Das “Romantik Hotel Jagdhaus Waldidyll“, ein Steinhaus mit gelben Fensterläden, grauem Schieferdach, Teich und gusseisernem Lichterbogen an der Auffahrt, ruft quasi nach poesievollen Worten - und rührt unfreiwillig zu einem tiefen “Oh, ist das schön!“-Seufzer. Ein Haus wie aus einem Märchen entsprungen
Von drauß' vom Walde, da kommt der Wanderer her./ Und er muss schon sagen: Es friert ihn doch sehr. Zum Glück zwischen den Tannenspitzen,/ sieht er ein Haus mit Kaminfeuer blitzen. Und schneit es auch arg aus dem Himmelstor,/ steigt dort die Wärme schnell wieder empor.
Es geht nicht anders: Auch wenn wir glaubten, immun zu sein: Im Erzgebirge weihnachtet es so sehr, dass wir einfach selber dichten müssen. Das "Romantik Hotel Jagdhaus Waldidyll", ein Steinhaus mit gelben Fensterläden, grauem Schieferdach, Teich und gusseisernem Lichterbogen an der Auffahrt, ruft quasi nach poesievollen Worten - und rührt unfreiwillig zu einem tiefen "Oh, ist das schön!"-Seufzer. Ein Haus wie aus einem Märchen entsprungen; als käme gleich Knecht Ruprecht schwer bepackt in die Lobby gestiefelt; als hätte der Weihnachtsmann nur mal eben seinen Schlitten um die Ecke in Hartenstein geparkt.
"Das Erzgebirge hat sich das Urige bewahrt", erklärt "Waldidyll"-Chefin Andrea Kahl die Herkunft dieses besinnlichen Gefühls, das an Kindheit erinnert; als man noch nicht wusste, wer unter dem roten Mantel steckte und die Furcht vor der Rute so groß war, dass der Teller immer leer gegessen wurde.
Geführt im Generationenbetrieb
Die Familie von Andrea Kahl wurde selbst von diesem Gefühl überwältigt, als sie das Haus Anfang der 90er-Jahre erstmals erblickte. Gemeinsam mit ihrer Mutter hat sie das Haus komplett saniert und führt es seitdem im Generationenbetrieb - bis hin zur sechsjährigen Tochter Aurelia. 1932 entstand das Haus, es diente zu DDR-Zeiten als Erholungsheim für Bergleute, die in den Stollen unter Tage schwer geschuftet und sich die Lungen dabei ruiniert hatten.
Erst nach aufwendigen Renovierungen und einem Neubau erhielt das Gebäude den historischen Charme eines Jagdhäuschens: knarzige Treppendielen, neuenglisch karierte Ohrensessel vor dem Kamin, geblümte Teppiche, handbemalte Waschbecken, eine alte Holz-Kasse mit Tasten groß wie einst Fünf-Mark-Stücke, schmiedeeiserne Bettgestelle, bestickte Tischläufer und natürlich reihenweise Handgeschnitztes. Alles, um Wärme ins Haus zu bringen, sagt Andrea Kahl.
Anleitung zum Küssen
Obwohl die Familie ursprünglich aus Landshut stammt, pflegt sie die Tradition des sächsischen Erzgebirges. Und die will sie auch den Gästen näherbringen - vor allem die wechselhafte Geschichte der Region, die überall Spuren hinterlassen hat. Und damit ist nicht nur die Legende um das Bernsteinzimmer gemeint, das während des Zweiten Weltkrieges angeblich in einem stillgelegten Stollen im nahe gelegenen Poppenwald bei Aue vergraben sein soll und Schatzsucher anzieht.
Stattdessen tragen zum Beispiel die im Hotel angebotenen Süßigkeiten und Bücher das Konterfei Paul Flemings mit Schnäuzer und wallender Lockenpracht. Der 1609 in Hartenstein geborene Lyriker des deutschen Barocks, dessen Geburtshaus restauriert wurde und nur wenige Autominuten vom Hotel aus zu erreichen ist, schrieb unter anderem eine Anleitung zum Küssen für Verliebte: "Nirgends hin / als auff den Mund /da sinckts in dess Hertzens Grund. Nicht zu frey / nicht zu gezwungen /nicht mit gar zu fauler Zungen."
