Berlin. Sebastian Polter versucht, gute Miene zum wenigen Spielen zu machen. Und natürlich gelingt es ihm auch. Der Fußball-Profi des 1. FC Union hat es zu seiner Grundeinstellung gemacht, stets das Positive in den Vordergrund zu stellen.
Also sagt der Angreifer des Aufsteigers: „Letztendlich habe ich schon 53 Bundesligaspiele auf dem Buckel. Momentan bin ich zweimal von der Bank gekommen, damit muss man als Fußballer kurzzeitig umgehen können.“
Da ist die Einschränkung, die offenbart, dass dieser Vollblutstürmer sich nur ungern ins zweite Glied versetzen lässt. Doch bei Trainer Urs Fischer, erst recht nach dem Sprung ins Oberhaus, droht Polter eine eiserne Banklehre, die ihn zum Nachdenken bringen wird.
Bislang nur zwei Kurzeinsätze für Polter
Es ist wie so oft nach einem Aufstieg. Eben noch gefeierter Held, im nächsten Augenblick nur noch Reservist, weil der Verein seine Mannschaft qualitativ verstärkt hat. Das ist auch bei Union der Fall.
Mit Anthony Ujah und Marcus Ingvartsen hat Polter zwei weitere Konkurrenten im Kampf um den Platz in der Spitze bekommen, neben Sebastian Andersson, mit dem er sich bereits in der vergangenen Zweitliga-Saison auseinandersetzen musste. Ingvartsen wird von Fischer im offensiven Mittelfeld eingesetzt. Macht zwar einen Konkurrenten weniger, dennoch zeigt die Statistik der ersten drei Spiele, wie es um Polter bestellt ist.
Andersson (179 Spielminuten) und Ujah (195) kommen jeweils auf zwei Einsätze von Beginn an, dazu jeweils eine Einwechslung. Bei Polter stehen zwei Kurzeinsätze zu Buche, insgesamt 40 Minuten. Und während Andersson beim Sensationssieg gegen den BVB komplett durchspielte, blieb Polter draußen und reichte seinen Teamkollegen bei Unterbrechungen die Trinkflaschen.
Vorlage zu Unions Premieren-Tor
„Ich versuche, alles daranzusetzen, Stürmer Nummer eins zu sein, der Stürmer, der von Anfang an spielt“, sagte Polter: „Das ist mein Anspruch. Ich setzte mich da aber selber nicht unter Druck, sondern versuche, die Spielzeit, die ich habe, effizient zu nutzen. Das ist mir in der Vergangenheit bei Union immer wieder gelungen.“
Wie in Augsburg, wo er Unions Premieren-Tor durch Andersson zum 1:1 mit einem mustergültigen Querpass vorbereitete. Und jubelte, als wäre es sein eigener Treffer gewesen.
„Ich definiere mich schon über Tore, aber in diesem Moment war es richtig, den Ball rüber zu Sebastian zu spielen. Ich pushe mich dann gern, um den Schwung für mich mitzunehmen. Deshalb habe ich das gefeiert wie mein Tor“, erklärte Polter.
Polter ist im besten Fußballer-Alter
Nein, er ist sicher kein Spieler, der einfach so aufgeben wird. Das hat der gebürtige Wilhelmshavener immer bewiesen. Auf dem Platz und erst recht abseits des Rasens.
Wie Phoenix aus der Asche kam er vor knapp einem Jahr nach seiner Achillessehnenverletzung zurück, die ihn über sechs Monate außer Gefecht gesetzt hatte: mit einem Fallrückzieher-Tor und einer Vorlage beim ersten Comeback-Einsatz gegen Kiel (2:0).
Polter wird auch dieses Mal kämpfen. Er muss es, wenn sein am Saisonende auslaufender Vertrag bei Union verlängert werden soll. Er will seinen Klub mit Leistung überzeugen, „dass er längerfristig mit mir planen kann. Dass ich nicht daran denke, wieder Rückschritte zu machen oder an mein Karriereende zu denken.“ Warum auch, Polter ist 28, im besten Fußballer-Alter, und eine angedachte Trainer-Laufbahn noch ganz weit weg.
„Ich habe Union ins Herz geschlossen“
Und Union verlassen, um woanders neu durchzustarten? „Diesen Gedanken gab es für mich überhaupt nicht. Ich habe Union ins Herz geschlossen. Warum soll ich den Verein verlassen, nur weil Konkurrenz dazugekommen ist? Ich bin hierhergekommen, um mit Union in der Bundesliga zu spielen. Genau das habe ich jetzt.“
In Sachen Startelf reicht es derzeit jedoch nur für den Drittligisten Chemnitzer FC, gegen den Union am Donnerstag (17.30 Uhr) in Hoyerswerda testet. Im besten Fall 90 Minuten Zeit, um Trainer Fischer davon zu überzeugen, wieder verstärkt auf ihn, den Publikumsliebling, zu setzen.
Bei aller positiven Einstellung ist ihm anzumerken, dass die derzeitige Situation nicht seinen Vorstellungen entspricht. Im Training geht der Kopf schon nach unten, wenn wieder mal ein Ball im Zweikampf verloren wurde, ein Pass direkt beim Gegenspieler landete oder ein geforderter Lauf in die Tiefe zu früh abgebrochen wurde – alles innerhalb weniger Minuten.
Polter steht bei den Fans hoch im Kurs
Seinen Status bei den Fans hat er dennoch nicht verloren. „Ich glaube schon, dass ich dem Verein auch mit meiner offenen, ehrlichen Art in schwierigen Situationen geholfen habe. Ich denke auch, dass ich bei den Fans einen relativ guten Stand habe, weil ich immer offen und ehrlich auf dem Platz arbeite und mich nie als einzelner Spieler in den Vordergrund gestellt habe, sondern immer das große Ganze gesehen habe“, erklärte Polter. Sein Kampf um einen neuen Vertrag ist längst in vollem Gange.
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