Nach der Festnahme von zwei mutmaßlichen Terroristen in Berlin sind die Ermittlungen auch in der Nacht intensiv fortgesetzt worden. Untersucht werde auch, welche Auswirkungen die beschlagnahmten Chemikalien haben könnten, sagte ein Polizeisprecher am Morgen.
Im Laufe des Tages soll sich auch entscheiden, ob die Männer in Haft kommen oder freigelassen werden müssen. Rein rechtlich dürfen die beiden Männer bis zum Ablauf des Tages nach der Festnahme ohne Haftbefehl festgehalten werden. Dann müssen sie nach Angaben der Staatsanwaltschaft „entweder vorgeführt oder freigelassen“ werden. Der für politische Straftaten zuständige Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.
Die Berliner Polizei hatte am Donnerstag kurz vor dem zehnten Jahrestag der Attentate vom 11. September zwei Terrorverdächtige festgenommen und damit möglicherweise einen Anschlag verhindert.
Die beiden Männer arabischer Herkunft sollen sich für den Bau einer Bombe Chemikalien besorgt haben. Es gebe aber keine Erkenntnisse, dass ein Zusammenhang mit dem Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington bestehe, so die Polizei. Die Männer gehören nach bisherigen Erkenntnissen vermutlich keiner internationalen Terrorgruppe an.
Merkel sieht Terror als neue große Bedrohung
Der Terrorismus ist nach Einschätzung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die neue große Bedrohung: „Sie ist latent vorhanden. Es ist Zeit unseren Behörden zu danken, auch die internationale Zusammenarbeit funktioniert hervorragend. Aber wir müssen jede Stunde wachsam sein“, sagte Merkel dem Sender RTL.
Nach dem Ende des Kalten Krieges sei der Terror die neue große Bedrohung für die gesamte Weltgemeinschaft: „Wir haben alle gehofft, dass nach dem Ende des Kalten Krieges die ganz großen Konflikte dieser Welt vorbei seien.
Merkel betont auch die Bedeutung und den Nutzen stärkerer Kontrollen: „Ich bin bereit, stärkerer Kontrollen zu akzeptieren. Wir haben Gesetze gemacht, die bis dahin ungeahnte Einschnitte mit sich brachten. Einschnitte, die wir so nicht kannten. Meine persönliche Sicht ist, dass das notwendig ist, um das hohe Gut freiheitlichen Lebens für die große Mehrheit der Menschen sicherzustellen.“
Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, sagte der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“: „Ich hoffe, dass die Verbindungsdaten der Verdächtigen noch gespeichert und nicht dem Wegfall der Vorratsdatenspeicherung zum Opfer gefallen sind.“ Denn nur so könne festgestellt werden, ob hinter den Tätern Netzwerke stehen.
Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hielt Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberg vor, sie liege mit ihren Argumenten „völlig daneben“. Er frage sich, was an der Speicherung solcher Daten verwerflich sei, sagt er Morgenpost Online . „Es werden ja keineswegs alle Bürger überwacht, sondern auf diese Daten wird nur im Fall eines Verdachts zugegriffen“. Eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung sei dringend erforderlich.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann forderte ein bundesweites Anti-Radikalisierungs-Programm. „Wie im Kampf gegen Rechtsradikalismus benötigen wir auch im Bereich des militanten Islamismus Präventionsmaßnahmen in den Kommunen und im Internet, um gerade Einzeltäter frühzeitig erkennen zu können“, sagte er der „Osnabrücker Zeitung“.
Der Landesverfassungsschutz habe bereits gemeinsam mit Islamverbänden und Bildungsträgern ein Konzept entwickelt, das etwa die Zusammenarbeit von kommunalen Präventionsräten mit Hochschulen und Moscheen vorsehe. Auf nationaler Ebene müssten ferner Präventivmaßnahmen gegen islamistische Propaganda im Internet etabliert werden, sagte Schünemann.
"Terroristische Bedrohung nach wie vor sehr hoch"
Unionspolitiker fordern verstärkt die Vorratsdatenspeicherung. „Die Festnahmen zeigen, dass die terroristische Bedrohung in Deutschland nach wie vor sehr hoch ist“, sagt Unionsfraktionschef Volker Kauder den in Dortmund erscheinenden „Ruhr Nachrichten“.
„Die FDP muss endlich ihren Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung aufgeben“, sagte der CDU-Politiker und griff Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger direkt an. „Eine Justizministerin, die die Umsetzung einer verbindlichen EU-Richtlinie verweigert, ist ein Problem“, sagte er. „Wir müssen hier im Herbst in der Koalition zu einem Ergebnis kommen.“