In Hamburg haben sich seit Jahresbeginn ungewöhnlich viele Kinder und Jugendliche mit den Masern angesteckt. Der Gesundheitsbehörde seien derzeit 101 Fälle bekannt, zwölf davon im Landkreis Harburg. Insgesamt mehr als in allen Jahren seit der 2001 eingeführten Meldepflicht zusammen, wie die Gesundheitsbehörde der Hansestadt berichtete: „Das ist eine deutlich alarmierende Zahl“, sagte Behördensprecher Rico Schmidt. „Man kann schon von einer Epidemie reden.“ Besonders betroffen seien die Hamburger Stadtteile Harburg und Wilhelmsburg, erläuterte Schmidt. „Schwerpunkt ist das südöstliche Hamburg."
Noch habe keine Schule geschlossen werden müssen, aber es seien überall diverse Schutzmaßnahmen getroffen worden. Von allen Kindern an den betroffenen Schulen wurden die Impfausweise kontrolliert und die Menschen wurden zum Impfen aufgefordert. „Das ist der beste und wirksamste Schutz“, sagte Schmidt. Sollte jemand mit Verdacht auf Masern zum Arzt gehen, sei es wichtig, dass er nicht im Wartezimmer weitere Menschen anstecke, sondern isoliert behandelt werde.
So erkrankten in der ersten Woche des Jahres rund zehn Menschen, nun sei man in der zehnten Woche und habe insgesamt rund 100 Fälle. Gut 50 Prozent der Patienten seien Kinder bis 14 Jahre. Die Erkrankungen träten vor allem im Süden und Südosten der Stadt auf, es beträfe mehrere Schulen. „Es gibt noch kein Anzeichen, dass es vorbei ist“, so Schmidt.
Das Berliner Robert Koch-Institut (RKI) rief angesichts der steigenden Zahlen an Masernfällen dringend zur Schutzimpfung auf. „Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit. Man sollte die Schutzimpfung nutzen“, sagte RKI-Präsident Jörg Hacker.
Bundesweit gäbe es derzeit deutlich mehr Fälle als in den vergangenen Monaten. 2007 gab es in Deutschland 566 Fälle, ein Jahr später 916. Bis Anfang Februar wurden nach vorläufigen Zahlen 83 Fälle bekannt. Deutschland hat sich gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation das Ziel gesetzt, die Masern auszurotten. Doch dafür reichen die Impfquoten noch nicht aus.
Impflücken gibt es vor allem bei Jugendlichen. Rund ein Viertel von ihnen hat nach RKI-Studien keinen ausreichenden Schutz gegen Masern. Bei Kindern sind die Impfquoten in den vergangenen Jahren gestiegen. Doch die Quoten liegen mit 87 bis 95 Prozent bei beiden erforderlichen Masern-Impfungen immer noch zu niedrig. Auch im Vergleich zu anderen EU-Staaten gibt es in Deutschland zu viele Masernfälle.
Wie gefährlich die Krankheit werden kann, zeigte sich insbesondere im Jahr 2006, als es nach der Bilanz des RKI rund 2300 Masernfälle in Deutschland gab, die meisten davon in Nordrhein-Westfalen. Sie führten zu 7 Gehirnentzündungen, einer Hirnhautentzündung, 45 Mittelohrentzündungen, 51 Lungenentzündungen und 2 Todesfällen. 15 Prozent der Erkrankten mussten im Krankenhaus behandelt werden. Auch dieses Jahr sind die bisherigen Zahlen in Nordrhein-Westfalen verhältnismäßig hoch: Bis Mitte Februar wurden 28 Fälle gemeldet.
Schutzimpfungen sind in Deutschland freiwillig. Sie sind aber Pflichtleistungen der Gesetzlichen Krankenkassen. Die Praxisgebühr in Höhe von 10 Euro wird bei reinen Schutzimpfungen nicht fällig.
Das Institut betont, dass auch im Kleinkindalter verpasste Impfungen später noch nachgeholt werden können. Auch noch wenige Tage nach dem Kontakt zum Erreger sei eine Impfung möglich.
In vielen Bundesländern gibt es laut RKI gute Ansätze, wie die 2008 in Nordrhein-Westfalen begonnene Impfkampagne bei Schülern. Erfolge zeigten auch der sogenannte Impf-Recall, mit dem das Gesundheitsamt im bayerischen Pfaffenhofen die Eltern von Schulanfängern an fällige Impftermine erinnerte, und ein Migrationsprojekt des Gesundheitsamtes im niedersächsischen Stade.