Wer ist wirklich die Nummer eins im Fußball-Osten? Ausgerechnet vor dem brisanten Duell bei Hansa Rostock sorgen Fans des Fußball-Zweitligisten 1. FC Union für ein negatives Erscheinungsbild ihres Klubs. Experten stufen die Partie als Risiko-Spiel ein.
Selbstverständlich geht es um drei Punkte. Um mehr noch, um die Frage nämlich, wer denn nun die Nummer eins im Fußball-Osten ist. Wenn der 1. FC Union am Sonnabend (13 Uhr, Sky live) zum Zweitliga-Duell bei Hansa Rostock antritt, wird diese Frage ein kleines Stück weiter beantwortet werden. Doch am Wochenende geht es an der Ostsee vor allem um eines: die Sicherheit.
Hansa gegen Union – dass die Partie als Risikospiel eingestuft wird, liegt in erster Linie an den Fans der Rostocker, deren Gebaren in den vergangenen Wochen und Monaten dem Klub zu zweifelhaftem Ruhm verholfen haben. Schockierender ist allerdings, dass auch der Anhang der Berliner keinesfalls ausschließlich durch positive Schlagzeilen aufgefallen ist. Die Vorfälle in Bielefeld, bei denen sogar ein Ehrengast der Arminia krankenhausreif geschlagen wurde, sind immer noch präsent. Auch die Randale auf dem Autohof Porta Westfalica zuletzt nach der knappen Niederlage in Düsseldorf beschädigten das positive Bild, das der Großteil der Fans mit der Stadionsanierung und der zahlreichen Unterstützung in der Fremde aufgebaut hat. Diese Vorkommnisse „sollten wir aber nicht verallgemeinern“, warnt Klubchef Dirk Zingler vor einer pauschalen Verurteilung der Union-Fanszene.
Trotzdem kann auch der Union-Boss nicht verhindern, dass die wenigen Chaoten offenbar in Kauf nehmen, dass dem Verein, ihrem Verein, damit geschadet wird. Für die Vorkommnisse in Bielefeld und das Abbrennen von Feuerwerkskörpern im Heimspiel gegen Cottbus musste Union gerade erst eine Geldstrafe in Höhe von 7500 Euro berappen. Dass die Ausschreitungen nach dem Düsseldorf-Spiel, an denen vier von 73 Insassen eines Fan-Busses beteiligt waren, dem Verein vermutlich nur immateriellen Schaden zufügen, macht sie nicht weniger verwerflich. Viel schlimmer: Anders als die Düsseldorfer, die den Feuerzeugwerfer, der Mittelfeldspieler Torsten Mattuschka verletzte, sofort stellten und der Polizei übergaben, konnten sich die Union-Randalierer des Schutzes der breiten Masse im Fan-Bus sicher sein.
Im Vergleich zur Lage in Rostock nehmen sich die Union-Vorfälle dennoch wie Kavaliersdelikte aus, auch wenn sie mitnichten welche sind. Wenn Helmut Spahn, der Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), davon spricht, dass im Osten „Straftaten bewusst geplant und begangen“ und „die Angriffe brutaler“ werden, so trifft das nicht zuletzt auf Rostock zu. Ob beim Gastspiel auf St. Pauli in der vergangenen Saison, beim Heimspiel gegen die Hamburger in dieser Spielzeit oder auch beim Duell gegen Kaiserslautern, wo Hansa-Chaoten sogar versucht haben, den Gästeblock zu stürmen – „es wird gezielt Jagd auf gegnerische Fans gemacht“, erkennt Rostocks Polizeichef Peter Mainka eine Veränderung in der Form der Gewalt.
Zumal an der Ostsee das Verhältnis zwischen Klub und Polizei stark erkaltet ist. Hintergrund ist Hansas Trennung von Sicherheitschef Jörg Hübner, an dessen Demission die Mitglieder der gewaltbereiten Fangruppierung Suptras nicht unerheblich beteiligt gewesen sein sollen. Hübners Entlassung sei ein Ziel der Suptras gewesen, sagt Mainka.
Im Vorfeld des Ostderbys wird jedenfalls alles getan, um zumindest im Stadion und davor Auseinandersetzungen zu verhindern. Mehrere Hundertschaften werden im Einsatz sein, es wird auf strikte Trennung der beiden Fanlager geachtet werden. Das Union-Kontingent von 2490 Tickets ist längst ausverkauft, an den Stadionkassen selbst wird es keine Karten mehr für Gästefans geben. Auch eine Anreise mit dem eigenen Auto sollte besser vermieden werden. Gelingt es allen Seiten, am Sonnabendnachmittag einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht von Provokationen der anderen Seite, die es ohne Zweifel geben wird, beeinflussen zu lassen, dann steht einem stimmungsvollen Derby auch nichts im Weg.