München. Müller spielt immer. Etwas Besseres als dieser legendäre Ausspruch von Ex-Bayern-Trainer Louis van Gaal hätte Thomas Müller nicht passieren können. Dieser Satz begleitet seine Karriere seit Beginn. Wenn ein späterer Trainer sich nicht daran hielt wie Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti, gab es Unruhe bei den Medien und Aufruhr bei den Fans.
Die Statistik lügt nicht. Müller spielt tatsächlich fast immer seit seinem Debüt in der Champions League im März 2009. Das Viertelfinal-Rückspiel gegen den FC Sevilla am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF, Hinspiel 2:1) wird sein großes Jubiläum, der 100. Europapokal-Einsatz. Aufgeschlüsselt: 98 Einsätze in der Königsklasse, mitgerechnet sind die beiden Play-off-Spiele vom August 2011 gegen den FC Zürich (1:0/2:0).
Dazu kommt der europäische Supercup 2013, als man das Duell mit dem FC Chelsea nach Elfmeterschießen (5:4) gewann. 100 Mal Müller, ein Meilenstein. „Thomas weiß ganz genau: Champions League ist etwas ganz Besonderes, da müssen auch besondere Leistungen erbracht werden“, erklärte Trainer Jupp Heynckes und schwärmte von seinem Offensiv-Freigeist: „Das ist ein Spieler, der in unserem System ganz wichtig ist, weil er manchmal auch aus dem Nichts Tore macht.“ Auch sonst sei er oft „mit seiner Spritzigkeit, Schnelligkeit, Reaktionsschnelligkeit am richtigen Ort. Das macht ihn so unverwechselbar“. Fazit Heynckes: „Das ist eben Müller - er kann’s!“ Müller ist einer wie keiner.
Kein deutscher Stürmer traf öfter in der Königsklasse
Der 28-Jährige ist der erfolgreichste deutsche Champions-League-Torschütze aller Zeiten. 42 Treffer in zehn Spielzeiten, damit liegt er vor Gerd Müller (34 Tore), der allerdings dafür nur sechs Spielzeiten und 35 Partien benötigte. Dritter ist Mario Gomez mit 26 Treffern in 44 Partien.
Weltmeister Müller ist für Heynckes „als Kapitän ein Vorbild an Leistung und Einsatz“. War er früher nur Freigeist, ist Müller mittlerweile zur Führungsfigur gereift. Als bekannt wurde, dass Heynckes im Herbst zurück zu den Bayern kehrt, kontaktierte ihn Müller. Auch weil er wusste: Unter Heynckes konnte es nur besser werden. Weil der Triple-Trainer von 2013 ihn und seine unorthodoxe Spielweise nie anzweifelt, weil er ihn stark macht – auf und außerhalb des Platzes. Mit Heynckes verknüpft Müller die größten Momente seiner Europapokal-Zeit.
Natürlich den Wembley-Triumph von 2013, obwohl dieses Finale gegen Dortmund andere Protagonisten hatte, vor allem den Siegtorschützen Arjen Robben. Den größten Erfolg seiner Karriere auf Vereinsebene hatte Müller durch seine größte Euro-Nacht im Bayern-Trikot möglich gemacht. Am 23. April 2013 schickte die Heynckes-Elf den FC Barcelona mit 4:0 nach Hause, Müller traf doppelt - die Grundlage für den Finaleinzug. 2013 löschte auch den bittersten Moment seiner bisher 99 Einsätze endgültig. Ohne den Kopfballtreffer von Chelseas Didier Drogba zum 1:1 in der 88. Minute wäre Müller der Held im „Finale dahoam“ 2012 geworden. Schließlich hatte sein Kopfball die späte Führung bedeutet (83.). So ging es in die Verlängerung. Das Ende der Geschichte ist bekannt. Chelsea siegte nach Elfmeterschießen.
Nun will Müller unbedingt wieder ins Endspiel am 26. Mai in Kiew: „Wir waren lange nicht mehr im Finale“, sagte er, „wir wollen das Ding gewinnen und sind hungrig.“ Gewinnen die Münchner gegen Sevilla auch das Rückspiel, wäre Müller mit seinem 66. Sieg Deutschlands Champions-League-Gewinner Nummer eins. Hat man den Halbfinal-Einzug in München vier Tage nach der Meisterschaft durch das 4:1 in Augsburg eigentlich gedanklich schon fix gebucht? „Sevilla muss was riskieren und auf Attacke spielen“, prophezeite Heynckes.
Vidal, Alaba und Coman fehlen
Mit der Rückkehr ihres „Herzstück“ Ever Banega seien die Andalusier ein gefährlicher Gegner. „Wir wissen, was wir machen müssen, haben unseren eigenen Plan, unseren eigenen Spielstil“, so der 72-Jährige, „wir sind gut vorbereitet, bei uns herrscht eine gute Stimmung. Meine Spieler sind hungrig, möchten das Halbfinale erreichen.“ Dabei fehlen dem Trainer Arturo Vidal, David Alaba und Kingsley Coman. Da Arjen Robben und Franck Ribéry auf den Flügeln beginnen, hat Heynckes in der Mitte die Wahl zwischen Thiago, James und Müller – zwei aus drei. Ancelotti hätte Müller rausgelassen – für Heynckes undenkbar.
Übrigens war es nicht Karriere-Öffner Louis van Gaal, der Müller 2009 zu seinem Champions-League-Debüt verhalf, sondern Jürgen Klinsmann. Der ansonsten glücklose Bayern-Trainer war es, der den damals 19 Jahre alte Schlaks aus dem Amateurteam beim 7:1 gegen Sporting Lissabon für Bastian Schweinsteiger einwechselte. Müller bedankte sich mit dem letzten Treffer der Partie, einem Abstauber-Tor. Er kann’s einfach.
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