Ein kleines Haus in Berlin-Reinickendorf. Hier leben Iris und Eckhard Dyck. Iris ist 50 Jahre alt und Kriminalhauptkommissarin, Eckhard ist Bauingenieur und 57 Jahre alt. Sie haben fünf Kinder, Richard, Gero, Marcel, Yvonne und Clara. Clara ist in diesem Jahr im Alter von zehn Jahren gestorben.
Die Eltern haben sich gewünscht, über ihre Tochter zu sprechen. Morgenpost Online hat schon einmal über Clara berichtet, hat sie 2008 ein halbes Jahr lang begleitet. Clara war damals schon sehr krank, sie litt an einer unheilbaren Erbkrankheit.
Wir sitzen im Wohnzimmer. An den Wänden hängen vier große Bilderrahmen, in den Rahmen sind wiederum viele Dutzend Fotos von Clara: Clara als Baby, Clara auf einem Schoß, Clara bei den ersten Schritten, krank, mit Sauerstoffschlauch, mit kurz geschorenen Haaren, im Rollstuhl – der Raum wurde so hergerichtet für den Empfang nach der Trauerfeier.
Vor zwei Wochen war die Beerdigung, ganz in der Nähe auf einem kleinen Friedhof. Ein weißer Sarg, ungefähr 40 Menschen kamen. Die Familie hatte ein paar Lieder und Gedichte ausgesucht, "Geboren, um zu leben" beispielsweise, die vier anderen Kinder haben den Sarg getragen, am Grab selbst lagen in einer Schale Blütenblätter, die man in die Grube auf den Sarg werfen konnte. Wir trinken Kaffee, wir duzen uns, weil wir uns schon eine Zeit lang kennen.
Morgenpost Online: Iris, warum möchtet Ihr dieses Gespräch?
Iris: Das ist nicht leicht zu erklären. Ich glaube, ich möchte einfach nicht, dass Clara so sang- und klanglos geht. Das wäre nicht gerecht. Ich möchte, dass etwas von ihr bleibt.
Morgenpost Online: Ist es sehr schwer, über sie zu sprechen?
Iris: Es ist schmerzhaft, und ich kann manchmal nicht anders, als dann zu weinen. Aber es ist mir wichtig, dass ganz normal weiter über sie geredet wird. Wie über jemanden, der nur verreist ist. Oder ausgewandert ist, der von mir aus nie wiederkommt. Über den redet man auch ganz normal. Man redet über gestorbene Politiker und Künstler. Ich möchte einfach auch das Recht haben, über Clara normal zu sprechen, ohne dass mein Gegenüber ständig zusammenzuckt, sobald der Name "Clara" fällt.
Morgenpost Online: Clara wurde am 18. Oktober 2000 geboren. War sie ein Wunschkind?
Eckhard: Sie war gewollt. Als die Zwillinge so drei Jahre alt waren, sagte meine Frau: "Vielleicht kriegen wir jetzt nach drei Söhnen noch eine Tochter?" Ich wollte erst nicht. Später konnte ich mich dann damit anfreunden.
Morgenpost Online: Und die Schwangerschaft, wie war die?
Iris: Ich war schon 40 und habe auf Anraten des Arztes eine Fruchtwasseruntersuchung machen lassen, daraufhin ging viel Fruchtwasser ab. Ich kam ins Krankenhaus, ich musste eine Woche liegen. Damals habe ich gedacht: Wenn dieses Kind hier jetzt weggeht, dann kriegst du nie wieder eins.
Morgenpost Online: Aber Claras Krankheit wird bei der Fruchtwasseruntersuchung nicht getestet?
Iris: Sie ist zu selten. Es wird eine begrenzte Zahl von Krankheiten getestet, es gibt über 20.000 Erkrankungen, die man testen könnte. Man macht es wohl auch vorrangig bei den Krankheiten, bei denen es eine Behandlungsmöglichkeit gibt.
"Es war eine Traumentbindung"
Morgenpost Online: Und die Geburt?
Iris: Es war die Traumentbindung, die man sich vorstellt. Man bekommt die Wehen, man fährt ins Krankenhaus. Wir haben noch in der Kantine gefrühstückt, dann platzte die Fruchtblase. Dann lief es völlig problemlos.
Morgenpost Online: Ihr hattet auch schon vier Kinder.
Iris: Man hat einfach schon Erfahrung und lässt sich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen.
Morgenpost Online: Wie schwer war sie, wie groß?
Iris: 4200 Gramm und 54 Zentimeter.
Morgenpost Online: Wie ging es weiter?
Iris: Sie hat sich unheimlich schnell entwickelt. Das war wunderbar zu sehen, wie fix sie war. Mit elf Monaten gelaufen. Sehr früh schon gesprochen. Vielleicht wäre sie einfach ein unglaublich sportliches, intelligentes Kind geworden.
