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Kleber: "Nowitzki hat mir viel geholfen"

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David Nienhaus
Maximilian Kleber wurde wie Dirk Nowitzki in Würzburg geboren

Maximilian Kleber wurde wie Dirk Nowitzki in Würzburg geboren

Foto: pa

Maximilian Kleber hat seine erste Saison in der NBA hinter sich. Im Interview berichtet er, wie sehr ihn Dirk Nowitzki unterstützt hat.

Dallas. Maximilian Kleber spielt seit 2017 in der NBA. Er ist Team-Kollege von Superstar Dirk Nowitzki. Doch die Texaner werden die Playoffs verpassen. Kleber spricht im Interview über seine erste Saison, besondere Momente, das Zusammenspiel mit Nowitzki und über Drucksituationen.

Die Dallas Mavericks werden die Playoffs verpassen. Herr Kleber, wie fällt das Fazit Ihrer ersten NBA-Saison aus?

Maxi Kleber: Trotzdem war es extrem spannend. So würde ich es beschreiben. Es ist natürlich bitter, dass wir die Playoffs verpassen und so viele Spiele verloren haben, aber wir haben trotzdem versucht, immer alles zu geben.

Das trifft auch auf Sie persönlich zu, nehme ich an?

Klar, ich habe viele neue Dinge kennen gelernt, habe sportlich viele Höhen und Tiefen durchlebt und einfach enorm viel gelernt. Das Wichtigste war, sich an diese Liga, den Spielplan und die Abläufe des Basketballs hier zu gewöhnen.

Zum Beispiel?

Bei so vielen Spielen, die wir hier in den Staaten absolvieren, kann man einfach nicht in jeder Partie seine beste Leistung abrufen. Das ist frustrierend auf der einen Seite, auf der anderen Seite sehr lehrreich. Die Regeneration hat in der NBA einen wesentlich höheren Stellenwert als in anderen Ligen.

Sie haben mehr Einsatzzeit bekommen, als Experten Ihnen zugetraut haben, oder?

Auch das war lehrreich. Ich bin Rookie und ich muss mir die Einsatzzeit erarbeiten, erkämpfen und mit den etablierten Profis teilen. Von Spielen komplett ohne Einsatz, über nur wenige Minuten auf dem Court bis hin zu Partien, in denen ich als Starter auf dem Parkett stand, war alles dabei. Heute spielst du, morgen nicht – damit musste ich auch erstmal mental umzugehen lernen.

Und wie geht man damit um, Spiele ausschließlich von der Bank zu verfolgen?

Das macht in erster Linie einfach keinen Spaß, um ehrlich zu sein (lacht). Ich möchte natürlich Teil des Teams sein, dass auf dem Court steht und dort um Siege kämpft. Noch schlimmer ist es, wenn man verletzt ist – wie Daniel Theis (Deutscher Nationalspieler in Diensten der Boston Celtics, Anm. d. Red.) aktuell. Das Zuschauen bei den Trainingseinheiten, den Spielen, den Teamsitzungen, es macht einfach keinen Spaß und man langweilt sich wirklich sehr. Man muss versuchen, positiv zu bleiben, das Beste draus zu machen. Einfach ist das aber nicht.

Sie durften aber in weit über 60 Spielen in dieser Saison auflaufen. Was waren Ihre Highlights?

Die Spiele in Toronto, gegen Brooklyn oder Boston werde ich so schnell nicht vergessen. Das waren sicherlich die Höhepunkte meiner Saison. Aber das komplette Jahr hat einfach Spaß gemacht – trotz der zahlreichen Niederlagen. Es ist toll, die Franchise kennenzulernen, die Mitspieler und Coaches und auch die Art und Weise, wie hier gearbeitet wird.

Sie sprechen viel von Lehren. Ein Rookie ist vielleicht so etwas wie ein Lehrling. Was war am schwierigsten zu lernen?

