Der frühere Bundespräsident Christian Wulff muss einem Zeitungsbericht zufolge mit einer rückwirkenden Kürzung des Ehrensolds rechnen. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, herrscht zunehmend Unmut im Haushaltsausschuss des Bundestages unter Unionsabgeordneten über die Dauer und Höhe der Bezüge für Wulff.
Der CDU-Haushaltsexperte Norbert Brackmann sagte der "Bild", das Gesetz über den Ehrensold des Bundespräsidenten gehöre "grundsätzlich auf den Prüfstand." So sei zu fragen, ob der Ehrensold nicht wie die Pensionen von Ministern und Abgeordneten "erst ab 65 Jahre gezahlt werden sollte". Eine rückwirkende Änderung des Gesetzes schloss Brackmann demnach nicht aus.
Schmidt – "Wulff hat gesamte politische Klasse mitbeschädigt"
Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) warf Wulff vor, durch sein Verhalten dem Amt des Staatsoberhauptes "schweren Schaden" zugefügt zu haben. In einem Interview mit der "Bild" wertete Schmidt die wochenlange Diskussion bis zum Rücktritt Wulffs als einen Vertrauensverlust für die politische Kultur.
"Er hat gleich die gesamte politische Klasse mitbeschädigt", sagte Schmidt. Zugleich widersprach der SPD-Politiker dem Ex-Bundespräsidenten, wenn dieser sich als Opfer der Medien sehe. Wulff sei ein "Opfer seiner selbst.
Heil (SPD) will Reformkommission für Ehrensold
Mit Blick auf Berichte, wonach Wulff sein Recht als ehemaliger Bundespräsident auf ein Büro und Mitarbeiter in Anspruch nehmen wolle, rief die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast ihn auf, zunächst alle Vorwürfe zu klären. "Er beschädigt das Ansehen der Politik insgesamt und auch nach seinem Rücktritt das des Bundespräsidenten, wenn die Kluft zwischen seinem Handeln und dem Gerechtigkeitsempfinden immer weiter wächst", erklärte Künast.
Der SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sprach sich für eine überparteiliche Reformkommission unter Leitung des Bundestagspräsidenten aus, um den Ehrensold neu zu regeln. Der "Rheinischen Post" sagte Heil, das Sondergremium solle die Höhe der Bezüge sowie das Lebensalter prüfen, ab dem sie ausgezahlt werden.
"Es muss auch geklärt werden, unter welchen Bedingungen die Zuwendungen bei unehrenhaftem Verhalten gekürzt oder gestrichen werden", sagte Heil.
"Brauchen wir überhaupt noch einen Bundespräsidenten?"
Auch der FDP-Politiker Jürgen Koppelin, Mitglied des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags, legte Wulff den Verzicht auf Dienstwagen und Büro nahe. Er warf diedie Frage auf, ob Deutschland überhaupt einen Bundespräsidenten benötigt. "Es stellt sich die grundsätzliche Frage: Brauchen wir überhaupt noch einen Bundespräsidenten? Wofür?", sagte Koppelin der "Passauer Neuen Presse".
"Langfristig sollten wir diskutieren, ob unsere Republik einen Bundespräsidenten benötigt", sagte er. "Wir haben den Bundesratspräsidenten und die Bundeskanzlerin. Der Bundespräsident prüft Gesetze. Wenn man Bedenken gegen ein Gesetz hat, kann man das allerdings vom Bundesverfassungsgericht klären lassen. Den Bundespräsidenten benötigt man da nicht", sagte er.
Forderung nach Stopp des Großen Zapfenstreichs
Auch die geplante Verabschiedung Wulffs mit einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr am Donnerstag stößt bei SPD-Politikern und dem Bund der Steuerzahler auf Kritik. "Ich halte den Großen Zapfenstreich für Herrn Wulff für unangemessen", sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, "Handelsblatt Online". "Seine Wahl, die Amtsführung und die Begleitumstände um seinen Rücktritt waren peinlich und unwürdig", sagte er.
Auch SPD-Haushälter Carsten Schneider sieht keinen Grund für einen Großen Zapfenstreich für Wulff. Der ehemalige Bundespräsident habe durch seinen Umgang mit der Wahrheit das höchste Amt im Staate beschädigt. "Er sollte sich nun in Demut üben", sagte Schneider.
"Zeit für Bescheidenheit und Zurückhaltung"
Steuerzahlerbund-Vize Reiner Holznagel plädierte ebenfalls für einen Zapfenstreich-Stopp. "Es ist tatsächlich die Zeit für Bescheidenheit und Zurückhaltung. Nur so kann das Amt des Bundespräsidenten wieder eine breite Akzeptanz finden", sagte Holznagel. Dazu müsse auch der Bundestag durch schnelle Entscheidungen hinsichtlich der Altersbezüge des Bundespräsidenten beitragen.
Wulff war am 17. Februar nach Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsnahme von seinem Amt zurückgetreten. Laut Bundespräsidialamt hat er aber Anspruch auf den Ehrensold in Höhe von jährlich 199.000 Euro, weil sein Rücktritt aus "politischen Gründen" erfolgt sei.
Im Zuge der Ermittlungen wurde am Samstag auch das Privathaus Wulffs bei Hannover sowie die Wohnung und das Büro des mit Wulff befreundeten Filmproduzenten David Groenewold durchsucht.