Langsamer Tod der Gehirnzellen
Morgenpost Online: Etwas über zwei Jahre war Clara alt, als ihre Krankheit diagnostiziert wurde. Ab wann beginnt die Krankheit die Kinder zu beeinflussen?
Eckhard: Von Anfang an. Schon vor der Geburt. Von dem Moment der Zeugung an ist etwas nicht normal. In den ersten Monaten ist nur die Entwicklung noch schneller als der Abbau durch die Krankheit.
Morgenpost Online: Könnt ihr bitte erklären: Was bedeutet Neuronale Ceroid-Lipofuszinose?
Iris: Das ist eine Speicherkrankheit, bei der nach und nach die Gehirnzellen absterben. Den Kindern fehlt ein Enzym, das quasi den Müll aus den Nervenzellen entfernt. Ursache ist eine Genmutation, die von beiden Elternteilen vererbt wird.
Morgenpost Online: Wie ist der Verlauf?
Iris: Bei der spätinfantilen Form fällt als Erstes meist ein Entwicklungsstillstand auf, und dann verliert das Kind nach und nach wieder Fähigkeiten, die es schon beherrscht hat. Wenn es erst einmal richtig angefangen hat, geht das Schlag auf Schlag: Innerhalb von zwei bis drei Jahren kann das Kind nicht mehr sprechen, Arme und Beine nicht mehr bewusst bewegen, es erblindet, bekommt epileptische Anfälle und später starke Spasmen, es hat immer wieder heftige Muskelzuckungen, und schließlich kann es nicht mehr selber essen, und das Atmen wird schwerer. Meist sterben die Kinder zwischen dem achten und zwölften Lebensjahr.
Weltweit gibt es mehrere hundert NCL-Fälle
Morgenpost Online: Wie viele Kinder haben das?
Iris: Grob geschätzt sind es derzeit einige Hundert Kinder weltweit.
Morgenpost Online: Wann wurde euch klar, dass mit Clara etwas nicht stimmt?
Iris: Am Anfang waren das nur Kleinigkeiten. Zum Beispiel hat sie sich immer nur zu einer Seite gedreht. Oder sie hat zwar gesprochen, blieb aber dann nach wenigen Worten stecken. Oft hat sie Wörter einmal gesagt, auch schwierige Wörter, und die kamen dann nie wieder. Ich hatte auch das Gefühl, dass sie nicht mehr versteht, was gesagt wird. Ob etwas nun ein Schuh oder eine Socke ist, das können Kinder im Laufe des zweiten Lebensjahres schon auseinanderhalten, und sie konnte das einfach nicht.
Eckhard: Damals kam so viel zusammen, aber wir haben es nicht verstanden. Die Zwillinge hatten ein Familienfest im Hort, dort ist sie Roller gefahren, das ging auch prima. Zum zweiten Geburtstag haben wir ihr einen ähnlichen Roller geschenkt, da ging überhaupt nichts mehr. Das war nur drei Monate später.
Iris: Plötzlich begann sie auf einem Auge zu schielen. Sie wirkte allgemein verunsichert und frustriert. Sie hat sich zurückgezogen, war gedrückt und traurig, und man wusste nicht warum. Wir hatten dann angefangen mit Kinderturnen, in einer großen Halle. Sie wurde panisch darin. Sie hat sich wochenlang an den Wänden der Halle entlanggetastet. Heute weiß ich: Sie konnte nicht mehr weit genug sehen. Wenn ich sieben, acht Meter weg war, hat sie mich nicht erkannt. Es tut mir im Nachhinein so leid, dass ich das nicht früher begriffen habe.
Morgenpost Online: Wie hat Clara auf all das reagiert?
Iris: Nicht geweint, nicht geschrien. Mehr so: Was passiert jetzt mit mir? Sie schien mir damals oft unendlich traurig. Irgendwann hatte sie einen Infekt, richtig hohes Fieber. Als sie den überstanden hatte, hat sie noch mal einen Entwicklungsschub gemacht. Ich sehe das immer noch vor mir, sie ist an einem Tag zum ersten Mal in ihrem Leben über den Rasen gerannt, hat mit ihrem Vater Fangen gespielt. Und ein paar Tage später stand sie in der Küche neben dem Tisch und kippte von einer Sekunde zur anderen um. Sie kam stationär ins Krankenhaus. Dort ging sie allein rein, lief auch die Gänge rauf und runter, und als sie rauskam, konnte sie nur noch krabbeln.
Morgenpost Online: Als Euch klar war, dass die Krankheit unheilbar ist, was ging in euch vor?
Iris: Man glaubt es nicht. Schwer zu beschreiben, was genau da in einem vorgeht. Eins weiß ich: Ich dachte, das letzte Wort in der Sache kann unmöglich gefallen sein. Vier Tage nach der Diagnose waren wir bei dem Treffen der Selbsthilfegruppe. Dort haben wir Kinder gesehen, die im fortgeschrittenen Stadium sind. Die im Rollstuhl sitzen, nichts mehr sagen können, eine Magensonde haben. Das ist dann einfach was anderes, als wenn du nur liest, was mit deinem Kind passieren wird.
