Berlin. Hertha BSC präsentiert sich beim Krisengipfel auf Schalke wie ein Absteiger und verliert mit 2:5. Zukunft von Trainer Schwarz offen.
Nach drei Minuten war Hertha BSC am Ende. Wortwörtlich. Am Ende der Tabelle. Das 2:5 (1:2) am Freitagabend im Krisengipfel beim FC Schalke 04 hat den Berliner Fußball-Bundesligisten bedrohlich nahe an die Zweite Liga befördert. Der Eindruck, den der Hauptstadtklub dabei hinterließ, war katastrophal.
„Wir sind total enttäuscht bei dem Spiel, das wir heute gezeigt haben“, sagte Sportdirektor Benjamin Weber. „Wir sind nie reingekommen, haben über das gesamte Spiel zu viele Fehler gemacht und sind jetzt in der Pflicht. Das war ein richtiger Schlag in die Fresse.“
Kein Berliner Profi schien dem Druck standhalten zu können, der auf dem Duell mit dem Aufsteiger lastete. Fehlerketten, vogelwilde Abwehraktionen und eine fragwürdige Einstellung, die alle Tugenden vermissen ließ, die es im Abstiegskampf eigentlich braucht.
Hertha BSC präsentiert sich alles andere als bundesligareif
Dabei war es der Plan des Trainers gewesen, trotz der extrem aufgeladenen Atmosphäre rund um diese Partie, Fußball spielen zu wollen. Sandro Schwarz schickte deshalb Stevan Jovetic für Wilfried Kanga und Marco Richter für Jonjoe Kenny von Beginn an auf den Platz. Zwei Spieler, die das Offensivspiel mit ihren individuellen Qualitäten bereichern können.
Gefragt war aber erst mal die Abwehr der Berliner. Nach einem eigenen Einwurf schnappte sich Ex-Unioner Tim Skarke im Mittelfeld den Ball, dribbelte Herthas Abwehr aus und zog von der Strafraumkante ab. Der Ball prallte unter die Latte und von dort ins Tor – 0:1 (3. Minute).
Herthas Innenverteidiger standen staunend daneben, niemand sah sich auf Skarkes Weg zum Tor berufen, einzuschreiten. Das gleiche Bild zehn Minuten später. Skarke flankte von der rechten Seite und fand in der Mitte den zweiten Ex-Unioner Marius Bülter, der völlig unbehelligt einköpfen durfte (13.). 0:2 – ein Treffer, bei dem sich Hertha alles andere als bundesligareif präsentierte.
Cigerci muss früh runter und ist sauer
Geschockte Blicke auf der Bank, frustrierte Mienen auf dem Rasen, gepaart mit einer gehörigen Portion Ratlosigkeit. Trainer Schwarz sah sich nach 26 Minuten zum Handeln gezwungen, nahm Tolga Cigerci, der bei beiden Gegentoren mitgeholfen hatte, vom Platz und brachte Suat Serdar.
Cigerci stapfte sauer vom Feld, klatschte noch kurz mit Schwarz ab, verwehrte dann aber den Handschlag mit Co-Trainer Tamas Bodog. Vor sich hin schimpfend ließ sich der Routinier, der erst im Winter nach Berlin gekommen war, auf die Bank fallen.
Einen Effekt hatte der frühe Wechsel erst mal nicht. Stattdessen rieben sich beide Mannschaften mit Zweikämpfen und Fouls auf – klassischer Abstiegskampf eben. Erst in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs fand Hertha Wege Richtung Tor.
Anschlusstreffer für Hertha BSC kurz vor der Pause
Jovetic schickte Dodi Lukebakio, zog dann die Gelsenkirchener Abwehr auseinander, bekam den Ball zurück und lenkte ihn sehenswert in die Maschen (45.+3). Hertha-Leihgabe Alexander Schwolow zwischen den Schalker Pfosten, in der 36. Minute für den verletzten Ralf Fährmann gekommen, flog vergeblich.
Man möchte meinen, dass der Zeitpunkt für den Anschlusstreffer psychologisch kein schlechter war. Die Aufbruchstimmung erhielt aber nur zweieinhalb Minuten nach Wiederanpfiff einen empfindlichen Dämpfer.
Nach einer Offensivaktion der Berliner sprintete der eingewechselte Kenan Karaman über die rechte Seite bis in den Strafraum, legte im richtigen Moment ab auf Simon Terodde, der nur noch einschieben musste (48.) – 1:3. Wieder wirkten Herthas Abwehrspieler wie unbeteiligte Statisten.
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Die Krux: Auch bei Schalke lief nicht alles zusammen. Die Mannschaft von Trainer Thomas Reis hängt nicht umsonst seit Saisonbeginn im Tabellenkeller fest. Der Hauptstadtklub konnte aus den Fehlern und Räumen der Gelsenkirchener aber keinen Profit schlagen.
Sportdirektor Weber ohne Jobgarantie für Trainer Schwarz
Haarsträubende Fehlpässe, ideenlos im Ballbesitz, eine Leistung, die ein einziges großes Fragezeichen hinterlässt. Passend dazu das vierte Gegentor. Danny Latza hob den Ball über Herthas Abwehr, fand dort Bülter, der den Ball am herausgeeilten Oliver Christensen einschob, 1:4 (78.). Richters Treffer zum 2:4 (84.) wurde zur Fußnote, als Marcin Kaminski in der zweiten Minute der Nachspielzeit per direktem Freistoß den Endstand besorgte.
Während Schalke zumindest bis Sonnabendnachmittag auf den Relegationsplatz kletterte und im Kampf um den Klassenerhalt wieder ein wenig mehr hoffen darf, beginnt bei Hertha nun das ganz große Zittern. Die Rettung vor dem siebten Bundesliga-Abstieg der Vereinsgeschichte ist ein gutes Stück unwahrscheinlicher geworden.
Wie es mit Trainer Schwarz weitergeht, ist ungewiss. „Wir werden jetzt jeden Stein umdrehen“, sagte Sportdirektor Weber vage. Zuletzt hatte es immer wieder eine Jobgarantie für den Coach gegeben. Die könnte nun abgelaufen sein.