Berlin. Eine Hartz-IV-Empfängerin musste in einer Maßnahme eine Grundschulaufgabe lösen, was für Ärger auf Twitter sorgte. Darin sollte die arbeitslose Frau die Rechtschreibung von Wörtern wiedergeben – es sind Aufgaben, die man eigentlich Kindern stellt. Viele Nutzer brachten ihr Entsetzen über die Aufgabe zum Ausdruck. „Pure Erniedrigung“, schrieb einer.
Das Jobcenter verpflichtet Hartz-IV-Empfänger häufig zu Maßnahmen. Verweigern sie, kann die Behörde Sanktionen erlassen. Deshalb erklären sich Hartz-IV-Empfänger trotz Widerwillen bereit, diese Maßnahmen zu absolvieren.
Hartz-IV-Maßnahme sorgt für große Kritik
So auch in dem Fall der arbeitslosen Frau. Auf Twitter wird derzeit ein Foto von einer Grundschulaufgabe geteilt. Darin wurden Fragen gestellt, die auch für einen Grundschulkind eher zu der leichteren Sorte gehören.
Ein paar Beispiele: Schreibt man Mütze mit tz? Oder doch nur mit einem Z? Und wie sieht es bei Herz, Putzeimer und Kerze aus? Mit diesen Fragen sah sich die Arbeitslose konfrontiert.
In direkter Du-Ansprache – „Schreibe unter des Bild das passende Wort“ – war sie aufgefordert, kleine Illustrationen zu beschriften. Und konnte nicht glauben, was ihr da gerade passiert. Das Jobcenter reagierte auf die Kritik an der Maßnahme.
Hartz-IV-Maßnahme sorgt für große Kritik
Sie sprach mit ihrer Tochter darüber, die postete ein Foto des Arbeitsbogen bei Twitter: „Das ist pure Erniedrigung erwachsener intelligenter Menschen“, schrieb sie dazu. Aber auch, dass ihrer Mutter Sanktionen drohten, sollte sie fernbleiben.
Der Beitrag wurde Tausende Male geteilt. Darunter sammeln sich unzählige Kommentare. Viele sind entsetzt über diese Maßnahme.
Hier eine Auwahl von Kommentaren:
- „Das ist jetzt nicht Dein Ernst?“
- „Pure Erniedrigung“
- „Und da wird man einfach so geduzt? Das ist ja obendrein auch noch frech.“
- „Mit solchen Bögen arbeite ich in der Nachhilfe mit Kindern der 3. und 4. Klasse.“
Die Empörung beim Kurnachrichtendienst Twitter war entsprechend schnell groß, auch die Agentur für Arbeit reagierte, bat die Nutzerin, Kontakt aufzunehmen, um die Authentizität des Arbeitsblattes zu klären.
Papier kommt sonst an Grundschulen zum Einsatz
Inzwischen ist offenbar ermittelt, wo da was genau geschehen ist. „Stern.de“ zitiert eine Sprecherin der Arbeitsagentur: „Es stimmt, dass dieses Arbeitspapier bei einem Maßnahmeträger in Niedersachsen ausgehändigt wurde“, sagt dieser. „Es stimmt auch, dass das Papier sonst an Grundschulen zum Einsatz kommt“, erklärte eine Sprecherin auf Nachfrage.
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Schriftlich habe die Agentur zudem erklärt, dass die Weiterbildungsmaßnahme, die die Mutter besuchte, für viele Menschen gedacht sei und zuerst die Sprachkompetenzen ergründet werden müssen.
Bundesagentur für Arbeit kann Kritik nachvollziehen
„Wir können gut verstehen, dass die Teilnehmenden dies kritisieren und teilen diese Meinung auch“, so die Pressestelle der Bundesagentur. Dass die Teilnehmer geduzt würden, sei nicht in Ordnung. Auch deshalb könne man die Kritik nachvollziehen.
Hartz-IV-Maßnahmen kosten viel Geld
Dass Hartz-IV-Empfänger zum Teil merkwürdige Maßnahmen absolvieren müssen, ist keine Seltenheit. In anderen Fällen wurden Arbeitslose dazu verdonnert, in nachgebauten Supermärkten einkaufen zu gehen. Auch machten Fälle Schlagzeilen, in denen sich Hartz-IV-Empfänger bei Coachingkursen den ganzen Tag langweilten.
Das Problem: Auch wenn sie häufig sinnlos sind, kosten die Maßnahmen dem Steuerzahler viel Geld. Berechnungen gehen von Millionenbeiträgen aus, die das Amt jährlich für solche Maßnahmen ausgibt.
Nicht nur deshalb gibt es um die Zukunft von Hartz IV in der Politik große Debatten. Die SPD will Hartz IV abschaffen. Das stieß auf ein großes Echo, doch was würde ein Ende der Grundsicherung zur Folge haben: Das bedeutet der Kurswechsel der SPD. Grünen-Chef Robert Habeck will dagegen mit einer Garantiesicherung Hartz IV verändern. (bekö/ses)
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