Berlin. Innenverteidiger Leonardo Bonucci spricht über seinen Wechsel zu Union Berlin, andere Vertragsangebote und seinen EM-Traum.

In der ersten Trainingseinheit von Union Berlin nach der wohl spektakulärsten Woche für den Verein präsentiert sich Leonardo Bonucci entspannt und doch fokussiert. Der Innenverteidiger des Berliner Fußball-Bundesligisten und Champions-League-Teilnehmers bringt die Bälle beim Fünf-gegen-Drei ebenso präzise wie gut mit gutem Tempo zu seinem Mitspieler. Im abschließenden Trainingsspiel ist er erneut der Rückhalt, den sich die Köpenicker von dem 36-Jährigen erhoffen.

In der anschließenden Medienrunde spricht der italienische Europameister am Dienstagnachmittag über …

… seinen Wechsel zu Union:

Ich hatte zwei Optionen, Lazio Rom oder Union Berlin. Ich habe mir die ersten beiden Spiele in der Bundesliga von Union angeschaut und war sehr glücklich, hierherzukommen, um die Fans zu erleben. Dann hatte ich mit Trainer Urs Fischer gesprochen und bin dann bei Union in meine vielleicht letzte Saison gestartet. Danach könnte ich mir vorstellen, Trainer zu werden. Ich kenne die besondere Geschichte von Union Berlin. Ich habe viel mit Michael Parensen (Technischer Direktor der Lizenzspielerabteilung, d. Red.) gesprochen.

… seine Rolle in der Mannschaft:

Ich soll vor allem meine Erfahrung einbringen, meine Qualitäten als Verteidiger. Wenn du viele Spiele in der Champions League gespielt hast (85 Einsätze, d. Red.) wie ich in der Vergangenheit, kannst du viel Erfahrung weitergeben.

… die Stadt Berlin:

Ich fange gerade an, die Stadt kennenzulernen und zu mögen. Ich war am vergangenen Sonntag beim Berlin-Marathon. Derzeit leben wir in Mitte, aber wir suchen nach Orten, wo ich mich mit meiner Familie in der Stadt aufhalten kann. Ich sehe mich als Tourist hier.

… die Fans von Union Berlin:

Das Gefühl an der Alten Försterei, als die Fans nach unserer Niederlage gegen Hoffenheim (0:2, d. Red.) gesungen haben – das wäre in Italien nach so einem Spiel nicht immer möglich. Das ist unglaublich für mich. Als ich gesehen habe, welche Unterstützung die Fans uns gegeben haben, sagte ich zu Robin (Gosens, d. Red.): Die sind doch verrückt. Deshalb geben wir auf dem Platz alles, was wir haben, weil die Fans auch alles geben. Das Wichtigste ist Union Berlin, egal ob wir gewinnen oder verlieren. Meine Kinder waren gegen Hoffenheim auch im Stadion. Als wir dann zu Hause waren, sagten sie mir: Hey, Papa, sie haben die Niederlage gefeiert. Das war auch schon in Madrid (0:1, d. Red.) so. Das sind sehr besondere Momente.

… sein erstes Engagement außerhalb Italiens:

Das ist schon sehr schwierig für mich, allein schon wegen der Sprache. Aber ich wollte aus meiner Komfortzone heraus, auch wenn ich mir anfangs nicht sicher war, ob ich hierherkommen soll. Es ist doch eine sehr große Veränderung in meinem Leben. Ich musste meine Familie in Turin verlassen. Ich weiß, das ist eine verrückte Entscheidung. Aber ich habe 20 Jahre in Italien gespielt. Nun will ich diese Erfahrung machen, einen anderen Fußball und eine andere Kultur kennenlernen.

… die Spielweise in der Bundesliga:

Sie ist komplett anders als in Italien. In der Bundesliga haben wir viel mehr Raum, den wir abdecken müssen. Und du musst die Stürmer angreifen. Und es gibt wirklich schnelle Stürmer wie zum Beispiel Victor Boniface (Bayer Leverkusen, d. Red.).

… seinen Fitnesszustand:

Ich muss jetzt einfach öfter spielen und natürlich weiter trainieren. Wir trainieren sehr hart, das ist sehr wichtig für mich.

… über Trainer Urs Fischer:

Wir sprechen italienisch miteinander, das ist schon mal das Wichtigste. Und natürlich haben wir über meine Situation gesprochen. In Turin musste ich allein trainieren. Das ist eine völlig andere Situation gewesen, Ich habe ich gesagt, ich brauche drei bis vier Wochen, bis ich wieder komplett fit bin. Wir sind jetzt in der vierten Woche.

… andere Vertragsangebote:

Ich wollte auf einem hohen Niveau weiterspielen. Es gab Interesse eines Klubs aus Saudi-Arabien. Ich möchte wieder in Form kommen, nachdem ich vergangene Saison nicht alle Spiele bestreiten konnte. Aber wenn ich fit bin, sehe ich mich in der Lage, bis Saisonende alle Spiele zu spielen.

… die Europameisterschaft 2024:

Ich habe bereits mit Trainer Luciano Spalletti gesprochen. Ich muss viele Spiele spielen, um mich wieder für die Nationalmannschaft empfehlen zu können. Aber natürlich habe ich die EM 2024 im Kopf.

… das Olympiastadion:

Ich weiß, dass Italien dort 2006 die Weltmeisterschaft gewonnen hat. Aber ich habe dort 2015 das Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona (1:3, d. Red.) verloren. Aber ich bin mir sicher, mit der gleichen Atmosphäre durch die Fans wie in der Alten Försterei können wir auch dort in der Champions League Erfolge feiern.

… Unions Chancen in der Champions League:

Die Gruppe ist nicht einfach. Real Madrid kennt jeder. Neapel hat die Meisterschaft gewonnen, sie hatten zuletzt einige Probleme, sind aber ein gutes Team. Braga ist nicht einfach, sie spielen sehr gut. Wir müssen vor allem zu Hause die Punkte holen. Wir haben in Madrid schon ein gutes Spiel gezeigt, unglücklicherweise haben wir kurz vor Schluss das Tor kassiert.

… seinen Platz in der Union-Dreierkette:

Nach rechts zu rücken, wenn Robin Knoche wiederkommt, ist kein Problem für mich. Ich habe darüber auch schon mit dem Trainer gesprochen. Und ich habe bereits bei Juventus oder im Nationalteam rechts in der Kette gespielt.

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