Friedrichshafen. An seiner alten Arbeitsstätte ballte Stelian Moculescu kurz die Fäuste, sein Gesicht aber zeigte keinerlei Freudes-Regungen. "Der VfB ist zu stark, als dass wir schon die Fahne hissen könnten", erklärte der Chefcoach der Berlin Volleys nach dem ersten gewonnenen Finalspiel um die deutsche Meisterschaft beim VfB Friedrichshafen. Den 3:1 (22:25, 25:21, 25:22, 25:19)-Erfolg genoss Moculescu im weißen, kurzärmligen Hemd eher still.
Moculescu war es, der den VfB in 19 Jahren mit 13 Titelgewinnen zum Rekordmeister gemacht hat. Jetzt sorgte er mit seinem neuen Team ausgerechnet zum Start der Final-Playoffs für die ersten nationale Saisonniederlage von Friedrichshafen. Der 67 Jahre alte Moculescu coachte in der halbleeren ZF-Arena am Bodensee die Berliner seriös und erfolgreich - beim Stande von 2:6 und einem 0:1-Satzrückstand zog er einen unerwarteten Trumpf aus dem Ärmel.
Russell zeigt sich in Playoff-Form
Für den schwächelnden Kapitän Paul Carroll kam Kyle Russell. Der Amerikaner hatte im Kader der BR Volleys bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Seine Einwechslung erwies sich als Glücksgriff. 13 Zähler steuerte der 24 Jahre alte Russell zum Sieg bei, darunter allein sechs Blockpunkte. Moculescu bescheinigte Russell: "Er hat frischen Wind reingebracht."
Sechs Anläufe brauchten die Berliner, um erstmals in dieser Saison den großen Kontrahenten VfB niederzuzwingen. Und auch Moculescu hatte als BR-Coach zunächst drei Partien gegen seinen alten Club verloren. Volleys-Manager Kaweh Niroomand warnte auch deshalb: "Der Druck liegt immer noch bei uns. Wir müssen jetzt in unserem Heimspiel unbedingt nachlegen, sonst war alles für die Katz." Die zweite Begegnung in der Finalserie Best of five findet am Sonntag (15 Uhr) in der Berliner Max-Schmeling-Halle statt.
Dass sich für die BR Volleys die Chancen auf den Gewinn des neunten Meistertitels durch den Sieg in Friedrichshafen deutlich verbessert haben, mochte Niroomand nicht bestätigen. "Wir müssen jetzt von Satz zu Satz denken", mahnte der Routinier, gab aber zu: "Dabei kommt uns die Erfahrung unserer Spieler sicher zugute."
Für Niroomand kam Russells fulminanter Auftritt nicht überraschend. "Er ist halt ein Amerikaner. Da weiß man, er steckt voller Motivation und Energien", sagte der Manager. Russell selbst war derart viel Lob fast peinlich: "In unserem Spiel war viel Leidenschaft, die Teamleistung war grandios."