Berlin. Die Masken im Freien sind gefallen, die verbleibenden Tage bis zum Sommerurlaub sind gezählt. Endlich ausspannen, baden, wandern und Corona vergessen – schließlich sanken die Infektionszahlen mit dem Steigen der Temperaturen, so wie im vergangenen Jahr. Doch nun scheint der Abwärtstrend gebrochen. Droht durch die Omikron-VariantenBA.4 und BA.5 eine Corona-Sommer-Welle? So ist die Lage, so sind die Regeln in einigen beliebten europäischen Urlaubsländern:
Corona: Laissez-fair trotz steigender Zahlen in Österreich
Österreich vollzieht gerade den Schwenk vom Corona-Maßnahmen-Land zur Laissez-fair-Nation. Die Masken sind aus dem öffentlichen Leben fast vollständig verschwunden. Trotz wieder steigender Zahlen und einer sich gerade neu aufbauenden Welle gelten aktuell so gut wie keine Maßnahmen mehr.
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Nur in Krankenhäusern, Altenheimen und Gesundheitseinrichtungen muss noch eine FFP2-Maske getragen und ein Impf- oder Genesungszertifikat vorgezeigt werden. Eine FFP2-Maskenpflicht gilt außerdem im öffentlichen Verkehr in Wien. Das war es auch schon. Selbst für die Einreise gelten keine Corona-spezifischen Beschränkungen mehr.
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Mit erstem Juni sind auch die bisher gesetzlich vorgeschriebenen Abstände zwischen den Impfungen entfallen. Sie sind nur mehr medizinische Empfehlungen, haben aber keine rechtliche Wirkung. Auch die mühsam durchs Parlament durchgeboxte Impfpflicht bleibt ausgesetzt. Und selbst die Quarantänepflicht für Infizierte könnte bald gelockert werden. Zugleich wurde das Testangebot massiv zurückgefahren. Vor allem an Schulen.
Dabei sieht die Lager keinesfalls rosig aus: Die Fallzahlen steigen wieder deutlich. Bundesweit liegt die Inzidenz bei 243, am höchsten ist sie mit 384 aktuell in Wien und am niedrigsten mit 133 in der Steiermark – Tendenz überall steigend. Und das dürfte sich laut nationalem Prognosekonsortium auch fortsetzen in den kommenden Wochen.
Dafür verantwortlich gemacht wird ein ganzer Mix an Faktoren: Eine gesunkene Immunität in der Bevölkerung nach dem letzten Impfschub im Winter, neue Varianten, nicht zuletzt aber auch umfassende Maßnahmen-Lockerungen einhergehend mit einem geänderten Verhalten in der Bevölkerung – kaum jemand schützt sich noch.
Neue Corona-Welle in Portugal
Das beliebte Urlaubsland Portugal befindet sich inmitten einer neuen Corona-Welle, die durch die Omikron-Variante BA.5 verursacht wird. 90 Prozent aller Neuinfektionen werden bereits durch diesen Virustyp ausgelöst. Täglich werden 25.000 Corona-Fälle registriert. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist mit über 1700 Infektionen pro 100.000 Einwohnern die höchste Europas. In Deutschland ist der BA.5-Anteil noch niedrig – er wächst jedoch schnell. Das Robert Koch-Institut (RKI) schließt nicht aus, dass die BA.5-Welle im Sommer Deutschland überrollt.
Laut portugiesischen Virologen ist BA.5 ansteckender als andere bekannte Varianten, verursacht aber keine schwereren Krankheitsverläufe als frühere Mutationen. Zudem sorgt die sehr hohe portugiesische Impfquote von 87 Prozent dafür, dass die Lage in den Hospitälern stabil bleibt. Trotzdem sterben in Portugal weiter Menschen an Corona. Täglich werden im Schnitt 40 Todesfälle gemeldet – die meisten Opfer sind ältere Senioren. Deswegen bekommen nun alle über 80-Jährigen eine zweite Auffrischungsimpfung – 40 Prozent haben schon den zweiten Booster-Piks.
