Schreckensszenarien

Der Klimawandel ist Tieren und Pflanzen schnuppe

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Michael Miersch

Foto: Wikipedia/Public Domain

Erneut irrt der vermeintlich unfehlbare Weltklimarat. Entgegen seinen Schreckensszenarien für die Tier- und Pflanzenwelt kommen immer mehr Wissenschaftler zu anderen Ergebnissen. Die Anpassungsfähigkeit der Natur scheint größer als vermutet. Klimapolitiker wollen davon aber nichts wissen.

Die Goldene Kröte (Bufo periglenes) ist verschwunden. Sie gilt als erste Tierart, die durch den Klimawandel ausstarb. Bis 1994 lebte die Kröte im Hochland Monteverde in Costa Rica, wo aufgrund der globalen Erwärmung Wolken und Nebel immer seltener für die lebensnotwendige Feuchtigkeit sorgten. So lautete bisher die Erklärung. Doch jetzt haben der Klimaforscher Kevin Anchukaitis und der Paläoklimatologe Michael Evans diese Theorie heftig infrage gestellt.

Bisher gingen die Klimadaten vom Monteverde nur zurück bis in die 70er-Jahre. Die beiden Wissenschaftler sammelten Proben aus Baumstämmen, die 100 Jahre zurückreichen, und stellten fest, die Trockenheit ist Folge eines natürlichen Zyklus, der mit dem Auftreten der El-Niño-Strömung im Pazifik zu tun hat. Womöglich sind die Menschen und ihr Kohlendioxid-Ausstoß gar nicht schuld am Verschwinden der Kröte.

Die Zweifel an den Schreckensszenarien des Weltklimarates (IPCC) haben seit der gescheiteren Konferenz in Kopenhagen deutlich zugenommen. Wissenschaftliche Fehler in den Vorhersagen über Unwetter und Gletscherschmelze werden seit Wochen diskutiert. Doch – kaum bemerkt von der Öffentlichkeit – regen sich auch bei einem weiteren großen Klimathema Zweifel: den Folgen einer möglichen Erwärmung auf Landwirtschaft, Pflanzen und Tiere. Auch dazu hatte der IPCC-Bericht Prognosen aufgestellt, und auch daran gibt es Kritik von Experten.

IPCC: Wärmeres Klima führt zu Katastrophen

Wärmeres Klima werde zu mehr Dürren und Wetterkatastrophen und damit zu Missernten in den meisten Teilen der Welt führen, behauptet der IPCC. Und nicht allein die Ackerfrüchte, auch die wilden Pflanzen und Tiere seien hoch bedroht. Im vierten und jüngsten Sachstandsbericht des IPCC aus dem Jahr 2007, der die Grundlage der Konferenz in Kopenhagen bildete, wird vorausgesagt, dass durch globale Erwärmung ein Fünftel der Tier- und Pflanzenarten weltweit verschwinden könnte.

Der Weltklimarat bezieht sich dabei auf eine Studie von Forschern der Universität Leeds, die 2004 in der britischen Wissenschaftszeitschrift „Nature“ erschien. Die Wissenschaftler hatten mit Computermodellen die Zukunft von 1103 ausgesuchten Pflanzen- und Tierarten simuliert. Ihr hochgerechnetes Ergebnis: Über eine Million Arten werden am Klimawandel zugrunde gehen.

Dies Szenario haben – bereits kurz vor Kopenhagen, aber von der Konferenz kaum wahrgenommen – die Ökologin Kathy Willis von der Universität Oxford und der Geograf Keith Bennet von der Queen’s University in Belfast nachgerechnet und das Ergebnis in der Zeitschrift „Science“ veröffentlicht. Sie taten es am Beispiel einer relativ gut erforschten Tierklasse: der Vögel. Laut IPCC-Bericht müssten von den etwa 10.000 bekannten Vogelarten pro Jahr etwa 35 bis 65 aussterben, bis 2050 würde sich dies auf 1800 bis 3500 summieren.

Artensterben hat mit Klima nichts zu tun

Willis und Bennet überprüften anhand der 2008 aktualisierten Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) diese Behauptung. Dort wurden für die Jahre zwischen 2000 und 2008 drei Arten als wahrscheinlich ausgestorben aufgeführt. Die Ursachen für Verluste in der Vogelwelt, die die Ökologen ermittelten, hatten jedoch mit Klima nichts zu tun. Es waren übermäßige Jagd und Wilderei, Einführung gebietsfremder Arten, die Vögel oder deren Eier fressen, und Lebensraumzerstörung. „Die Indizien für klimatische Ursachen des Aussterbens wurden übertrieben“, sagt Kathy Willis.

Jean-Christophe Vié, stellvertretender Vorsitzender des IUCN-Artenprogramms, der für die Zusammenstellung der Roten Listen verantwortlich ist, unterstützt die Kritik der beiden Wissenschaftler: „Es gibt so viele unmittelbare Bedrohungen, dass, wenn der Klimawandel wirklich kommt, viele Arten bereits nicht mehr existieren werden.“ Arten können viel flexibler auf einen Klimawandel reagieren, als es die vom IPCC benutzte Studie unterstellt, sagt Keith Bennet: „Wenn es ein paar Grad wärmer wird, kommen sie damit zurecht. Sie sterben nicht, sie ziehen woandershin.“

Dass wärmere Temperaturen zu einem Rückgang der Artenvielfalt führten, sei keine plausible Prognose, findet auch der Ökologe Josef H. Reichholf von der Zoologischen Staatssammlung München. Tiere und Pflanzen kommen mit Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht, Sommer und Winter zurecht, die im zweistelligen Grad-Celsius-Bereich liegen. Die Artenvielfalt auf der Erde nimmt zum Äquator hin immer weiter zu.