Noch tiefer zurück in die Geschichte führt eine 25 Minuten lange Wanderung zu der Prinzenhöhle, in der der räudige Ritter Kunz von Kaufungen anno 1455 seine adeligen Geiseln festhielt, weil er sich um sein Geld betrogen fühlte. Bei Führungen durch die Burg Stein - die heute noch von den adeligen Eigentümern bewohnt wird und ebenfalls nur 15 Gehminuten entfernt liegt - hängt schließlich das mittelalterliche Folterwerkzeug inklusive des Schwerts eines Henkers, der auch dem Initiator des Altenburger Prinzenraubes auf dem Marktplatz ein Ende setzte.
Nicht blutig, sondern heimelig
Weniger blutig, dafür doch sehr heimelig, verlaufen die Hutz'n-Abende im Restaurant des "Waldidylls". Während dort das Sechs-Gänge-Romantik-Menü serviert wird, begleitet ein Zitherspieler eine spitzenklöppelnde Geschichtenerzählerin - ganz so, wie einst die Familien gemeinsam die Abende verbrachten, wenn es draußen dunkel und kalt wurde, man zusammenrückte, um Holz zu sparen für den langen Winter. Zum Zeitvertreib schnitzten die Männer aus den Holzscheiten Figuren.
Heute ist das Erzgebirge dafür in der ganzen Welt berühmt. Fast in jeder Stadt lädt eine Schauwerkstatt ein, in der Engelchen, Schneemänner und natürlich die Räuchermännchen entstehen. Bei der Firma Huss und deren Werkstattmuseum "Zum Weihrichkarzl" in Sehmatal-Neudorf können Räucherkerzen sogar selbst geknetet werden - beliebig in den Duftsorten Fichte, Lavendel und auch Schokolade.
An der Außenwand des Museums befindet sich auch ein Automat für den Adventsnotfall: Falls die Räucherkerzen ausgehen sollten und die Geschäfte schon längst geschlossen sind, lassen sich für zwei Euro aus einem umgebauten Zigarettenautomaten die Päckchen mit verschiedenen Duftnoten ziehen.
Licht spielt eine besondere Rolle
Wahrzeichen des Erzgebirges bleiben jedoch die beleuchteten Pyramiden, die sich durch die aufsteigende Wärme der Kerzen drehen. Dunkelheit und Licht, beides spielt im Erzgebirge seit jeher eine besondere Rolle, da Bergbau die Region seit Jahrhunderten prägt und deren Überreste hinter jedem Hügel in Form von Zechen, verlassenen Fördertürmen oder Bergbaumuseen zu finden sind. "Das Licht war für die Bergleute immer ein Zeichen, dass sie sicher heimkommen. Der Stollen war dunkel. Das Licht bedeutete, bald zu Hause zu sein", sagt die Hotelchefin. So werden die Weihnachtsmärkte oft von meterhohen Pyramiden erleuchtet. In Schwarzenberg steht beispielsweise die Krauß-Pyramide - sieben Meter hoch und mit einer Flügelbreite von drei Metern. Seit 75 Jahren erhellt sie den Markt, auf dem es nach gebrannten Mandeln, Zuckerwatte und Glühwein duftet und auf dem natürlich auch Christstollen angeboten wird.
Wer zu Weihnachten lieber selbst bäckt, der muss auch darauf im "Waldidyll" nicht verzichten. Gäste können in der Adventszeit Stollen-Backseminare belegen. Unter Anleitung von Bäckermeister Karl Sachse wird geknetet, gerührt, geformt, gebacken und mit Puderzucker gestreut. "Selbstverständlich können die Gäste ihr Stück dann mitnehmen", sagt Andrea Kahl. Und das sei nicht gerade wenig.
Anschließend geht es mit Fackeln zum Schloss Hartenstein, das durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört wurde und dessen verwüstete Mauern über dem Ort thronen. Wer weiß? - Vielleicht sitzt just in diesem Moment das Christkind vor dem Kamin in der Lobby und erholt sich von seinem vollbrachten Tagewerk.
Die Reise wurde unterstützt vom "Jagdhaus Waldidyll".