Morgenpost Online: Du warst dann auch schon bald auf der Beerdigung eines Kindes aus der Selbsthilfegruppe.
Iris: Ich kannte das Kind nicht, ich kannte die Eltern. Aber ich war völlig aufgelöst, ich konnte nicht aufhören zu weinen. Man sieht sein eigenes Kind im Sarg, und man weint um sein eigenes Kind.
Es ist nicht schwer, mit Iris und Eckhard Dyck über die Krankheit zu sprechen, vielleicht weil sie es gewohnt sind, erklären zu müssen, was wann wieso geschieht. Vielleicht aber auch, weil es gerade um die Zeit geht, in der noch Hoffnung war, nicht bei den Ärzten, aber bei den Eltern.
Morgenpost Online: Iris, Du hast im Internet nach experimentellen Behandlungen gesucht. Ist das Internet ein Segen bei solchen Krankheiten oder ein Fluch?
Iris: Ein Segen. Über aktuelle Studien und Therapien erfährt man nichts von den Ärzten, weil die in der Regel kaum etwas über NCL wissen. Die Krankheit ist einfach so selten. Allein die Diagnose hat ewig gedauert. Wir haben im Großen und Ganzen alles selber gemacht. Die Dosierung der Medikamente, die Hilfsmittel, die Therapien. Manchmal denke ich, dass die Ärzte auch froh waren, dass wir uns da selbst reingekniet haben.
Morgenpost Online: Gab es Ärzte, die versucht haben, Euch davon abzuhalten, Claras Leben zu verlängern?
Iris: Mut gemacht hat uns zumindest niemand. Aber wie auch bei einer unheilbaren Krankheit? Da ist Hoffnung ja nicht mit eingeplant.
Morgenpost Online: Die Pflege Claras hat einen Großteil eurer Zeit ausgemacht. Sie musste gewickelt, gefüttert, nachts umgedreht werden. Sie brauchte Medikamente, musste gewaschen werden. Was war damals schwieriger: die Tage oder die Nächte?
Iris: Für mich die Nächte. Tagsüber hatte ich eine Mauer um mich, ich konnte wie im Dienst die Schotten dicht machen. Nachts kann man viel denken. Ich war froh, wenn die Nächte rum waren. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite habe ich die Nächte genossen, weil ich uneingeschränkt für sie da sein konnte und nichts anderes zu tun hatte. Ich konnte einfach neben ihr sitzen und ihre Hand halten, ihr etwas erzählen. Ich wollte nicht schlafen.
Eckhard: Tagsüber hatte man keine Zeit nachzudenken. Man war mit ihr unterwegs, zu den Therapien, zu Ärzten. Oder man musste Essen machen oder hatte sonst was zu tun mit ihr oder mit den anderen oder im Haushalt. So ab halb zehn, wenn es ruhiger wurde, hatte man Zeit für sie. Aber ab eins war ich dann auch einfach hundemüde.
Morgenpost Online: Habt ihr eigentlich manchmal Familien mit gesunden Kindern gesehen und sie beneidet?
Eckhard: Wenn man ein krankes Kind hat, sieht man eher die vielen anderen kranken Kinder. Auf einmal war alles voll mit kranken Kindern.
Morgenpost Online: Und heute?
Iris: Mir kommt erst jetzt, wo sie tot ist, ab und an der Gedanke: Wie wäre sie wohl jetzt mit zehn Jahren, wenn sie nicht krank gewesen wäre? Vorher hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet.
Morgenpost Online: Und wie wäre sie?
Iris: Da stünde jetzt der Schulwechsel bevor, und wir hätten sicher Stress. Man stellt sich das natürlich idyllischer vor, als es ist. Auch mit gesunden Kindern hat man Probleme.
Morgenpost Online: Wolltet Ihr euch jemals trennen?
Iris: Nein.
Eckhard: Nein.
Morgenpost Online: Nein?
Iris: Sie ist ja auch nicht unser erstes Kind gewesen. Wir hatten schon vier Kinder, dann haut dich das nicht um, zumindest nicht die Beziehung.
Morgenpost Online: Trennen sich viele Paare über der Pflege eines so kranken Kindes?
Iris: Überdurchschnittlich viele.
Eckhard: Und das Kind bleibt zu 99 Prozent bei der Mutter.
Morgenpost Online: Ihr habt Clara drei Mal operieren lassen, im Ausland. Wart Ihr Euch denn immer einig, was zu tun ist?
Iris: Sagen wir es so: Er hat immer mitgezogen, wenn ich was wollte. Er hat mich nicht im Regen stehen lassen.
Eckhard: Es sprach ja nichts dagegen.
Morgenpost Online: Einmal habt Ihr in New York an einer Studie teilgenommen, zwei Mal in China Stammzellen injizieren lassen. Könntet Ihr vielleicht beide Methoden kurz erklären?