Artenverluste durch Kaltzeiten, nicht Warmzeiten

Am geringsten ist sie an den Polen und in der Kälte der Hochgebirge, am höchsten im tropischen Regenwald. Und schließlich gibt es ein starkes Argument aus der Erdgeschichte. „Artenverluste in beträchtlichem Umfang haben die Kaltzeiten gebracht – nicht die Warmzeiten“, sagt Reichholf.

Einer der Brennpunkte des Artensterbens sind gegenwärtig die tropischen Regenwälder. Im IPCC-Bericht steht, dass bis zu 40 Prozent des Amazonas-Urwaldes in Südamerika schon bei geringen Veränderungen des Niederschlages absterben würden, was eine heftige Wirkung auf die Vielfalt der dort lebenden Pflanzen und Tiere hätte. Inzwischen stellte sich heraus, dass die Quelle dieser Behauptung keine wissenschaftliche Arbeit, sondern der Artikel eines Journalisten in einem Papier des World Wide Fund For Nature (WWF) ist.

Doch in dem Artikel geht es nicht um Klimaänderungen, die den Amazonas-Urwald schädigen, sondern um die Zerstörung dieses Lebensraumes durch Holzeinschlag und Brandrodung. „Weltweit wird wärmeres Klima sicherlich nicht zu einem großen Artensterben führen“, sagt auch Josef H. Reichholf. „Die wirklich große Gefahr für die Lebensvielfalt ist die fortschreitende Vernichtung der tropischen Regenwälder. An der Erhaltung hinreichend großer Flächen der artenreichen Tropenräume wird es liegen, ob global Biodiversität verloren geht.“

Gegenteil eines Katastrophenszenarios für die Landwirtschaft

Das Gegenteil eines Katastrophenszenarios für die Landwirtschaft ergibt sich aus einem Langzeitversuch in Deutschland, dessen Ergebnisse noch während der Kopenhagen-Konferenz veröffentlicht wurden, dort aber ebenfalls keine Beachtung fanden. Wissenschaftler des Bundesforschungsinstituts für Ländliche Räume, Wald und Fischerei (J.-H.-von-Thünen-Institut) in Braunschweig hatten mithilfe einer Kohlendioxid-Anreicherungsanlage herausgefunden, wie die wichtigsten Ackerpflanzen reagieren, wenn der Anteil des Kohlendioxids (CO 2 ) in der Atmosphäre – wie zu erwarten ist – weiter ansteigt.

Um möglichst realistische Bedingungen zu haben, führten sie die Versuche über mehrere Jahre nicht im Labor, sondern auf dem Feld durch. Dort wuchsen die Pflanzen in sogenannten Begasungsringen, mit Kunststofffolie abgegrenzten Parzellen von 20 Meter Durchmesser, in die durch Schläuche zusätzliches CO 2 geleitet wurde. Als Versuchsobjekte wählten die Forscher Gerste, Weizen und Zuckerrüben. Ergebnis: Bei einem CO 2 -Gehalt, der den Voraussagen für das Jahr 2050 entspricht, wuchsen die Ackerpflanzen besser und benötigten deutlich weniger Wasser.

Pflanzen kommen mit zusätzlichem CO 2 zurecht

In einem zweijährigen Experiment mit Mais kombinierten die Biologen die Kohlendioxid-Zugabe mit Wassermangel, sie schirmten die Pflanzen gegen Regen ab. Pflanzen, die zusätzliches CO 2 erhielten, kamen mit dieser künstlichen Dürre deutlich besser zurecht. „Ein starker Anstieg des CO 2 wirkt sich positiv auf Kulturpflanzen aus“, sagt Institutsleiter Hans-Joachim Weigel, „er könnte negative Effekte einer Klimaerwärmung, wie etwa Trockenheit, abmildern oder teilweise sogar kompensieren.“ Die Modelle des IPCC sagen dagegen hohe Ernteverluste voraus. Weigel betont, dass solche Prognosen äußerst unsicher sind. „Der CO 2 -Düngereffekt ist ein Schlüsselfaktor“, sagt er, „aber er ist noch viel zu wenig erforscht.“ Es sei aber wahrscheinlich so, dass auch Wälder und Wildpflanzen davon profitieren.

Doch wie schädlich wäre es, wenn es wärmer wird? Wie Weideland auf einen Temperaturanstieg regiert, untersuchten Forscher in Nordengland. Mit Heizspiralen erwärmten sie im Winter die Luftschicht über dem Gras um drei Grad. Obendrein schirmten sie im Sommer einen Großteil der Niederschläge ab, sodass Trockenheit herrschte. Nach 13 Jahren war der Effekt eher gering. Sträucher setzten sich etwas besser durch, Blütenpflanzen wurden zurückgedrängt.

Solche Zweifel sollen auch auf künftigen Klimagipfeln keine Rolle spielen, geht es nach Achim Steiner, dem deutschen Direktor des UN-Umweltprogramms (Unep). Er erklärte, als sei nichts gewesen: „Wir wissen heute, dass Untätigkeit im Kampf gegen den Klimawandel auf lange Sicht zu katastrophalen Szenarien führt.“