Experten glauben, dass das Ende der Maskenpflicht die BA.5-Ausbreitung im Land begünstigt habe; nur im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen ist der Mundschutz noch Pflicht. Portugals Regierung empfiehlt aber, im Gedränge die Maske weiter zu nutzen. Touristen müssen zudem das EU-Covid-Zertifikat oder einen negativen Test im Gepäck haben.
Corona in Spanien – alles entspannt
In Spanien ist die Corona-Lage entspannt. Und zwar so sehr, dass man für die Reise nach Mallorca oder in andere Urlaubsorte keinen Impf- oder Gesundheitsnachweis mehr benötigt. Die Maske ist weitgehend aus dem Alltag verschwunden ist. Die hochansteckenden Corona-Varianten BA.4 und BA.5 sind allerdings auch in Spanien unterwegs.
Nach Behördenangaben verursachen diese Mutationen mancherorts schon mehr als ein Viertel aller Neuinfektionen. Bislang ist aber nicht daran gedacht, die Maßnahmen zu verschärfen. Die generelle Sieben-Tage-Inzidenz wird in Spanien nicht mehr erfasst. Stattdessen wird zur Lagebeurteilung auf die Krankenhäuser geschaut. Dort geht es ruhig zu: Nur sechs Prozent der Hospitalbetten sind momentan mit Covid-Patienten belegt.
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Die Rückkehr der Unbeschwertheit in Frankreich
In Frankreich stehen die Zeichen auf Entwarnung. Zwar zirkuliert der Coronavirus noch, aber er hat seinen Schrecken verloren. Auch dass täglich immer noch rund 100 Infizierte der Pandemie zum Opfer fallen und die Gesamtbilanz mit über 148.000 Toten erschreckend hoch ist, ändert daran wenig.
Denn andere Zahlen beruhigen: Die Inzidenz beispielsweise liegt derzeit bei 200, die Impfquote der Bevölkerung bei über 80 Prozent (92 Prozent sogar bei den über 12-Jährigen) und die Krankenhäuser sind mit 900 Corona-Patienten auf den Intensivstationen alles andere als überlastet.
Längst einkassiert wurden die meisten Einschränkungen, jüngst sogar die Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Alltag der Bürger soll so normal wie möglich verlaufen können. Und das tut er auch. Die Cafés, Bars und Restaurants sind wieder gut besucht von entspannt wirkenden Bürgern, deren Gesichter keine Maske verdeckt. Letztere ist aus dem Straßenbild allerdings nicht völlig verschwunden, da vor allem ältere Menschen es vorziehen, sie weiterhin zu tragen.
Selbst die Virologen verbreiten Zuversicht. Der Sommer, so die meisten Experten, sollte vor dem Hintergrund einer niedrigen Inzidenz sorgenfrei verlaufen. Trotz der neuen Omikron-Varianten übrigens, von den Experten in Frankreich als „eher unbedenklich“ eingestuft werden.
Die Rückkehr zur Normalität wird links des Rheins von der sprunghaft angestiegenen Touristenzahl unterstrichen. Gerade in Paris, wo sich wieder lange Schlangen vor dem Louvre-Museum oder dem Eiffelturm bilden, ist das kaum zu übersehen. Schon seit dem Frühjahr ist Frankreich kein Risikogebiet mehr, mittlerweile müssen nur noch Ungeimpfte bei der Einreise einen negativen Test vorweisen. Und im Infektionsfall vor Ort? Da sollten sich Urlauber laut Behördenempfehlung fünf Tage lang isolieren. Überprüft wird das jedoch so gut wie nicht.
Corona: In Italien fallen die letzten Masken
Italien schafft am kommenden Mittwoch (15. Juni) die letzten Corona-Restriktionen ab. Dann fällt die Maskenpflicht auch in Bussen, Bahnen, Kinos und Theatern. Die Regierung will auch die bis zum 15. Juni geltende Impfpflicht für die über 50-Jährigen nicht verlängern. Gestrichen wird außerdem die Impfpflicht für das Schulpersonal und das Militär, sie bleibt jedoch bis Ende des Jahres für das Gesundheitspersonal bestehen.