Eckhard: Mach Du mal. Du bist der medizinische Experte.
Iris: Also gut, zuerst New York, die Gentherapie. Man nimmt einen Virus, entfernt seine DNA, stattdessen fügt man die gesunde DNA eines Menschen ein, die das fehlende Enzym produziert. Das injiziert man ins Gehirn. Nun haben Viren die Eigenschaft, sich an Zellen anzudocken und ihre eigene DNA einzuschleusen. In diesem Fall schleusen sie das gesunde Genstück in die DNA des kranken Kindes ein, die dann beginnen soll, das Enzym zu produzieren. Nun ist das Problem, dass der Virus sich offenbar nicht weit genug verbreitet. Und dann traut man sich selbstverständlich nicht an die tieferen Gehirnregionen, damit da nichts schiefgeht. Ohne Stammhirn kann man eben nicht atmen und gar nichts. Daher macht man es in sichereren Bereichen, sprich im Großhirn, und erst wenn man nachweisen kann, dass es dort funktioniert, geht man vielleicht in andere Bereiche.
PID-Diskussion war "lächerlich"
Morgenpost Online: Dann wart Ihr zwei Mal in China.
Iris: Hier versucht man, die zerstörten Gehirnzellen durch andere Zellen, eben Stammzellen, zu ersetzen. Diese Stammzellen können sich theoretisch in jede Art von Zelle verwandeln. Damals war mir aber im Grunde schon völlig klar, dass wir die Krankheit nicht mehr aufhalten können. Aber wir wollten ihr Leben wieder etwas angenehmer machen. Danach konnte sie zumindest wieder allein schlucken und besser atmen.
Morgenpost Online: Stammzellenforschung ist in Deutschland nicht erlaubt. Wie habt Ihr die Diskussion empfunden, als im Bundestag darüber abgestimmt wurde?
Iris: Lächerlich. Wir waren damals im Fernsehen, es ist so ein Minifilmchen über uns entstanden. Die brauchen immer Betroffene.
Morgenpost Online: Was hast Du da gesagt?
Iris: Was ich denke. Ich sehe nicht genmanipulierte Tomaten, ich sehe das Leben meiner Tochter. Mir ist nicht klar, warum man so einen winzigen Zellkern nicht benutzen kann, um das Leben meines Kindes zu retten. Ich weiß nicht, was daran unethisch sein soll. Ich meine: Dieser Zellhaufen, um den es da geht, der kann ohne Gebärmutter überhaupt nicht zu einem Menschen heranwachsen.
Morgenpost Online: Wie habt Ihr die Zeit in New York und Peking empfunden?
Eckhard: Eigentlich war das eine spannende Zeit. Es war ja nicht so, dass wir vorher groß gereist wären.
Iris: Ach so, Du wolltest also verreisen?
Eckhard: Nein, so meine ich das nicht.
Iris: Ich versteh' schon. Klar, es war aufregend. Man konnte die tägliche Pflicht vergessen. Ich hatte den Eindruck, dass Clara es genossen hat, dass ihre Eltern einmal 24 Stunden nur für sie da waren. Aber es war auch alles andere als einfach. Fremde Sprache, fremde Mentalität. Aber in dem Moment, wo sie in New York in den OP geschoben wurde, da war ich zum ersten Mal seit der Diagnose nicht angespannt, sondern einfach nur erleichtert. Ich hatte es bis dahin geschafft, alles getan, was ich für mein Kind tun konnte. Jetzt waren die Ärzte dran, es war deren Aufgabe. Keine Tränen, nichts. Die haben mich dort angeschaut wie ein Auto.
Morgenpost Online: Was war das Ziel?
Iris: Zuerst Heilung. Später dachte ich: Vielleicht wird sie ja wenigstens 13.
Eckhard: In der Selbsthilfegruppe waren wir die Einzigen, die jemals vorhatten, das zu tun: ins Ausland zu gehen. Man muss aber auch dazusagen, dass es das vorher nicht gab.
Iris: New York war überhaupt die allererste Möglichkeit, die den Kindern zur Verfügung stand.
"Man steht manches Mal alleine da"
Morgenpost Online: Warum dann Ihr?
Iris: Es ist einem eigentlich von allen Seiten abgeraten worden, das Risiko und so weiter. Aber ich konnte einfach nicht anders. Ich hätte mir nie verziehen, wenn ich ihr diese Chance nicht gegeben hätte.
Morgenpost Online: Habt Ihr Clara eigentlich jemals gesagt, was sie hat, was passieren wird, irgendwas, vielleicht als Metapher?
Eckhard: Das kann man einem Kind nicht sagen.
Iris: Mit ihr wurde darüber nicht gesprochen. In ihrem Beisein schon. Wobei ich schon versucht habe, das weitgehend zu unterbinden. Manche Ärzte reden über das Kind, sagen, man solle es doch gehen lassen – und das im Beisein von Clara. Unmöglich finde ich das. Da habe ich dann schon gesagt: Gehen wir bitte mal ins Nebenzimmer!
