Orlando. Herthas neu installierter Performance Manager Arne Friedrich spricht erstmals über sein ungewöhnliches Jobprofil und seine Ziele.

Das Kribbeln in den Füßen spürt er immer noch, Fußballer bleibt nun mal Fußballer. „Wenn ich hier die Plätze sehe“, sagt Arne Friedrich, „würde ich manchmal gern mitspielen.“ Seine aktive Karriere hat Herthas früherer Kapitän allerdings schon 2013 beendet, und für eine Rückkehr auf den Platz ist es mit 40 Jahren nun mal zu spät.

Sein Comeback hat Friedrich beim Berliner Bundesligisten trotzdem gegeben, wenn auch auf andere Art und Weise. Als Trainer Jürgen Klinsmann Ende November sein Amt antrat, brachte er Friedrich als „Performance Manager“ mit – eine Jobbezeichnung, die schick und fortschrittlich klingt, im deutschen Fußball aber bislang nicht existierte. Womit sich die Frage stellt, was ein Performance Manager eigentlich macht.

Die Hertha-Legende will Leistung und Potenzial messbar machen

„Ich will helfen, die PS auf die Straße zu bringen“, sagt Friedrich im Trainingslager in Orlando. Körperlich wirkt er noch immer fit, in Langarmshirt, kurzer Hose und Turnschuhen könnte er fast noch als Aktiver durchgehen. Sein Arbeitsbereich liegt jedoch nur noch in Ausnahmefällen auf dem Feld, stattdessen widmet er sich einem Mix aus Daten-Kontrolle, Individualtraining, Karriere-Coaching und Beratung.

Mit dem Wahl-Kalifornier Klinsmann habe er sich in den vergangenen Jahren häufig ausgetauscht, erzählt Friedrich, der seinen Zweitwohnsitz in Los Angeles hat. Häufig sei es dabei „um das Thema Benchmarking gegangen. Dieser Begriff - also Vergleichspunkte zu schaffen - hat uns sehr, sehr interessiert.“

Friedrich hat drei klare Aufgabenbereiche

Spricht Friedrich über seine neue Tätigkeit, wirkt er klar strukturiert. Seine Aufgaben untergliedert er in drei Teilbereiche. Erstens: den Aufbau eines Benchmark-Systems, mit dem der Status quo der Hertha-Profis in verschiedenen Bereichen per Ampelsystem bewertet wird, etwa bei der Fitness.

Zweitens: Individuelle Arbeit mit den Spielern. „Ich durchleuchte die Jungs und gucke, wo Leistungspotenziale stecken, die man fördern kann“, sagt Friedrich, „das ist das, was ich hier im Trainingslager in erster Linie mache.“ Gespräche führen, persönliche Ziele herausarbeiten, reflektieren – Friedrich ist überzeugt: „Wir alle haben Möglichkeiten, uns zu verbessern.“

Drittens fungiert der frühere Top-Verteidiger als „Bindeglied zwischen Management und Trainer“. Im alten Jahr arbeitete er sporadisch mit Herthas Abwehrspielern, versuchte, deren Vertikalspiel zu verbessern. Zudem habe er auch bei Transfers schon eine beratende Rolle gespielt.

Klinsmann hat im Hertha-Projekt das Sagen

Daran, wem er im Dreieck aus Performance Manager, Trainer und Manager Michael Preetz nähert steht, lässt Friedrich keinen Zweifel. „Das ist ein spannendes Projekt“, sagt er, „natürlich angeführt von Jürgen Klinsmann, der große Inspiration und Strahlkraft in den Verein bringt.“ Ganz zu schweigen von seiner ambitionierten Vision.

Europapokal-Stammgast in drei Jahren, Champions-League-Starter, „Megaklub“ – all das will Klinsmann aus dem Tabellenzwölften machen. Dass in den sozialen Medien schon die Klaviatur zwischen Skepsis und Spott bedient wird, lässt Friedrich kalt. „Wir wollen uns größenwahnsinnige Ziele stecken“, betont er, „man kommt nur hoch hinaus, wenn man sich hohe Ziele setzt.“

Er selbst will fortan daran mitwirken, dass aus den ehrgeizigen Plänen schnell Realität wird. Wie Klinsmann bringt auch Friedrich eine gewisse Strahlkraft mit, in Fan-Kreisen herrschte schon lange der Wunsch, das frühere Aushängeschild einzubinden. Zwischen 2002 und 2010 absolvierte er 288 Pflichtspiele in Blau-Weiß, spielte bei zwei Weltmeisterschaften. Vor allem zählte Friedrich zu jener Kategorie Profis, die nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz eine gute Figur abgab.

Hertha hat jetzt mehr sportliche Kompetenz

Lange hielt sich der Vorwurf, Hertha verfüge in der Führungsetage über zu wenig sportliche Kompetenz. Im Idealfall erweist sich Friedrich nun mit seiner Erfahrung, seinem Wissen und seiner Aura als Verstärkung, etwa dann, wenn es darum geht, den Spielern Professionalität einzuimpfen, mit seiner Vita taugt er schließlich zum Vorbild.

Friedrich hat sich in den vergangenen Jahren umgeschaut, hat einen Trainerschein gemacht, in einer Werbeagentur gearbeitet, sich mit Top-Athleten wie Ex-NBA-Star Steve Nash ausgetauscht oder mit ehemaligen US-Elitesoldaten. Bei Letztgenannten lernte er etwa die Sportart Underwater Torpedo kennen, eine Art Unterwasser-Rugby.

„Diese Jungs sind knallhart“, sagt Friedrich, „es ist unfassbar, wie deren Fokus ist. Davon können wir eine Menge lernen.“ Mit Herthas neuem Fitness-Trainer Werner Leuthard diskutiert er bereits, ob die Berliner demnächst nicht mal einen Abstecher ins Schwimmbad unternehmen sollen.

Friedrichs Engagement läuft vorerst nur bis Sommer

Wie viel Friedrich bei Hertha bewegen kann, wird spannend zu beobachten sein, auch für ihn selbst. „Wenn wir viel gewinnen, sind alle glücklich“, ahnt er, „aber wenn wir verlieren, fragen sich alle, was dieser Performance Manager überhaupt soll.“

Vom Erfolg dürfte auch abhängen, wie lange er seine neue Aufgabe ausführt. Ob er auch nach Saisonende noch bei Hertha arbeiten wird, wurde Friedrich in Orlando gefragt. „Das“, sagt er, „kann ich jetzt noch nicht beantworten.“

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