Die Lage in den italienischen Krankenhäusern ist entspannt. Die aktuelle Sieben-Tages-Inzidenz liegt bei weniger als 100 Infektionsfällen pro 100.000 Einwohnern. In keiner Provinz übertrifft sie 500 Fälle pro 100.000 Einwohner. Der Trend ist in allen italienischen Regionen sinkend, keine Anzeichen einer Sommer-Infektionswelle belastet Italien. Virologen rechnen mit entspannten Sommermonaten, warnen jedoch vor der Gefahr möglicher neuer Varianten im Herbst.
Inzwischen genießen die Italiener den Sommer ohne Restriktionen. Seit dem 1. Juni müssen Einreisende auch nicht mehr nachweisen, ob sie geimpft, genesen oder getestet sind. Alle Einreise-Regeln wurden aufgehoben.
Belgien: Corona-Barometer außer Dienst gestellt – obwohl die Zahlen steigen
Die Lage hat sich sehr entspannt zwischen Nordsee und Ardennen, aber Wachsamkeit wird groß trotzdem geschrieben in Belgien: Wir haben unsere Verteidigungslinien gestärkt, sagt Premier Alexander de Croo. Schutzmaßnahmen wie Tests, Kontaktrückverfolgung oder Belüftung sind dauerhaft verankert. Geprüft wird aktuell, ob eine vierte Covid-19-Impfung flächendeckend empfohlen wird, um den Schutz vor einer möglichen neuen Corona-Welle zu verbessern.
80 Prozent der Einwohner sind vollständig geimpft, 62 Prozent haben einen Booster erhalten. Deshalb zeigt sich Belgien auch gelassen, wenn jetzt die Infektionszahlen leicht steigen, zuletzt auf eine Sieben-Tages-Inzidenz von 105 – wobei das BA.2-Virus nach wie vor sehr dominiert. Ende Mai sind die letzten großen Schutzauflagen gestrichen worden: Masken sind seitdem nur noch in Krankenhäusern, Arztpraxen und Apotheken vorgeschrieben.
Touristische Besuche sind nun auch von außerhalb Europas wieder erlaubt. Im öffentlichen Leben, beim Einkaufen oder bei Freizeitveranstaltungen, trägt nur noch eine Minderheit einen Mund-Nasen-Schutz, auch mit den Distanz-Empfehlungen nehmen es viele nicht mehr so genau. Im französischsprachigen Wallonien ist unter Bekannten und Freunden auch das Wangen-Küsschen zur Begrüßung oft rehabilitiert. Corona ist kein Thema, spätestens, seit Ende Mai das sogenannte Corona-Barometer, das in drei Stufen allgegenwärtig die Gefahrenstufe anzeigte, außer Dienst gestellt wurde.
Niederlande: Keine Beschränkungen für Touristen
Auch in den Niederlanden steigen die Infektionszahlen seit einigen Wochen wieder, doch Grund zum Alarm sieht die Regierung in Den Haag nicht: Schließlich liegt die Sieben-Tage-Inzidenz trotzdem nur bei 55. Mitte Februar betrug dieser Wert noch knapp 5000, aus deutscher Sicht galten die Niederlande als Hochrisikogebiet – trotzdem ließ Premier Mark Rutte schon wenig später fast alle Schutzauflagen abschaffen, weil er fand, dass er seinen Landsleuten schon genug zugemutet hatte.
Noch vor Ostern entfielen auch die letzten Maskenpflichten etwa in Bussen und Bahnen. Nur in Flugzeugen und am Flughafen ist der Mund-Nasen-Schutz jetzt noch vorgeschrieben. Wer an Corona erkrankt, soll zuhause bleiben, eine Quarantänepflicht gilt aber nicht mehr.
Auch für Touristen gibt es keine Beschränkungen, doch wird empfohlen, ab dem 5. Tag des Aufenthalts einen Schnelltest durchzuführen. Die Niederländer sind entspannt, auch wenn die Impfquote mit 68 Prozent vollständig Geimpften (und 54 Prozent mit Booster-Schutz) noch steigerungsfähig wäre. Aus der öffentlichen Debatte ist Corona weitgehend verschwunden. Doch wissen die Bürger auch, dass sich das schnell wieder ändern kann: Premier Rutte hat den Niederländern in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren harte Kurswechsel verordnet, im schnellen Wechsel vom Lockdown zur umfassenden Lockerung.
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Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.