Gentechnik

Forscher züchten Impfstoffe in Pflanzen

| Lesedauer: 3 Minuten

Foto: wü/hg / dpa-Zentralbild

Nichts scheint unmöglich: Impfstoffe vom Kartoffelacker und Antikörper aus dem Treibhaus. „Molecular farming" heißt diese vielversprechende Technologie im Fachjargon. Eine Banane gegen Grippe wird es auf absehbare Zeit jedoch nicht geben.

Zunächst sind nur ein Feld oder ein Gewächshaus plus Sonne, Wasser und Licht nötig. Impfstoffe könnten so viel schneller und in größerer Menge produziert werden und sie wären damit um ein X-faches billiger.

Technisch funktioniert das in etwa so: Die genetische Information des erwünschten Proteins wird in den Zellkern der Pflanze eingeschleust - entweder, indem man die Erbinformation in ein Bakterium einbringt und damit die Pflanze infiziert. Oder indem man die Informationen direkt mit Hilfe von winzigen Goldkügelchen in die Zellen schießt. Ein neu zusammengebautes Protein erhält man durch Kreuzung von Pflanzen, von denen jede nur Teilinformationen des Wunschproteins eingeimpft bekommen hat.

Erste Schritte auf dem Weg zur Pflanzenfabrik im Gewächshaus geht die Forschung bereits seit knapp 20 Jahren, bilanzierte jüngst die „Deutsche Apotheker Zeitung“: 1989 wurde der erste Antikörper (spezielle Proteine) in Tabak herangezüchtet, 1992 wurde der erste Impfstoff geerntet.

Den ersten in Pflanzen herangezüchteten Antikörper, der die Phase klinischer Tests erreicht hat, reklamiert eine britische Firma namens Planet Biotechnology für sich. Sie vermarktet einen Antikörper namens CaroRx, der zur Kariesprophylaxe eingesetzt werden kann. „Plantibody“ heißen solche Produkte im britischen Sprachgebrauch - ein Kunstwort, zusammengesetzt aus Pflanze (plant) und Antikörper (Antibody).

Europas Pioniere der „molecular farming“-Szene haben sich in einem Forschungsverbund namens Pharma-Planta zusammengeschlossen. 38 europäische Institute und Firmen sind beteiligt, die EU fördert das Netzwerk fünf Jahre lang mit rund zwölf Millionen Euro. Am Ende der Förderphase, im Jahr 2009, soll möglichst der Beginn erster klinischer Tests stehen.

Ziel von Pharma-Planta ist es aber nicht, ein marktfähiges Produkt zu entwickeln, betonen die Beteiligten. Der Antikörper gegen den Aidserreger HIV sei nur ein Beispiel, an dem die Technologie exemplarisch durchgespielt werden soll. Am weitesten gediehen ist im Pharma-Planta-Netzwerk die Arbeit am Antikörper 2G12, der das Aidsvirus hemmt. Er könnte zum Beispiel in Gel-Form um Vagina oder After aufgetragen werden, um das Virus aufzuhalten, berichtet Stefan Schillberg, Leiter der Abteilung Pflanzenbiotechnologie am Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und angewandte Ökologie in Aachen.

Als Biofabrik für den HIV-Antikörper dient die Tabak-Pflanze. Am Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben (Sachsen-Anhalt) versuchen die Forscher zum einen, die Tabakpflanzen dazu zu bringen, möglichst viele Antikörper zu produzieren, erklärt Udo Conrad, Leiter der Arbeitsgruppe Phytoantikörper. Zum anderen wird geprüft, wie man die gesuchten Proteine am besten aus der Pflanze wieder herausbekommt.

Wieso, mag man fragen, muss der Wirkstoff überhaupt wieder aus der Pflanze heraus? Wäre es nicht ideal, durch direktes Verspeisen der „angereicherten“ Pflanze eine Immunisierung zu erzeugen? Klingt gut, sagen auch die Experten. Leider haben Vorstöße in dieser Richtung bisher nicht gut geklappt, unter anderem weil nun mal kein Stück Obst oder Gemüse wie das andere ist.

( dpa/oc )