Berlin. Es fällt nicht leicht, Hertha ein gutes Saison-Zeugnis auszustellen. Weniger wegen des gruseligen 2:6 gegen Leipzig, sondern weil die Berliner schon vorher an ihren Zielen vorbeigeschrammt waren. In der Europa League wollte man überwintern – das Aus kam aber schon in der Gruppenphase. Im DFB-Pokal war Schluss in Runde zwei. In der Bundesliga waren die Top 10 angepeilt, das wurde gerade so erreicht.
Kleinreden sollte man Herthas Leistung aber genauso wenig. Über die Mehrbelastung durch den Europacup sind schon andere gestolpert, nicht zuletzt der ähnlich situierte 1. FC Köln, der nun sogar abstieg. „In dieser Saison geht’s ums Überleben“, hatte Trainer Pal Dardai im Winter erkannt. Das gelang mit Anstand. All jene Teams, die in der Tabelle vor Hertha stehen, gehören dort qua Etat und Selbstanspruch auch hin, mit Ausnahme von Eintracht Frankfurt.
Dennoch bleibt das Gefühl der Enttäuschung. Weil die Berliner zuverlässig patzten, wenn sie sich in eine gute Ausgangslage manövriert hatten. Weil spielerischer Fortschritt nur in Spurenelementen nachzuweisen war. Weil Hertha oft schlichten, auf Sicherheit bedachten Fußball spielte, statt mutig zu attackieren. Elektrisieren kann man so nicht. Dass Hertha den stärksten Zuschauerschwund der Liga verspürt, kommt nicht von ungefähr.
Mutmacher gibt es trotzdem. So steht Hertha weiter für eine enorme Stabilität, von der andere nur träumen können – genauso wie von der starken Bilanz gegen große Gegner, gegen die die Berliner oft über sich hinauswachsen. Zudem haben talentierte Zugänge wie Davie Selke oder Eigengewächse wie Arne Maier in dieser Saison die Fantasie angeregt, dass sich der dröge Hertha-Fußball dem Ende nähert. „Die Zukunft gehört Berlin“, hat der Klub als Slogan formuliert. Bleibt zu hoffen, dass sie bald beginnt.
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