Berlin. Schon im Jahr 2001 träumten sie in Magdeburg von einer besseren Zukunft, einer Zukunft in der Zweiten Liga. Damals, als der 1. FC Magdeburg in einer finanziellen Notlage nur durch eine Spendenaktion der Fans doch noch in die Regionalliga aufsteigen konnte. Als Dank bekam jeder spendenwillige Helfer eine „Future Card“. Eine Eintrittskarte für die Zukunft, die kostenlosen Eintritt zu einem Drittligaspiel, einer Partie im neuen Stadion und eben einem Zweitligaspiel versprach.
17 Jahre sind vergangen, seitdem diese Tickets verteilt wurden. 17 Jahre, in denen die Fans schon zwei der drei versprochenen Spiele besuchen konnten: im Winter 2006/07 im neuen Stadion, ab der Saison 2015/16 in der dritten Liga. Und nun hoffen sie in Magdeburg, dass Teil drei der fußballerischen Zukunftsvision bald in Erfüllung geht. Am Sonnabend soll es soweit sein. Mit einem Sieg im Heimspiel gegen Fortuna Köln (14 Uhr, Telekomsport) könnte der 1. FCM drei Spieltage vor Saisonende nicht mehr von einem Aufstiegsplatz verdrängt werden.
„Natürlich wollen wir gleich den ersten Matchball verwandeln und den Aufstieg, auf den diese Stadt schon so lange wartet, gebührend zu Hause feiern“, sagt Trainer Jens Härtel. In Magdeburg warten sie schon seit knapp drei Jahrzehnten auf bessere Zeiten. Nach der Wende verschwand der Klub aus dem Profifußball, konnte sich erst 25 Jahre später zurück in die dritte Liga kämpfen. Dort schrammte Magdeburg gleich in der ersten Saison nur knapp vorbei an der Relegation. In der Saison darauf das gleiche Spiel nochmal.
Magdeburg ist endlich schuldenfrei
In diesem Jahr sieht alles danach aus, als würde es endlich klappen. Der Verein ist nach Jahren der Misswirtschaft schuldenfrei, arbeitet ohne großen Investor, dafür mit vielen lokalen Sponsoren. „Es gibt für alle das eine große Ziel und das heißt Aufstieg Zweite Liga. Dem haben sich alle untergeordnet“, sagt Maik Franz. Der Ex-Herthaner ist Assistent der Geschäftsführung und Baustein des Konzeptes, mit dem Magdeburg Richtung Liga zwei marschiert. Konstanz und Kompetenz lautet die Devise. Beständigkeit bringt Trainer Härtel, der seit mehr als vier Jahren an der Seitenlinie steht. Für die Kompetenz insbesondere in Transferfragen haben sie Anfang 2016 Franz geholt. „Der Maik ist ein Puzzlestein, wie so viele in diesem Verein, die für den Verein und die Mannschaft arbeiten“, sagt Härtel, der von 2011 bis 2013 den Berliner AK trainierte.
Auf den 48-Jährigen wartet beim anvisierten Aufstieg ein Wiedersehen mit der Vergangenheit – ein Derby mit dem 1. FC Union. Härtel machte in den Neunzigerjahren insgesamt 137 Spiele für die Köpenicker. Bis es zur ersten Auflage des neuen Derbys in der Zweiten Liga kommt, stehen Magdeburg aber noch drei Spieltage eine Etage tiefer bevor. „Wenn wir uns jetzt noch den Aufstieg versauen, können wir mit dem Fußball aufhören“, sagt Stürmer Christian Beck, der am Dienstagabend im Nachholspiel gegen Carl Zeiss Jena (5:1) mit einem sehenswerten Dribbeltreffer á la Jay-Jay Okocha aufblitzen ließ, warum der 1. FCM Aufstiegsanwärter ist.
Wenn es endlich so weit ist, kann an der Elbe die große Party starten. „Wenn es was zu feiern gibt, dann müssen wir feiern, dann sollen die Jungs feiern, dann sollen die Fans feiern. Sowas sind Ausnahmezustände und die muss man und soll man dann auch kräftig genießen“, sagt Franz. Ausnahmezustände aufgrund fußballerischer Erfolge kennen viele in Magdeburg nur noch aus Erzählungen. Die Erinnerungen an die ruhmreichen Siebziger, als der Klub 1974 als einzige DDR-Mannschaft den Europapokal der Pokalsieger gewinnen konnte, werden stets lebendig gehalten. Die Namen der Generation, die den AC Mailand mit 2:0 schlug, ehrfurchtsvoll ausgesprochen. Jürgen Sparwasser, Wolfgang Seguin – sie sind Legenden in Magdeburg. Und wenn es nach den Fans des 1. FCM geht, dann soll am Sonnabend eine neue Legenden-Generation hinzukommen.
Simon Hedlund – Unions Heilsbringer