent. Ein unzulässiger Eingriff?

Behindertenverbände protestieren gegen die PID, weil eine solche Auslese die Existenz von Behinderten selbst diskriminiere. Ein Vorhalt, der diskussionswürdig, aber kein Fall für einfache Antworten ist. Die Abstinenz bei Rauchen und Alkohol während der Schwangerschaft soll schließlich ebenso Behinderungen beim Kind vermeiden. Auch eine Diskriminierung? Umso weniger trifft der Vorhalt bei Krankheiten, deren Bekämpfung sich unser halbes Gesundheitssystem - zu Recht - zu eigen macht.

Bleiben die bösen Worte "Auswahl", "Selektion". Aber wählen wir nicht ständig aus, seit Menschengedenken, letztlich im Hinblick auf unseren Nachwuchs? Bei der Partnerwahl nämlich: groß, klein, blond, brünett, dünn, vollschlank - mit jeweiliger Diskriminierung der verschmähten Merkmale. Die Rothaarigen sterben aus.

Nur eines ist gewiss: Die Diskussion wird anhalten. Ein Londoner Gehörlosenpaar erweiterte sie kürzlich: Die Frau reklamierte die Einpflanzung eines Embryos mit Gehörlosen-Gen.