Ist gegen Fett ein Kraut gewachsen?

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Jörg Zittlau

edes Jahr im Frühling machen wieder unzählige Diätvorschläge die Runde. Dabei spielen in letzter Zeit auch natürliche Diäthilfen eine große Rolle. Der Anwender erhofft sich von ihnen nicht nur Hilfe beim Abspecken, sondern auch eine weitgehende Freiheit von Nebenwirkungen. Tatsache ist freilich: Die meisten der gepriesenen Produkte entfalten ihren "abspeckenden" Effekt aber eher aufs Portemonnaie als auf das Körpergewicht.

Prof. Garry Egger vom Universitätszentrum für Gesundheitsförderung und -forschung in Sydney beschäftigt sich schon seit längerem mit den natürlichen Diäthilfen. Sein Resümee: "Für keinen der untersuchten Stoffe existiert ein hinreichender Beleg für eine Gewicht reduzierende Wirksamkeit."

Wie etwa für Chitosan, das man hierzulande trotz offiziellen Verkaufsverbots problemlos übers Internet beziehen kann. Hergestellt wird es aus den Schalen von Krustentieren. Sein Trick besteht darin, Fette aus der Nahrung an sich zu ketten und sie daran zu hindern, vom Körper aufgenommen zu werden. "In der Theorie ein plausibles Konzept", so Egger, "es fehlen jedoch Studien, die die tatsächliche Wirkung von Chitoson am Menschen beweisen." Außerdem ist das Krustentierprodukt nicht unproblematisch, weil es neben der Fettaufnahme auch die Aufnahme fettlöslicher Vitamine blockiert.

Risikoärmer ist da schon die Malabar-Tamarinde, die oft auch unter ihrem lateinischen Namen Garcinia cambogia angeboten wird. Auch ihr Effekt erscheint in der Theorie plausibel, da sie die Neigung des Körpers hemmt, überschüssige Zuckeranteile der Nahrung in Fett umzuwandeln. In Versuchen am Menschen zeigte Garcinia jedoch überwiegend enttäuschende Ergebnisse.

Ähnlich ernüchternd interpretiert Egger die wissenschaftliche Datenlage zu anderen populären Diäthilfen wie Pu-Erh-Tee, L-Carnitin, Guarana, Ginkgo, Lezithin und Grapefruitkernextrakt. Und die als "Fatburner" gepriesene Meeresalge Fucus Vesiculosus muss laut Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin sogar als gefährlich eingestuft werden. Denn ihre hohen Jodwerte provozieren in unseren Breiten eine Überfunktion der Schilddrüse, mit unter Umständen lebensbedrohlichen Wirkungen auf den Stoffwechsel.

Doch es existieren auch positive Berichte zur Gewicht reduzierenden Wirkung von Heilpflanzen, die zwar nicht von Egger, aber von anderen Wissenschaftlern untersucht wurden. Wie etwa zum südamerikanischen Mate-Tee und zum Oolong-Tee aus China. Die beiden traditionsreichen Getränke kurbelten in Versuchsreihen den Energie- und Kalorienverbrauch der Testpersonen an, was zumindest indirekt auf eine abspeckende Wirkung hinweist.

Aus Indien kommt in letzter Zeit das Pulver der Guggulu-Rinde in Deutschlands Apotheken. Am Ayurveda Research Center in Bombay verordnete man 29 übergewichtigen Personen 30 Tage lang eine Kombination aus körperlicher Bewegung und einem Guggulu-Extrakt. Es zeigte sich, dass sie mehr an Gewicht verloren als eine Kontrollgruppe, die ohne Guggulu nur auf Bewegung setzte. Pharmakologische Untersuchungen weisen außerdem darauf hin, dass die traditionsreiche Ayurveda-Pflanze den Blutfettspiegel senkt.

Auch die Ginsengbeere sowie die bei uns schon in der Volksmedizin bekannte Geißraute zeigten in Studien ein paar "diätetische" Hinweise. Beide Heilpflanzen dämpfen den Appetit, die Geißraute scheint aber auch auf den Fettstoffwechsel zu wirken. In einer aktuellen Anwendungsbeobachtung an 87 übergewichtigen Frauen zeigte sie - in Kombination mit einem Diät- und Bewegungskonzept - ähnliche Erfolge wie Guggulu. Ein Selbstversuch lohnt sich in jedem Falle, denn der in Apotheken erhältliche Geißrautentee taugt kulinarisch durchaus zum Alltagsgetränk.