Die deutsche Handballnationalmannschaft kommt nicht über ein Unentschieden gegen Mazedonien heraus - die Höhepunkte im Video.

Es scheint plötzlich eine kleine Ewigkeit her zu sein. Am Sonnabend stand Dragan Dukić, Trainer von Montenegro, in der Arena von Zagreb und sagte: „Deutschland spielt wie der Europameister.“ Die deutschen Handballer hatten sein Team zum Auftakt der Handball-Europameisterschaft in Zagreb gerade mit 32:19 geradezu überrannt. Und nun, fünf Tage später? Würde niemand mehr solch einen Satz aussprechen. Nicht nach dem 25:25 gegen Slowenien am Montag. Erst recht nicht nach dem 25:25 (12:11) gegen Mazedonien am Mittwochabend.

Wieder gab es keinen Sieg des Favoriten. Das Wort „enttäuscht“ fiel häufig. Kreisläufer Patrick Wiencek sagte es, Linksaußen Uwe Gensheimer sagte es. Torwart Andreas Wolff wurde etwas deutlicher: „Ich bin einfach nur sauer!“ Bundestrainer Christian Prokop versuchte, sich die Enttäuschung nicht zu sehr anmerken zu lassen. „Wir hatten die Chance auf den Sieg, spielen aber zu undiszipliniert in der letzten Szene“, sagte Prokop mit Blick auf den finalen deutschen Angriff.

Kurz zuvor hatte der Berliner Torhüter Silvio Heinevetter 13 Sekunden vor Ende mit einer Parade gegen Stojanche Stoilov die Chance auf den zweiten Turniersieg überhaupt erst ermöglicht. Hätte der 32-Jährige nicht so prächtig reagiert, würde es nun finster aussehen. Sein Teamkollege von den Füchsen, Steffen Fäth, scheiterte in der letzten Aktion an der mazedonischen Abwehrmauer, allerdings aus einem sehr ungünstigen Winkel. Die große Chance wurde vorher schon vertan.

Deutschland wird nicht Gruppensieger

Die Ausgangslage ist ernüchternd: Durch das Unentschieden gegen Mazedonien reisen die Deutschen nicht als Gruppensieger ins 90 Kilometer entfernte Varazdin und müssen schon am Freitag ihr erstes Spiel in der Hauptrunde gegen Außenseiter Tschechien bestreiten. Die weiteren Gegner sind Ex-Weltmeister Spanien und Olympiasieger Dänemark.

Die Punkte aus der Vorrunde werden mitgenommen, das Erreichen des Halbfinals wird schwierig. Mazedonien hat drei Punkte, Slowenien einen, alle anderen Teams haben zwei Zähler wie Deutschland. Vermutlich müssen alle Hauptrunden-spiele gewonnen werden - und selbst dann könnte die Schützenhilfe anderer Teams nötig sein. Nur einer blieb optimistisch: „Jetzt geht das Turnier erst richtig los“, sagte Finn Lemke.

Nach dem spektakulären 25:25 gegen Slowenien vom Montag hatte Prokop eine Änderung vorgenommen. Er hatte Lemke nachreisen lassen. Von seiner Seite wirkte es wie das Eingeständnis eines Fehlers, hatte er den Abwehrchef des deutschen EM-Triumphs und des Gewinns von Olympia-Bronze 2016 doch zunächst nicht nominiert. Gleichzeitig wertete Bob Hanning, Vize-Präsident des Deutschen Handballbundes, es aber auch als Beleg, dass der Bundestrainer flexibel auf kritische Situationen reagieren kann statt stur den angedachten Plan weiterzuverfolgen. Der 25-jährige Lemke sollte der Deckung wieder Stabilität verleihen.

Mazedonien überrascht mit einem taktischen Kniff

Die war dringend nötig, hatten die Mazedonier doch Kiril Lazarov in ihren Reihen. Niemand hat je mehr Tore bei einem EM- (61) oder WM-Turnier (92) erzielt. Mittwoch zeigte sich der 37-jährige Rückraumspieler erneut torhungrig, markierte fünf Treffer. Kreativ präsentierte sich auch Mazedoniens spanischer Trainer Raúl González. Von Beginn an ließ er bei Angriffen seinen Torhüter Borko Ristovski auf die Bank gehen, um mit einem siebten Feldspieler Druck zu machen. Der mazedonische Kniff erwies sich schon bald als sehr effektiv.

„Wir haben nicht gut begonnen. Aber wir haben dann mehr Sicherheit bekommen und einfache Tore gemacht“, sagte Kapitän Uwe Gensheimer. Nach 19 Minuten traf Patrick Wiencek zum 8:7 und damit zur ersten deutschen Führung seit dem 1:0 in der Anfangsminute. In der 27. Minute vergab Tobias Reichmann einen Alleingang. So blieb es bei der knappen 12:11-Halbzeitführung. Sicher, das deutsche Spiel war alles andere als titelverteidigerwürdig. Doch es sah zu diesem Zeitpunkt aus, als würde es bergauf gehen.

Die Hoffnung - sie war allerdings trügerisch. Im Angriff wurden Aktionen zu überhastet abgeschlossen. Beim 16:19 (42. Minute) brachte Prokop Torhüter Heinevetter für Wolff und nahm eine Auszeit. Die Botschaft: Ruhe bewahren. Seine Mannschaft setzte die Vorgabe um und glich durch Kreisläufer Hendrik Pekeler zum 20:20 (49.) aus, Weinhold gelang mit seinem siebten Treffer die 21:20-Führung (51.).

Es entwickelte sich eine umkämpfte Schlussphase, Patrick Wiencek leitete mit einer starken Defensivaktion den Treffer von Patrick Groetzki zum 24:23 ein (57.). Doch es blieb spannend, Mazedonien glich erneut aus (25:25/58.). Und Heinevetter rettete wenigstens einen Zähler.

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