Die Deutschen hat es kalt erwischt. Sibirische Kälte hat das Land im Griff und legte den Verkehr zu Land, zu Wasser und in der Luft lahm. Betroffen ist wieder vor allem der Osten. In Thüringen hat das Wetter ein erstes Todesopfer gekostet. Heute Nacht soll es noch kälter werden.
Arktische Kälte hat die Temperaturen in der Nacht zum Dienstag vielerorts auf unter minus 20 Grad sinken lassen. Weite Teile des Ostens waren am Morgen tiefgefroren. „Vor allem zwischen dem Erzgebirge und der Niederlausitz gingen die Temperaturen teils deutlich unter minus 20 Grad zurück“, sagte Nils Dick vom Wetterdienst meteomedia.
Den tiefsten Wert habe meteomedia im sächsischen Delitzsch mit minus 26,0 Grad gemessen. In Garsebach bei Meißen wurden minus 24,8 und in Dippoldiswalde-Reinberg minus 24,5 Grad erreicht. Vereinzelt sei es auch im Westen kälter als minus 20 Grad gewesen, so im westfälischen Lippstadt-Bökenförde bei minus 23,2 Grad. Im Süden war es nicht so kalt.
In der Nacht zum Mittwoch wird es voraussichtlich noch etwas kälter. Betroffen ist wieder vor allem der Osten. In Sachsen, Thüringen, den südlichen Teilen von Sachsen-Anhalt und Brandenburg sowie in Franken muss laut meteomedia wieder mit Temperaturen unter minus 20 Grad, stellenweise auch unter minus 25 Grad gerechnet werden.
Ähnlich kalt wie zurzeit war es in Deutschland nach meteomedia- Angaben flächendeckend zum letzten Mal vor 22 Jahren: Am 14. Januar 1987 herrschte vor allem in der Mitte und im Gebiet der damaligen DDR verbreitet strenger Dauerfrost. In Leipzig wurde damals der Tiefstwert von minus 27,6 Grad gemessen.
In Thüringen hat die Kälte eine Frau das Leben gekostet. In Weimar erfror die 77-Jährige in der Nacht zum Montag, wie die Polizei mitteilte. Die an Altersdemenz leidende Frau sei seit Sonntagabend in einem Seniorenheim vermisst worden. Eine Postzustellerin habe die Tote in einer Gartenanlage gefunden, sagte ein Polizeisprecher.
Viele Berliner sind auf vereisten Wegen und Straßen gestürzt und haben sich verletzt. Die Feuerwehr sei wegen derartiger Unfälle am Montag und Dienstagvormittag häufig gerufen worden, sagte ein Sprecher. Das sei schon eine Art „Trend“ in diesen kalten Tagen. Genaue Zahlen von Verletzten waren aber noch nicht bekannt.
Eis und Schnee stellen nicht nur den Straßenverkehr, sondern auch die Bahn vor Probleme. „Die ersten Dieselzüge können bei anhaltender Kälte wie ein Auto morgens erstmal nicht anspringen“, sagte ein Bahnsprecher. Im Lauf des Tages erledige sich das Problem aber von selbst. Weitere Schwierigkeiten bereite die arktische Kälte auch beim An- und Abkoppeln von Waggons.
Für spürbare Verspätungen sorgen bei Tiefkühl-Temperaturen meist vielfältige Probleme mit den Weichen. Während neuere Weichen beheizt sind, müssen ältere per Hand von Eis und Schnee befreit werden. Wenn nichts mehr geht, werden deshalb bei der Bahn sogenannte Weichenkehrer eingesetzt. „Auf vielbefahrenen Strecken passiert deutlich weniger, da die Weichen mehr genutzt werden“, erläuterte der Sprecher.