Morgenpost Online: Ihr habt Euch oft alleingelassen gefühlt.
Iris: Man steht manches Mal allein da. Die Ärzte im Krankenhaus wechseln häufig. Dann sagt der eine das eine und ein anderer etwas anderes. Dann ist die Akte verschlampt worden. Und so weiter. Das ist, als würde man mit einem ganz leisen Stimmchen gegen einen Sturm anschreien. Die Mühlen sind so unendlich langsam. Erst eine Vorstudie hier, dann noch eine Vorstudie, dann die Affen, und dann darf es vielleicht mal ein Kind sein. Und dann muss das alles erst mal ausgewertet werden, über 18 Monate verfolgt werden, dann muss es veröffentlicht werden. Da vergeht so unendlich viel Zeit, und wir haben doch überhaupt keine Zeit. Jeden Tag wird das Kind weniger. Das ist wie ein Sirup, in dem man feststeckt, und man kommt einfach gar nicht voran. Dieser zweite Virus, der verbesserte Virus, mit dem jetzt wieder Kinder in New York behandelt werden, den gab es schon, als Clara behandelt wurde, aber bis dann die Finanzierung stand und das alles… Jetzt erst ist es so weit. Und jetzt ist Clara nicht mehr da.
Morgenpost Online: Dachtet Ihr selbst mal, dass es besser wäre, wenn Clara gleich sterben würde?
Iris: Ich weiß nicht, ob ich das sagen darf. Aber als ich hörte, was auf Clara zukommen würde, da dachte ich anfangs, es wäre besser, wenn sie das alles nicht mitmachen muss, diesen ganzen Abbau, die Schmerzen.
Morgenpost Online: Habt Ihr oft nach Zeichen gesucht, dass sie leben will?
Eckhard: Sie konnte ja nicht sagen, ob es ihr gut geht oder nicht. Das hatte man irgendwann im Gefühl. Oder man glaubte, es im Gefühl zu haben.
Iris: So ein bestimmter Gesichtsausdruck.
Eckhard: Aber eigentlich ist es wirklich schwer zu sagen. Ich weiß einfach nicht, was sie mitgekriegt hat.
Iris: Als sie dann nicht mehr richtig atmen konnte, das war schwer. Da war es für sie nicht mehr tragbar. Man hat ihr einfach angemerkt, dass sie nicht mehr konnte und bereit war zu gehen.
Eckhard: Die letzten Wochen.
Morgenpost Online: Wie waren die?
Eckhard: Sie hatte zum Jahreswechsel eine schwere Lungenentzündung, von der sie sich nie richtig erholt hat. Ihre Sauerstoffwerte sind seitdem immer wieder in den Keller gegangen.
Morgenpost Online: Clara starb am 75. Geburtstag von Deiner Mutter, Iris. Du warst mit den Kindern bei ihr, als Dich Eckhard morgens angerufen hat, um Dir zu sagen, dass Du nach Hause kommen musst.
Eckhard: In der Nacht sind die Sauerstoffwerte wieder abgesackt, unter 80 Prozent. Am Morgen ging es einmal runter auf unter 50 Prozent. Sie gingen wieder hoch, aber ich merkte: Es hat keinen Sinn mehr, ruf an.
Iris: Wir sind dann sofort aufgebrochen. Um halb eins waren wir da. Man konnte zusehen, wie es ganz langsam abwärtsging, ein Weilchen hat sie sich bei 50 Prozent gehalten, dann sackte der Sauerstoffwert immer weiter runter bis auf null. Das blöde Gerät, der Pulsoxymeter, piept immer, alle zwei Minuten muss man draufdrücken, damit man wieder Ruhe hat, aber man will es auch nicht ausstellen.
Eckhard: Als sie auf null war, haben wir es ausgestellt.
Ruhe im Moment des Todes
Morgenpost Online: Und dann war sie gestorben.
Iris: Man stirbt nicht sofort. Es hat ein bisschen gedauert. Das Herz hat noch ein Weilchen weitergeschlagen.
Morgenpost Online: Was habt Ihr in der Zeit getan?
Iris: Ich habe sie in den Arm genommen. In dem Moment war ich merkwürdigerweise völlig ruhig. Dann hat Eckhard sie noch einmal umarmt und sie gehalten. Und dann ist sie gestorben.
Beide sitzen auf ihren Stühlen, mit geradem Rücken. Wenn sie weinen, beruhigen sie sich schnell wieder, so, als sei es unhöflich.
Iris: Es ist ja nicht so, dass wir nicht damit gerechnet hätten. Ich habe mich im letzten Jahr von Termin zu Termin gehangelt. Ich habe auf der Dienststelle einen Computer, bei dem ich in regelmäßigen Abständen ein neues Passwort eingeben musste, und das war immer der nächste Termin, den sie erreichen sollte. "Konfirmation", wenn es um die Konfirmation der Zwillinge ging. "Geburtstag". "Weihnachten". "Silberne Hochzeit". Bis Ostern hat sie es nicht geschafft. Es hat nicht viele Tage gegeben im letzten Jahr, an denen ich geschworen hätte, dass sie die nächste Nacht schafft.
