Das Publikum beim Istaf ist für viele Leichtathleten ein Grund, in Berlin zu starten. Die Zuschauer wiederum freuen sich besonders darüber, dass die deutschen Teilnehmer bei dem Meeting im Mittelpunkt stehen.
Christian Reif war noch am Tag nach seinem Sieg beim Internationalen Stadionfest richtig selig. Mit seinem letzten Weitsprung hatte er sich im Berliner Olympiastadion auf 8,11 Meter katapultiert und damit einen scheinbar verkorksten in einen nahezu perfekten Wettkampf verwandelt. Das und die 5000 Euro Siegprämie waren aber nicht die Hauptursache seiner Fröhlichkeit.
„Es gibt kaum Worte dafür“
„Das Publikum hier ist schon phänomenal“, lobte Reif vielmehr die Begeisterung der erneut über 50.000 Fans, „es gibt kaum Worte dafür. Nirgends gibt es mehr Applaus, alle werden angefeuert, auch die Athleten aus dem Ausland. Ich bin wirklich stolz auf dieses Publikum.“ Kein Vergleich zur Weltmeisterschaft in Moskau etwa zwei Wochen zuvor. Gewinnen wolle er immer. Aber in Berlin noch ein bisschen mehr als immer.
Mit seiner Nachbetrachtung der größten Eintages-Leichtathletikveranstaltung der Welt traf der Europameister von 2010 offenbar genau die Gefühlslage der Veranstalter. „Das Gesamtpaket Berlin zieht einfach“, sagte Istaf-Geschäftsführer Martin Seeber, „wir hatten zwölf Weltmeister am Start, es war das beste Istaf aller Zeiten.“ Meeting-Direktor Gerhard Janetzky formulierte ähnlich: „Es war ein sehr, sehr gutes Istaf.“
Stabhochsprung hat nur wenig Unterhaltungswert
Wobei man ein wenig einschränkend sagen könnte: Viele der angetretenen Athleten waren platt am Ende einer anstrengenden Saison. Der Speerwurf der Frauen mit dem (einzigen) Meeting-Rekord der Russin Maria Abakumowa auf 70,53 Meter zu Beginn, der erneut sehr unterhaltsame Diskuswurf der Männer mit Local Hero und Entertainer Robert Harting gegen Schluss der Veranstaltung waren die großen Highlights. Hätte Reif nicht mit seinem letzten Sprung einen echten Treffer gelandet, hätte sich dieser Wettbewerb in die Reihe der eher mäßig begeisternden Disziplinen eingereiht.
Der Stabhochsprung der Männer war, nicht nur wegen technischer Probleme mit der Anlage, von weniger Unterhaltungswert als erhofft. Für die 100-Meter-Läufe der Frauen und Männer galt dies ebenso. Andere Rennen, wie der 800-Meter-Lauf der Männer mit Weltmeister Mohammed Aman an der Spitze, der 1500- oder der 3000-Meter-Hindernislauf gingen trotz guter Qualität unter im Reigen der deutschen Top-Athleten in den meist technischen Disziplinen.
In der Spitze schauen 2,2 Millionen Zuschauer im TV zu
Aber die Istaf-Verantwortlichen werden ihren Weg weitergehen, vor allem auf die nationale Elite zu setzen. Es ist ja auch ein Erfolgsweg, wie es scheint. „Nichts schlägt die deutschen Topathleten“, beharrte Janetzky, „sie kommen am besten beim Publikum an.“ Seeber berichtete von zufriedenen Sponsoren, „ich gehe davon aus, dass alle weitermachen“. Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Innensenator Frank Henkel hätten sich sehr lobend geäußert. Bei der Fernsehübertragung im ZDF schauten in der Spitze 12,6 Prozent beziehungsweise 2,2 Millionen Freunde der Leichtathletik zu. Gute Zahlen.
Allenfalls kleinere Mängel wurden festgestellt. Etwa, dass die Ansagen des Stadionsprechers im weiten Rund kaum zu verstehen waren. Auch Zwischenstände sind für die Zuschauer nicht gut zu verfolgen. Seeber wünscht sich außerdem eine Verbesserung der Sponsorenpräsenz im Stadion – ohne sie würde es das Fest schließlich nicht geben. Aber schon im nächsten Jahr, wenn das Istaf am 31. August stattfindet, soll es Verbesserungen geben.
Bei der EM gibt es noch mehr deutsche Erfolge zu feiern
Das Starterfeld wird, zwei Wochen nach der Europameisterschaft in Zürich, erneut mit deutschen Stars gespickt sein. Es ist realistisch, dass es bei den kontinentalen Wettbewerben noch mehr deutsche Helden zu feiern gibt als jüngst bei den Welttitelkämpfen in Moskau. Und die Tradition, wie diesmal mit Paralympicssieger Sebastian Dietz im Diskuswurf oder früher in Behinderten-Staffeln Sportler mit Handicap einzubinden, wird in jedem Fall fortgesetzt.
Doch beinahe nach mehr als auf das nächste Istaf freuen sich die Hauptdarsteller jetzt schon auf ein Novum: das Indoor-Istaf am 1. März in der O2 World. Natürlich darf auch dort Publikumsliebling Harting nicht fehlen. „Ich will dort eine geile Show liefern“, kündigte der beste Diskuswerfer der Welt an, „das wird auf jeden Fall etwas für Adrenalin-Junkies.“ Die Arena bietet für das erste große Hallenmeeting seit 1968 rund 10.000 Zuschauern Platz.
Harting ist auch beim Hallen-Meeting in der O2 World dabei
Noch ist nicht sicher, welche Disziplinen neben dem Diskuswurf und dem Stabhochsprung zum dreistündigen Programm gehören sollen. Diskuswurf klingt in einer Halle schon verrückt genug, aber, wie Janetzky eigentlich nicht extra erwähnen müsste: „Robert Harting ist unglaublich wichtig für uns.“
„Wir gucken noch, was wir ins Programm nehmen“, sagte Seeber, der allerdings gestern bereits verkünden konnte, dass die ersten 150 Tickets für das Hallenspektakel verkauft sind. Ein ernsthafter Bewerber für eine weitere Disziplin hat sich gestern jedenfalls schon mal bereit erklärt, im Fall der Fälle seine Zusage zu geben. „Ich wär sehr gern dabei“, sagte Weitspringer Reif, und als er den etwas skeptischen Blick des Istaf-Geschäftsführers sah, fügte er hinzu: „Meine Karriere soll ja noch ein bisschen länger weitergehen. Sonst komme ich eben im Jahr danach.“ Warum, das weiß ja inzwischen jeder.