Dass man einfach mehr auf seinen Körper achten muss. Als ich eine Zeitlang in der Starting Five stand und durchschnittlich auf mehr als 30 Minuten pro Partie gekommen bin, wurden meine Beine nach und nach schwer. Ich habe mich nicht müde gefühlt, aber irgendwie habe ich doch gemerkt, dass ich nicht mehr ganz so spritzig, so schnell bin, wie noch zu Beginn der Saison. Das war schon verrückt. Ich musste in meinen Körper reinhorchen und daraus auch die Schlüsse und Lehren ziehen.

Gibt es etwas, mit dem Sie überhaupt nicht zufrieden sind in Ihrem ersten Jahr in der NBA?

Womit ich nicht ganz so zufrieden bin, ist mein Dreipunkte-Wurf, der dieses Jahr gar nicht gefallen ist. Da fehlte mir einfach der Rhythmus und ich werde da definitiv im Sommer dran arbeiten.

Ihr Coach ist Rick Carlisle, Meistertrainer der Mavs. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?

Ich glaube, er kannte mich nicht, als ich im vergangenen Jahr nach Dallas kam – vielleicht nur von Videos. Deshalb war es für ihn etwas schwierig, mich einzuschätzen, was ich dem Team bringen kann und was für ein Spieler ich bin. Leider lief es für das Team direkt zu Beginn der Saison nicht so rund, was für mich hingegen von Vorteil war, weil ich dann recht früh in der Saison gleich spielen durfte.

Wie hätten Sie sich denn in einem Bewerbungsgespräch bei Coach Carlisle beschrieben?

Ich bin ein Spieler, der versucht, dem Team durch die kleinen Sachen auf dem Feld zu helfen. Dinge, die man auf dem Statistikbogen vielleicht nicht direkt sieht. Das war der Grund, warum ich spielen durfte, warum ich dann plötzlich in der Startformation stand.

Was sind das für Dinge?

Sachen, die andere Spieler vielleicht nicht so gerne machen: Blöcke setzen, beim Kampf um den Rebound ausboxen, dem anderen den Rebound gönnen, ein bisschen Extra-Energie auf den Court bringen. Ich glaube, damit war der Coach sehr zufrieden. Aber ich stehe noch ganz am Anfang und kann noch viel verbessern – nicht nur meinen Dreipunkte-Wurf. Vielleicht muss ich auch noch einfach etwas aggressiver sein. Wichtig war aber in dieser Saison, die richtigen Sachen zu machen, um dem Team zu helfen.

Sie sprachen die Niederlagen an. Anfang des Jahres gab Team-Besitzer Mark Cuban aus, die Mannschaft solle Spiele absichtlich verlieren, um im Sommer die größte Chance auf das beste Nachwuchstalent zu haben.

So eine Aussage hätte sicherlich kein Spieler getroffen, sonst wäre er wohl hier falsch aufgehoben. Du kannst den Spielern sagen, was du willst, aber keiner wird aufs Feld gehen und absichtlich verlieren. Jeder Spieler wird alles geben. Für uns geht es immer auch um die eigene Karriere, um den nächsten Vertrag.

Wie ist die Stimmung im Team, wenn man so viele Spiele verliert?

Zu Beginn der Saison war die Stimmung natürlich nicht gut. Wir haben gleich am Anfang mit Atlanta und Sacramento zwei Heimspiele verloren, die wir hätten gewinnen müssen. Das war ein ausschlaggebender Punkt für den Negativlauf und hat schon sehr weh getan. Natürlich geht man mit einem ganz anderen Gefühl in die nächste Partie, wenn man gewonnen hat. An Niederlagen gewöhnt man sich nie, so viel ist sicher. Bei über 80 Spielen summieren sich auch die Niederlagen, klar. Aber trotzdem ist man besser gelaunt, wenn man Spiele gewinnt.

Immerhin konnten Sie beispielsweise Top-Teams wie Toronto und Oklahoma schlagen...

Wir haben viele Spiele gehabt, wo wir extremer Underdog waren und die Gegner geärgert haben. Es fühlt sich okay an, wenn man diese Spiele nur knapp verliert, weil wir wissen, dass wir alles gegeben haben und weniger talentiert sind.