Morgenpost Online: Wie sucht man den Sarg aus für sein Kind?
Iris: Da war nichts mit Aussuchen. Der Bestatter hatte nur einen Sarg, der gepasst hat. Aber der war okay.
Eckhard: Der Bestatter sagte, er bestattet im Jahr nur etwa 30 bis 40 Kinder, und es waren in letzter Zeit so viele, dass er nur noch den weißen Sarg hatte.
Iris: Als der Sarg am nächsten Tag gebracht wurde, haben wir erst die Decke und ihr Kopfkissen reingelegt, Eckhard hat Clara in den Sarg gehoben, wir haben sie zugedeckt und ein paar Sachen dazugepackt.
Eckhard: Wir hatten sie nachmittags umgezogen, gewaschen, gewickelt.
Morgenpost Online: Gewickelt?
Iris: Eben fertig gemacht. Wie man es so macht.
Morgenpost Online: Ein Kleid angezogen?
Iris: Um Himmels willen, kein Kleid, sie hat fast nie Kleider getragen, das war viel zu unbequem, es wäre immer hochgerutscht. Sie war aber schon als Baby irgendwie ein Jungstyp, hat gern im Matsch gespielt, ist gern geklettert, gern wild gewesen. Nein, es war ein beiges Shirt, beige mit Rosa, und eine bequeme Hose, die ihre Oma für sie genäht hatte.
Morgenpost Online: Dann wurde sie abgeholt?
Eckhard: Am nächsten Morgen.
Morgenpost Online: Habt Ihr sie noch mal gesehen?
Iris: Das wollten wir nicht. Ich weiß ja auch, wie schnell das geht, die Leute verändern sich nach dem Tod. Ich sehe das in meinem Beruf, ich wollte das nicht an meinem Kind sehen. Ich habe ein Foto gemacht.
Morgenpost Online: Von ihr im Sarg?
Iris: Ja, mit den Dingen, die wir mit reingetan haben. Zwei Bücher…
Morgenpost Online: Welche?
Iris: "Max und der Puppenwagen", "Max und der Keks", glaube ich. Dann einen kleinen Holzengel, ein grün-blaues Edelsteinherz, eine blaue Stoffameise, die wir immer zum Lagern benutzt haben im Auto, damit Clara sich nicht stieß, eine Papierblüte, die die Schwestern in Peking für sie gefaltet haben, und die Decke, die sie begleitet hat. Das war schon ihre Babydecke.
Morgenpost Online: Was machst Du mit dem Bild?
Iris: Das ist auf dem Desktop als Datei. Die ersten Tage habe ich es mir nicht angesehen. Aber mittlerweile schon öfter. Und jetzt geht es auch.
Morgenpost Online: Warum siehst Du Dir das an?
Iris: Sie sieht da friedlich aus und zufrieden.
Morgenpost Online: Eure anderen Kinder haben bei der Beerdigung den Sarg getragen.
Iris: Ja, das war ihr Vorschlag.
Ein paar Wochen später, wieder im Haus der Dycks. Die beiden wollten das Wohnzimmer nur tapezieren, und dann fanden sie Schimmel im Dach. Das Dach muss erneuert werden, ein riesiges Loch ist schon jetzt in der Wohnzimmerdecke, das Zimmer selbst nur noch Baustelle, die vielen Bilder von Clara mussten erst mal weg. Eckhard Dyck renoviert selbst, er hat Zeit, denn er hatte sich, als er 2005 arbeitslos wurde, Vollzeit um Clara gekümmert, während Iris Dyck wieder als Kriminalhauptkommissarin arbeitete. Wir sitzen im Garten, über uns ab und an das Brummen von Flugzeugen, die den Flughafen Tegel ansteuern. Wir wollen über Erinnerung sprechen. Und darüber, wie es weitergehen kann.
Morgenpost Online: Ich habe das Band von unserem letzten Interview abgehört und gemerkt: Ich spreche mit einer ganz anderen Stimme mit Euch, wenn wir über Clara sprechen. So, als säße ich in der Kirche.
Iris: Diese todernste Stimme hört man ganz oft. Das ist die obligatorische Reaktion. Dass normal über Clara gesprochen wird, das gibt's eigentlich gar nicht.
Eckhard: Ich hab' mir noch nie Gedanken darüber gemacht, aber im Nachhinein: kann schon sein.
Oft kommt die Trauer unerwartet
Morgenpost Online: Iris, Du hattest mir nach unserem Gespräch eine Mail geschrieben. Du hast geschrieben, dass Ihr Euch nicht mal nach der Beerdigung so ausgelaugt gefühlt habt.
