Bundespräsident Christian Wulff (51) hatte als Kind einen ungewöhnlichen Job. „Mit acht Jahren habe ich die Scheiben von Autos an der Tankstelle geputzt. Ich habe 9,65 Mark in einer Wochen verdient“, erzählte Wulff am Dienstagabend bei einer Ausstellungseröffnung in Berlin. Das erste Einkommen könne eine für das Leben prägende Erfahrung sein. Er sei damals sehr stolz auf seine erste selbst verdiente Mark gewesen.
Die Ausstellung zeigt 3500 Schuhputzkisten von äthiopischen Kindern, die sich in ihrer Heimat mit Straßenarbeiten durchschlagen müssen. Zahlreiche afrikanische Botschafter nahmen an der Veranstaltung in den Potsdamer Platz Arkaden teil. Der angekündigte Langstrecken-Olympiasieger Haile Gebreselassie ließ sich bei der Eröffnung entschuldigen, weil er sich auf den Marathon in New York vorbereitet.
Eigentlich sollte der zurückgetretene Bundespräsident Horst Köhler die Eröffnungsrede halten. Er hatte sich stets für Afrika stark gemacht. „Meine Anwesenheit ist auch eine gewisse Verbeugung vor Horst Köhler“, sagte Wulff unter großem Applaus hunderter Gäste. Der Kontinent Afrika habe Unterstützung verdient.
Die Ausstellung „Perspektivwechsel“ wurde von dem gemeinnützigen Berliner Verein Listros organisiert. Sie soll dazu anregen, die westliche Sicht auf Afrika zu hinterfragen. Initiator ist der Äthiopier Dawit Shanko, der sich einst selbst als Schuhputzer sein Schulgeld verdiente. Seit 2003 setzt sich der heute 40-Jährige dafür ein, die Lebensbedingungen äthiopischer Kinder zu verbessern und ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben. Äthiopien gehört zu den ärmsten Ländern der Welt.
Wulff sagte, auch Brasiliens Präsident Lula habe einmal als Schuhputzer angefangen. „Er ist ein Vorbild für mich“, sagte er. Und fügte unter dem Gelächter der Zuschauer hinzu: „Es hat mich sehr beeindruckt, weil er erst im vierten Wahlgang gewählt wurde – und ich ja erst im dritten.“