Dirk Nowitzki gehört zu den besten Basketballern der Geschichte. Wie war es für Sie, erstmals mit ihm zusammenzuspielen?

Für mich war es sehr hilfreich, ihn hier zu haben und hier zu wissen. Er war direkt im August des vergangenen Jahres schon in Dallas, als ich rübergekommen bin, um mein Aufbautraining zu machen. Das war cool, denn wir haben viel miteinander gesprochen, er hat mich darauf vorbereitet, was mich erwartet und wir haben auch zusammen trainieren können. Auch mental hat er mir sehr geholfen, mich auf das vorzubereiten, was alles auf mich einprasselt. Jeder Spieler würde davon träumen, sein Idol, einen der besten Basketballer überhaupt, an seiner Seite zu haben, von ihm zu lernen und zuzugucken, wie er arbeitet.

Nerven Sie eigentlich die Fragen nach Dirk Nowitzki?

(Atmet durch und lacht) Nein, ich weiß ja, dass es für alle interessant ist.

Okay, dann frei raus: Macht er weiter?

Im Herzen wird er wahrscheinlich niemals aufhören wollen – auch nicht in zehn Jahren. Aber irgendwann muss auch er mal den Schlussstrich ziehen. Ich weiß es aber ehrlich nicht. Er spielt eine tolle Saison, seine Offensivqualitäten sind unangefochten gut, er ist immer noch eine Waffe. Ob er weitermacht, weiß nur er. Ich habe ihn aber auch noch nicht gefragt. Aber selbst, wenn er es mir verraten würde, sollte doch ihm die Ehre gebühren, darüber zu sprechen (lacht).

Ein wichtiges Thema, das gerade in der NBA die Runde macht, ist Druck und psychische Probleme von Spielern. Eine Diskussion, die man in Deutschland nach dem Tod von Robert Enke auch immer wieder führt.

Man darf es einfach nicht unterschätzen, wie wichtig die Psyche eines Sportlers, eines Menschen ist. Wir haben einen top Mentaltrainer, mit dem wir über alles sprechen können. Offen über seine Probleme zu sprechen, ist enorm wichtig. Die Belastung, der Druck und die Erwartungen sind enorm. Nicht nur der Druck, den ich mir selbst mache. Auch von außen, medial, den Fans. Von daher ist das ein Thema das nicht vernachlässigt werden darf. Jeder Spieler muss die Unterstützung bekommen, die er braucht.

Im Sommer gibt es in der NBA eine Art Trainingsliga, die „Summer League“ – werden Sie da spielen?

Wir haben noch nicht final über die Pläne im Sommer gesprochen. Es steht ja auch noch die deutsche Nationalmannschaft auf der Agenda mit der WM-Qualifikation und da möchte ich auf jeden Fall dabei sein. Mein Land zu vertreten ist mir wichtig und deshalb werde ich noch mit den Mavericks darüber diskutieren. Der Klub will garantiert, dass ich Summer League spiele, um Spielrhythmus und Erfahrung zu sammeln. Für mich selbst wäre es sicherlich auch nicht schlecht. Aber wir werden eine Lösung finden.

Sie sind einer von fünf deutschen Spieler in der NBA. Wie war es für Sie, gegen die anderen Jungs zu spielen?

Es ist geil, dass Deutschland mittlerweile so gut in der NBA vertreten ist und es war eine große Freude, sie alle während der Saison wiederzusehen. Es macht einfach Spaß, gegen sie zu spielen und danach ein bisschen mit ihnen zu plaudern.

Zuletzt die Frage: Wer wird Meister?

Bayern München (lacht). Im Ernst: Houston spielt überragend, ich bin gespannt, wie sie sich in den Playoffs schlagen. Bei Golden State scheint ein bisschen die Luft raus zu sein, aber das kann vielleicht auch nur eine Phase sein. Und im Osten? Da bin ich gespannt drauf, wer sich durchsetzt.

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