Rauchen

Schock-Fotos auf Zigarettenschachteln wirken

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Foto: Europäische Kommission

Ein Drittel der Raucher in Übersee hat wegen drastischer Bilder mit dem Qualmen aufgehört. Ein Viertel immerhin wurde von den Fotos davon abgehalten, der Sucht nachzugeben. Nun schreibt Belgien vor, dass jede Schachtel mit diesen Bildern versehen sein muss.

Faule Zähne, Krebsgeschwüre und ein nackter Fuß unterm Leichentuch – Horrorfotos von den Folgen des Rauchens gehen in Belgien immer häufiger über die Ladentheke: Auf Zigarettenschachteln aufgedruckt sollen die drastischen Motive Rauchern per Gesetz den Spaß am Glimmstengel verderben. Belgien ist das erste der 27 EU-Länder, das solche Schockfotos vorschreibt. Warnhinweise allein waren der Regierung längst zu wenig, denn jährlich sterben in dem Land mit seinen rund zehn Millionen Einwohnern mehr als 20.000 Menschen durch Tabakkonsum – ihren eigenen oder den von anderen.

Bis zum ersten Juli müssen alle bisherigen Zigarettenpäckchen ohne Bild durch die Schock-Schachteln ersetzt worden sein, denn dann läuft die Übergangsfrist ab. Wer in Belgien pro Tag eine Schachtel raucht, würde dann im Jahr mehr als 7000 Mal im Jahr mit abschreckenden Fotos konfrontiert – mit jedem Griff zur Schachtel. Damit die Fotos ihre schockierende Wirkung nicht verlieren, wechseln sich 42 Motive ab. Einige sind allerdings recht subtil, wie das Bild des verschrumpelten Apfels, der vorzeitige Hautalterung durch Rauchen symbolisieren soll.

Das Vorbild für die Schocker-Schachteln kommt aus Übersee: In Ländern wie Kanada haben sich drastische Fotos auf den Zigarettenpackungen längst durchgesetzt und vergällen den Bürgern nachweislich die Lust am Rauchen. Rund ein Drittel der Ex-Raucher habe aufgrund derartiger Bilder aufgehört, meldet die EU unter Berufung auf eine kanadische Studie. Mehr als ein Viertel gaben demnach an, dass die Fotos sie abhielten, wieder anzufangen.

EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou hingegen gratulierte den Belgiern jüngst überschwenglich zum entschlossenen Kampf gegen den blauen Dunst. Die aggressive Foto-Kampagne ins Laufen gebracht hatte sein Amtsvorgänger David Byrne, ein militanter Nichtraucher. Er belieferte 2004 sämtliche EU-Länder mit einer Gruselbild-Galerie für Zigarettenschachteln, die Regierungen konnten sich aussuchen, ob sie mitmachen wollten oder nicht. Damals wollte nur Belgien. Mittlerweile haben auch andere Mitgliedstaaten wie Lettland und Großbritannien Interesse bekundet. Deutschland gibt sich noch abwartend. Aus der Geschäftsstelle der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Sabine Bätzing, heißt es, man stehe der belgischen Initiative wohlwollend gegenüber. Wenn sie Wirkung zeige, werde eine Übernahme auch für Deutschland geprüft.

Belgiens Einzelhändler zumindest sind skeptisch, dass die Fotoshow tatsächlich vom Griff zum Glimmstängel abhalten soll. „Bunte Bildchen halten niemand vom Rauchen ab“, sagt die Inhaberin eines Brüsseler Lebensmittel-Geschäfts. Sie weiß, wovon sie spricht, denn ihr Mann ist Raucher. „Es ist doch sowieso eine Sucht.“ Ein Ladenbesitzer wenige Straßen weiter schlägt lachend auf die Theke: Die Fotos führten zu nichts, da ist er sich sicher, er verkaufe mit rund 40 Stück am Tag genau so viele Zigarettenschachteln wie früher. Einen anderen Kioskbesitzer macht das Thema wütend: „Das ist ein Eingriff in die Privatsphäre der Menschen, das muss aufhören!“ Angesichts der ausufernden Rauchverbote in Restaurants und öffentlichen Gebäuden gehe es in dem kleinen Königreich beim Nichtraucherschutz inzwischen fast so diktatorisch zu wie in den USA.

Die Wirkung der Fotokampagne für Belgien lasse sich derzeit noch nicht abschätzen, sagt Els Vrindts vom Gesundheitsministerium in Brüssel. Ein Foto allerdings habe auf Männer einigen Eindruck gemacht. Es zeige eine Zigarette, deren Spitze sich schlapp nach unten krümme – daneben stehe die Aufschrift „Rauchen kann zu Durchblutungsstörungen führen und verursacht Impotenz“.

( AFP/cl )