Transferzeugnis

Herthas Transfers: Aus wenig viel gemacht

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Sebastian Stier
Blau-weißes Doppel: Herthas Sportdirektor Benjamin Weber (l.) und Cheftrainer Pal Dardai.

Blau-weißes Doppel: Herthas Sportdirektor Benjamin Weber (l.) und Cheftrainer Pal Dardai.

Foto: Soeren Stache / picture alliance/dpa

Der aktuelle Hertha-Kader trägt erstmals komplett die Handschrift von Sportdirektor Weber. Wie gut ist die Mannschaft wirklich?

Berlin.  Das Spiel an diesem Sonnabend beim 1. FC Magdeburg (13 Uhr, Sky) wird Benjamin Weber in einer besonderen Stimmungslage verfolgen. Der Sportdirektor von Hertha BSC muss sich dann nicht mehr Gedanken machen um Verbesserungen, er wird sein Telefon nicht durchsuchen nach den Nummern von Beratern, die ihm noch diesen und jenen Spieler bringen könnten. Nein, Benjamin Weber wird vom Anpfiff weg Gewissheit haben. Gewissheit, dass es sich jetzt um die Mannschaft handelt, mit der Hertha BSC mindestens bis zur Winterpause Punkte sammeln muss.

Wofür genau, das möchte man bei Hertha um die Weihnachtszeit herum entscheiden. „Die Jungs brauchen keinen Druck, sie sollen den Fußball genießen, aber in den nächsten vier, fünf Spielen möchten wir eine Richtung zeigen“, sagt Trainer Pal Dardai.

Herthas Sportdirektor Weber für Transferperiode voll verantwortlich

Was Hertha bis zum Jahresende erreicht, wo der Klub dann steht, wird nicht nur an Dardai sondern auch an Weber festgemacht werden. Hinter dem liegt gerade die erste Transferperiode, für die er vollständig verantwortlich gemacht werden kann. Die erste im vergangenen Winter fällt unter die Rubrik „ohne Wertung“, weil er erst wenige Tage vor Ablauf der Frist ins Amt gehoben wurde. Mit einem lauten Knall, nach der Freistellung von Fredi Bobic.

Innerhalb von zwei Tagen konnte er kaum retten, was nicht mehr zu retten war. Hertha stieg ab und Weber musste mit seinem Team, bestehend aus Andreas „Zecke“ Neuendorf und der Scouting-Abteilung eine Aufgabe angehen, die anspruchsvoller war als die aller Hertha-Manager in diesem Jahrtausend.

Sportdirektor Weber musste arbeiten wie ein Sanierer

Arbeiten musste er wie ein Sanierer, der Einnahmen generiert, den Klub von teuren Mitarbeiter-Verträgen befreit aber dennoch die Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhält. Die neue Mannschaft musste unter der Prämisse zusammengestellt werden, kaum etwas dafür ausgeben zu dürfen. „Wir mussten im Vorfeld erst etliche Sachen lösen, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen“, sagt Weber, was nichts anderes bedeutet, als das alles raus musste, was unter seinen Vorgängern zu völlig überteuerten Preisen angeschafft wurde.

Hertha hat knapp 32 Millionen Euro eingenommen

Weg sind nun unter anderem Dodi Lukebakio, Lucas Tousart, Krzysztof Piatek, Omar Alderete, Oliver Christensen, Marco Richter oder Filip Uremovic. Suat Serdar konnte immerhin verliehen werden. Insgesamt liegen die Einnahmen laut dem Portal Transfermarkt.de bei knapp 32 Millionen Euro. Gemessen daran, dass all die Aufgezählten einst um die 90 Millionen Euro in der Anschaffung gekostet haben, erscheint die Summe in einem anderen Licht.

Keinen einzigen Spieler konnte Hertha zu den annähernd gleichen Konditionen abgeben wie man ihn einst gekauft hatte. Das liegt zum einen daran, dass Hertha diese Spieler im Rausch der Windhorst-Investitionen völlig marktfremd und überteuert geholt hat, zum anderen daran, dass Weber sie lieber heute als morgen loswerden musste. Herthas angespannte finanzielle Situation erlaubte keinerlei Handlungsspielraum. Jeder Tag, den die Großverdiener auf dem Olympiagelände verbrachten, kostete den Klub Geld das er nicht hatte.

Hertha spart bei den Gehältern der neuen Spieler

Bei allen Zugängen gilt als sicher, dass kein einziger ein Gehalt in der Höhe seiner Vorgänger bezieht. Insgesamt gab Hertha nur etwas mehr als vier Millionen Euro für neue Spieler aus. Fast alle kamen ablösefrei, lediglich Michal Karbownik ist bei einem Preis von 2,5 Millionen Euro als Luxusgut zu bezeichnen. Der Pole hat einige Länderspiele bestritten, genau wie Smail Prevljak, Bilal Hussein und Andreas Bouchalakis. Hussein und Bouchalakis kamen am Donnerstag als letzte Zugänge und schließen die lange Zeit klaffende Lücke im zentralen Mittelfeld.

Herthas Kader ist stimmig, es gibt Alternativen in allen Mannschaftsteilen

Insgesamt erscheint Herthas Kader stimmig, mit Alternativen in allen Mannschaftsteilen. Auch wenn ein weiterer Mann im Mittelfeld nicht hätte schaden können. Von den Einkäufen, die sein Vorgänger Fredi Bobic getätigt hat, sind kaum noch welche da. Diese Mannschaft trägt Webers Handschrift. Auf der Torhüterposition verzichtete der Verein bewusst auf einen Zugang, Tjark Ernst geht als Nummer eins in die weiteren Spiele. Im Fall des nach einer Schlägerei suspendieren Marius Gersbeck möchte Hertha zunächst den Ausgang des Verfahrens abwarten, es darf aber mit einer Rückkehr in den Kader gerechnet werden.

Wichtig war den Verantwortlichen, dass alle Zugänge neben der wirtschaftlichen Darstellbarkeit eine hohe Motivation mitbringen, für Hertha BSC zu spielen. Was die Einstellung des neuen Kaders angeht, gibt sich Trainer Dardai optimistisch: „Wir haben jetzt eine super Mentalität in der Kabine. Was wir alles ausgetauscht haben und wie der neue Kader aussieht, darüber bin ich sehr glücklich.“ Mehr Lob hätte sich Benjamin Weber kaum wünschen können.

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