Iris: Gerade in den ersten Tagen nach Claras Tod war es sehr schwierig, über sie zu sprechen.
Eckhard: Das kommt aber auch auf die Situation an. Manchmal trifft es einen unerwartet, manchmal kann man normal darüber reden.
Morgenpost Online: Wann unerwartet?
Iris: Das passiert immer wieder. Vor zwei Tagen kam ein Beileidsbrief von jemandem, der es erst jetzt erfahren hat. Da steigen die Tränen wieder hoch. Gestern war ich beim Tierarzt, da spricht mich jemand hier aus der Straße an, wie es Clara geht, sie hätten sie schon lange nicht mehr gesehen. Das ist schwer. Und dann kam noch: "Na Gott sei Dank. Hat sie es ja überstanden." Das will ich nicht hören, aber gestern war es ganz gut für meinen Gemütszustand.
Morgenpost Online: Gab es denn irgendeine Reaktion, die tröstlich war?
Iris: Definitiv nicht tröstlich war der Satz: "Du hast ja noch vier Kinder."
Morgenpost Online: Das hat jemand gesagt?
Iris: Das hat jemand gesagt. Aber jede einzelne Trauerkarte war ein Trost, jeder, der in die Kapelle zur Beerdigung gekommen ist, war ein Trost. Aber am meisten gebraucht haben wir an diesem Tag doch die anderen Eltern, die auch schon ein Kind verloren hatten. Da musste man nichts sagen, die haben einen einfach in den Arm genommen, weil sie den Verlust mitfühlen konnten. Wunderbar war es, als einer der Therapeuten einfach gesagt hat: "Es ist so schade, dass Clara so früh gestorben ist. Sie war so ein tolles Kind."
Morgenpost Online: Was sagen denn andere Eltern aus der Selbsthilfegruppe, wie es weitergeht mit der Trauer?
Iris: Es gibt Paare, die feiern auch Jahre danach noch den Geburtstag der Kinder. Viele sagen, die Trauer kommt in Wellen. Ich merke das auch. Neulich hatte ich eine Phase, eine Woche nachdem Du da warst, da war es ganz böse. Da kamen mir jede Nacht die Tränen, und ich habe so viel nachgedacht: Wie war das, als sie gestorben ist? Und wie war das, als du sie das letzte Mal in den Arm nehmen konntest? Warum hast du ihr die CD, die sie so gemocht hat, nicht mehr vorgespielt? Und im Moment geht es mir besser. Da ist jetzt eine Akzeptanz: Sie ist nicht mehr bei uns, aber trotzdem ist sie mir nah.
Morgenpost Online: Habt Ihr durch die Pflege von Clara etwas für Eure Pflege im Alter gelernt?
Eckhard: Habe ich mir noch nie drüber Gedanken gemacht.
Iris: Nein?
Eckhard: Du?
Iris: O ja! Es ist ja nicht so, dass ein Leben wie das von Clara per se lebenswert ist, aber man kann es lebenswert machen. Da läuft heute so viel schief. Das kann man nicht mit der Stechuhr machen.
Eckhard: In so einer Pflegeeinrichtung möchte ich eh nie landen.
Iris: Na siehste, da hast Du also doch was gelernt.
Eckhard: Na ja, aber das, was wir mit Clara gemacht haben, diesen Aufwand, den kann doch keiner bringen. Das kann man doch nicht bezahlen, wenn man es nicht selbst macht.
Iris: Aber man kann immer was machen.
Morgenpost Online: Ihr wart häufiger mal im Fernsehen, in Zeitungen. Warum?
Iris: Genau genommen hat die Presse uns gefunden, wir haben nie einen Journalisten oder jemanden vom Fernsehen angesprochen. Aber wir waren durchaus bis zu einem gewissen Grade bereit, in die Öffentlichkeit zu gehen, weil man nur so Informationen über die Krankheit weitergeben kann. Ich meine, allein, damit die Krankheit mal richtig diagnostiziert wird: In Süddeutschland gibt's angeblich nur zwei Fälle, das kann so nicht sein. Es ist unmöglich, dass die Krankheit nur im Norden Deutschlands diagnostiziert werden kann, weil woanders niemand die Symptome erkennt. Wenn dann ein Artikel oder Film kommt, dann wissen zumindest ein paar mehr Leute über NCL Bescheid. Bei einem krebskranken Kind gehen dann alle zur Stammzellenspende, da ist doch auch viel Hilfsbereitschaft vorhanden.
Morgenpost Online: Hattet Ihr das Gefühl, dass Leute wirklich mitfühlen – oder sagen sie das nur?
Iris: Ich weiß ja auch nicht, ob ich das richtig verstehen könnte, wenn ich nicht betroffen wäre. Man sieht: schwer krankes Kind, wird sterben, ganz schlimm, aber darüber hinaus?
Morgenpost Online: Vielleicht wollen manche es auch nicht so genau wissen.
