Loveparade

63 Ermittler suchen nach den Verantwortlichen

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Duisburg bereitet sich auf die Trauerfeier vor, OB Sauerland will vorerst nicht zurücktreten und eine Sonderkommission fahndet nach den Schuldigen.

Eine Woche nach dem Tunnel-Drama bei der Loveparade in Duisburg trauert ein ganzes Land: In allen Bundesländern wurde für Samstag eine Trauerbeflaggung angeordnet. In Duisburg selbst wird von 11 Uhr an mit einem zentralen Gottesdienst der 21 Opfer gedacht. Zehntausende werden im Herzen der Stadt erwartet, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Christian Wulff (CDU). Für den anschließenden Trauermarsch sind nach Angaben der Polizei 20.000 Teilnehmer angemeldet. Auch Botschafter und ausländische Regierungsvertreter werden erwartet.

Am Samstag vor einer Woche führte eine Massenpanik am Eingang zum Gelände der Lovesparade zum Unglück. Zahlreiche Besucher kamen zu Tode, mehr als 570 Menschen wurden verletzt. Noch heute liegen 25 junge Menschen in den Kliniken. Laut Aussagen der behandelnden Ärzte befindet sich aber kein Verletzter mehr in Lebensgefahr. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, forderte noch einmal eindringlich eine Lückenlose Aufklärung der Katastrophe. Das Drama von Duisburg gilt jetzt schon als das größte Unglück bei einer öffentlichen Veranstaltung in Deutschland.

Die Kölner Polizei hat inzwischen mit einer 63 Beamte umfassenden Sonderkommission die Ermittlungen büer die Hintergründe und vermutliche Verantwortlichen begonnen. Nach einem ersten Untersuchungsbericht der NRW-Landesregierung hat der Veranstalter der Loveparade zahlreiche Sicherheitsauflagen nicht eingehalten und nicht für ausreichend Ordner-Kräfte an neuralgischen Punkten gesorgt. Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) sprach in einer ersten Analyse davon, dass das gesamte Ordnersystem des Veranstalters unter dem Ansturm der Menschen zusammenbrach.

Vorwürfe muss sich jedoch auch die Stadt Duisburg machen lassen. Zahlreiche Warnungen und Hinweise auf Sicherheitsrisiken sollen ignoriert worden sein. Insbesondere Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) will Widerstände in der eigenen Verwaltung übergangen haben. Daher fordern seit letzten Montag immer mehr auch eigenen Parteifreund seinen Rücktritt. Selbst aus dem Bundeskanzleramt war zu hören, dass Kanzlerin Angela Merkel vor ihrem Besuch in Duisburg das Thema „vom Tisch haben will“. Auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), legte Sauerland den Rücktritt nahe. Sauerland trage die politische Verantwortung und „hafte“ damit auch politisch für mögliche Fehler seiner Mitarbeiter, sagte Bosbach. „Ob ich eine Verfügung unterschrieben habe oder nicht, ist völlig zweitrangig“, fügte er hinzu.

Sauerland selbst hält weiterhin an seinem Amt fest. Spekulationen über seinen Rücktritt kommentierte er salopp: „Das können Sie in die Tonne kloppen.“ Möglicherweise spielen auch finanzielle Aspekte eines Rücktritts eine Rolle. Der Schaden für die Partei hingegen wird durch Sauerlands Weigerung immer größer, zumal er sich auch nicht aktiv an der Aufklärung der Katastrophe beteiligt.

Derweil erhöhen nun die Oppositionsparteien im Duisburger Rathaus den Druck auf Sauerland. Die Ratsfraktion der Linken hat die Abwahl des Oberbürgermeisters für die nächste Ratssitzung im Oktober beantragt. SPD und FDP wollen das Vorhaben unterstützen. Zum Zünglein an der Waage dürfte die Fraktion der Grünen werden. Bisher haben sie die Politik Sauerlands mitgetragen. Sie könnten eine Abwahl verhindern. „Wir wollen als Fraktion erst einmal die Aufklärung“, betonte Fraktionsmitglied Frank-Michael Rich. Erst wenn die Verantwortlichkeiten klarer seien, werde seine Fraktion „entsprechende Konsequenzen“ fordern.?

Aus dem Umfeld von Sauerland war zu hören, dass sich der frühere Berufsschullehrer der Abwahl stellen wolle. Dies deutete darauf hin, dass er auf eine attraktivere Pensionsregelung abzielt. Zuvor hatte Sauerland betont, er wolle an Bord bleiben, um die Aufklärung des Unglücks voranzutreiben.

( Frank Seidlitz und Guido Hartmann )