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Hertha verspielt Europa-League-Startplatz

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Uwe Bremer
Rekik im Zweikampf mit Hannovers Sarenren-Bazee

Rekik im Zweikampf mit Hannovers Sarenren-Bazee

Foto: pa

Das 1:3 in Hannover kostet Hertha die letzte Chance – Trainer Pal Dardai sieht ein Kopfproblem.

Hannover. Hertha BSC kann alle Europacup-Träume begraben. Nach einer desolaten ersten Halbzeit unterlagen die Berliner bei Hannover 96 mit 1:3 (0:3). Nach der zehnten Saisonniederlage haben die Blau-Weißen im letzten Spiel am kommenden Sonnabend gegen Leipzig keine Chance mehr auf einen internationalen Wettbewerb. „Wir waren in dieser Saison nicht gut genug für Europa“, sagte Mittelfeldspieler Per Skjelbred. „Immer, wenn es etwas zu gewinnen gab, haben wir verloren.“ So auch in Hannover – der Aufsteiger sicherte sich mit diesem Erfolg den einen nötigen Zähler, der den Niedersachsen zum Klassenerhalt noch gefehlt hatte.

Die Lehren des sonnigen Nachmittags vor 49.000 Zuschauern in der ausverkauften Arena aus Hertha-Sicht: Manchmal ist alles, was man macht, verkehrt. So hatte Hertha-Trainer Pal Dardai aus disziplinarischen Gründen Innenverteidiger Jordan Torunarigha in Berlin gelassen, der sich öffentlich über seine Nichtaufstellung in der Vorwoche beim 2:2 gegen Augsburg beschwert hatte. Als Ersatz fürs Abwehrzentrum hatte der Trainer Florian Baak mitgenommen, da Abwehrchef Niklas Stark angeschlagen war.

Auf dem Aufstellungsbogen, der 60 Minuten vor dem Anpfiff ausgefüllt sein muss, fehlte Youngster Baak. Beim Anstoß jedoch fehlte Stark. Er hatte sieben, acht Minuten vor dem Anpfiff signalisiert: Es geht nicht, er habe muskuläre Probleme irgendwo zwischen Oberschenkel und Hüfte. Eigentlich hätte in diesem Fall Torunarigha gespielt – der war aber nicht dabei. Also hieß die Innenverteidigung nun Fabian Lustenberger/Karim Rekik.

Resultat: Hertha lag bereits nach dem ersten Angriff der Gastgeber zurück. Hannovers Niclas Füllkrug legte per Kopf zentral vor dem Hertha-Strafraum ab, Martin Harnik hielt aus 15 Metern drauf, vom rechten Innenpfosten landete der Ball im Netz, 0:1 (4.).

Die Gäste versuchten, sich zu sortieren. Über Salomon Kalou und Valentino Lazaro gab es zwei, drei gefällige Angriffe. Davie Selke köpfte nach einer Flanke von Vladimir Darida knapp links am Hannoveraner Tor vorbei (9.). Doch was blieb bei Hertha, waren ebenso ungewohnte wie eklatante Probleme in der Defensive. Lustenberger vermochte 96-Stürmer Füllkrug nicht zu stellen, der zog aus 17 Metern ab, von der Unterkante der Latte sprang der Ball wieder zurück ins Feld (38.). Dann konnten die Berliner einen Freistoß von Pirmin Schwegler nicht verteidigen, Salif Sané köpfte den Ball ins lange Eck, 0:2 (39.).

Stürmer Selke trifft immerhin im fünften Spiel in Folge

Es dauerte mit dem Wiederanpfiff, Schiedsrichter Sören Storks ließ den Treffer bei Videoassistent Guido Winkmann in Köln überprüfen – alles okay. Unmittelbar nach dem Anstoß gab es den nächsten schnellen Ballverlust bei Hertha, erneut enteilte Füllkrug der Berliner Abwehr. Hertha-Torwart Rune Jarstein spekulierte auf eine Flanke oder einen Schuss ins lange Eck, stattdessen musste der Keeper den Ball im kurzen Eck passieren lassen, 0:3 (41.). „Hannover hat uns am Anfang überrannt. Vielleicht waren wir mit dem Kopf nicht ganz bereit. Nach dem Doppelschlag war es schwierig, zurückzukommen“, sagte Ersatz-Abwehrchef Lustenberger.

Manager Michael Preetz hatte nach der über weite Strecken desolaten Vorstellung gegen Augsburg gefordert, diesmal eine andere Mannschaft auf dem Platz zu sehen. Eine, die mit einer anderen Einstellung zu Werke gehen soll. Doch weit gefehlt. Auch gegen Hannover präsentierte sich ein Team ohne Mumm. „Die erste Halbzeit war schlecht von uns“, sagte Innenverteidiger Rekik, „wir hatten uns vorgenommen, unbedingt zu gewinnen. Aber davon war nichts zu sehen.“

Wer es gut meint mit Hertha, kann sagen: Die zweite Hälfte gehörte den Berlinern. Selke verwertete eine Vorarbeit von Darida und erzielte den 1:3-Endstand (73.). Es war im fünften Spiel in Folge sein fünfter Treffer. Selke, vor der Saison von RB Leipzig gekommen, hat mit nun zehn Bundesliga-Toren ein gutes Einstandsjahr in der Hauptstadt hingelegt.

Die Gäste hatten noch zwei, drei weitere Chancen. Trainer Dardai, der auch den abwanderungswilligen Mitchell Weiser in Berlin gelassen hatte, betonte die grundsätzliche Ausrichtung bei Hertha: So erhielten Maximilian Mittelstädt (21 Jahre/eingewechselt in der 78. Minute) und Palko Dardai (19/84.) noch einige Minuten Bundesliga-Spielzeit. An der Niederlage änderte dies nichts.

Trainer Dardai sagte: „In der ersten Halbzeit waren wir nicht anwesend. Ich verstehe nicht, was psychologisch im Kopf meiner Spieler los ist. Das geht das ganze Jahr so: Jedes Mal, wenn wir die Möglichkeit haben, nach vorn zu rutschen, geht bei uns gar nichts mehr.“

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