Iris: Das kommt schon vor. Es gibt Betroffene, die deshalb nicht in die Selbsthilfegruppe gehen. Weil sie nicht sehen wollen oder können, was noch kommt.
"Sie war wie eine kleine strahlende, sehr lebhafte Kämpferin"
Morgenpost Online: Wenn Ihr das alles vor Claras Geburt gewusst hättet, hättet Ihr sie bekommen?
Iris: Das ist eine schwierige Frage. Ich hätte meinem Kind vieles gern erspart. Um ihretwillen. Aber um unsertwillen? Sie ist unser Kind. Es gab einfach viele wunderbare, perfekte Momente mit ihr. Das erste Jahr. Nie krank. Aber auch später. Es gab so viel Schönes mit ihr.
Morgenpost Online: An was erinnert Ihr Euch besonders? Was hat Clara zu Clara gemacht?
Iris: Sie war wie eine kleine strahlende, sehr lebhafte Kämpferin. Ein Kind mit einem ganz klaren, sonnigen, liebenswerten Wesen, das trotzdem seinen eigenen Willen hatte, manchmal auch eigenwillig war, Eis über alles geliebt hat und zu dem einem weniger die Wörter "elegant" oder "zart" einfallen, sondern eher "robust", "kräftig", "bodenständig", ein richtiger Wonneproppen halt. Sie hatte einen ausgeprägten Sinn für Humor. Lob hat sie immer zu Höchstleistungen animiert. Sie war gerne in der Gesellschaft von lebhaften Leuten, die sie auch mal in den Arm genommen haben. Und sie konnte es überhaupt nicht ausstehen – auch als sie schon lange, lange nichts mehr sagen und sich nicht mehr bewegen konnte –, wenn sich jemand über ihren Kopf hinweg unterhalten hat, womöglich sogar über sie. Dann wurde sie unruhig und bekam einfach mehr Zuckungen bis hin zu einem Anfall.
Eckhard: Sie war angstfrei und schwindelfrei. Sie musste immer jede Leiter besteigen. Sie hatte einen ungeheuren Drang nach oben.
Morgenpost Online: Was fandet Ihr äußerlich am schönsten?
Eckhard: Die Augen mit den langen Wimpern. Kinder mit spätinfantiler NCL sind in der Regel sehr hübsch, sie haben durch den Gendefekt fast alle sehr lange Wimpern.
Iris: Und die Haare.
Eckhard: Sie hatte wunderbare Haare. Auch wenn wir die ein paar Mal abschneiden mussten wegen der Operationen.
Morgenpost Online: Wenn Ihr die Zeit mit Clara in der Rückschau betrachtet – ist die dann eher langsam oder schnell vergangen?
Iris: Kommt drauf an. So eine Nacht kann einem unheimlich lang vorkommen, aber alles in allem ist die Zeit doch schnell vergangen.
Eckhard: Die letzten zehn Jahre – schwupp, weg.
Morgenpost Online: Was ist mit der freien Zeit, die Ihr nun habt?
Iris: Man kann das schwer beschreiben. Neulich haben wir draußen mit den Kindern gesessen und gegrillt, und es war mild und schönes Wetter und harmonisch. Aber ich dachte: Das ist nicht richtig. Clara fehlt. Wo würde sie jetzt sitzen? Wir hätten nie alle dagesessen, mit ihr zusammen, das hätte sie längst nicht mehr geschafft.
Morgenpost Online: Was kommt jetzt?
Eckhard: Ich müsste einen neuen Job finden, ich muss noch acht Jahre arbeiten. Wird bestimmt nicht so einfach werden. Jetzt mache ich erst mal das Dach.
Iris: Jetzt geht es einfach weiter. Marcel hat eine Stelle gefunden, Yvonne macht ihren Master, Gero hat einen Ausbildungsplatz gefunden, Richard hat das Schuljahr trotz allem irgendwie bestanden. Ich gehe weiter zur Arbeit. Das Leben geht einfach weiter. Und trotzdem ist alles anders. Auf einem der Grabsteine stand: "Alles ist wie immer – und nichts ist, wie es war." Genauso ist es.
Morgenpost Online: Wenn Ihr zum Friedhof geht, ist Euch bewusst, dass sie dort liegt?
Iris: Am Tag der Beerdigung war der Gedanke fast unerträglich, gerade als ich den Sarg wiedergesehen habe. Jetzt finde ich es eher beruhigend.
Eckhard: Weißt Du, was mir auf dem Friedhof dort aufgefallen ist? Wie viele Leute jung sterben, gerade Frauen.
Iris: Es gibt auch viele Kinder, die dort liegen.
Morgenpost Online: Wenn Euch jemand fragt, wie viele Kinder Ihr habt, was sagt Ihr dann?
Iris: Fünf. Wir haben bis an unser Lebensende fünf Kinder. Vielleicht wird ja die Trauer irgendwann weniger, das weiß ich jetzt noch nicht, aber wir werden immer fünf Kinder haben.