Doch selbst wenn die Weiche mal frei ist, ist ungebremste Fahrt nicht garantiert. „Unter dem Zug sammeln sich bei so einer Wetterlage Eis, Schnee und Dreck und verklumpen dort“, sagt der Sprecher. Da die Bahn beim Überfahren einer Weiche leicht ruckele, lösten sich dann häufig Eisklumpen und blockierten die Weiche. Damit die fallenden Brocken die Weiche nicht beschädigen, dürften alle Züge bei der momentanen Wetterlage nicht schneller als etwa 200 Stundenkilometer fahren. Verspätungen auf Schnellfahrstrecken – auf denen Züge sonst mit bis zu 300 Stundenkilometern unterwegs sind – seien deshalb derzeit nicht zu vermeiden.
Der strenge Frost behindert auch die Binnenschifffahrt auf dem Mittellandkanal. Wie eine Sprecherin des Wasser- und Schifffahrtsamts am Dienstag auf ddp-Anfrage in Hannover mitteilte, sind tagsüber unentwegt vier Eisbrecher im Einsatz, um ein Zufrieren der Wasserstraße zu verhindern. Binnenschifffahrt sei aber möglich, es gebe nur leichte Beeinträchtigungen.
Die Eisbrecher sind laut der Sprecherin überwiegend zwischen Minden und Hannover sowie in den Stichkanälen nach Hildesheim, Salzgitter und Hannover-Linden im Einsatz. Die Eisschollen waren am Dienstagmorgen drei bis sechs Zentimeter dick. Ab Mittwoch will das Wasser- und Schifffahrtsamt auch drei Eisbrecher auf dem Elbe-Seitenkanal einsetzen.
Fast acht Stunden lang mussten Passagiere in einer Condor-Maschine auf dem Frankfurter Flughafen ausharren und auf ihren Abflug nach Havanna warten. Bis das Flugzeug am späten Montagnachmittag abhob, durften die 206 Gäste an Bord ihre Plätze nicht verlassen. „Niemand erlaubt uns Bewegen, Rauchen, Telefon aufladen“, berichtete ein Passagier der Deutschen Presse-Agentur dpa per Handy-Kurznachricht. Eine Sprecherin der Fluggesellschaft bestätigte den Vorfall und begründete die außergewöhnlich lange Wartezeit mit „einer Verkettung unglücklicher Umstände“.
Wegen der starken Schneefälle habe es einen extremen Stau vor der Enteisungs-Anlage des Flughafens gegeben. Nachdem die Maschine schon zwei Stunden in der Warteschlange gestanden hatte, stellte die Crew fest, dass sie – den zehnstündigen Flug eingerechnet – die zulässige Dienstzeit überschreiten würde. Zum Austausch der Mannschaft musste die Maschine dann wieder auf das Vorfeld rollen und sich anschließend erneut am Ende der Warteschlange anstellen.
Statt um 9.25 Uhr hob die Maschine erst um 16.42 Uhr in Richtung Kuba ab. Die Sprecherin sagte, für die Passagiere sei der Vorfall, für den man sich entschuldige, „höchst unangenehm“.
Trotz einer traumhaften Winterlandschaft reicht die Schneedecke in der Eifel nur knapp für die Skiabfahrt. Die Wintersportzentren in Hellenthal (Kreis Euskirchen) und Monschau- Rohren (Kreis Aachen) stellten am Dienstag die Skilifte an. Bei Schneehöhen bis zu 15 Zentimeter waren die Langlaufloipen nicht gespurt.
Bei Glätte und klirrender Kälte haben sich am Dienstagmorgen auf Brandenburgs Straßen rund 130 Verkehrsunfälle ereignet. Von den 49 von Mitternacht bis zum Vormittag in der Osthälfte des Landes registrierten Unfällen seien 23 auf die Witterung zurückzuführen, teile das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) auf Anfrage mit. In der Westhälfte Brandenburgs krachte es nach Angaben des Potsdamer Präsidiums 80 Mal, auch hier sei ein Großteil durch glatte Straßen bedingt gewesen.
dpa/ddp/gr