Die CDU hat lange am dreigliedrigen Modell festgehalten. Doch jetzt hat sich das sächsische Modell durchgesetzt – und alle CDU-geführten Landesregierungen überzeugt.

Die CDU legt das dreigliedrige Schulsystem zu den Akten. Im November wollen die Christdemokraten auf einem Bildungsparteitag beschließen, dass es neben dem Gymnasium künftig nur noch eine zweite Schulform geben soll, in der Haupt- und Realschule zusammengefasst werden. „Wir werden dem Parteivorstand vorschlagen, dieser Schule den Namen Oberschule zu geben“, sagte Sachsens Kultusminister Roland Wöller "Morgenpost Online“.

Innerhalb dieses Schultyps solle es zwei Bildungsgänge geben, die auf einen Haupt- und Realschulabschluss hinführen. Ob es auch eine gymnasiale Oberstufe geben soll, ist offen. Wöller sitzt mit Bundesbildungsministerin Annette Schavan einer Expertenkommission vor, die eine Vorlage erarbeitet, über die der Parteivorstand Ende Juni befinden soll. Danach entscheidet der Parteitag.

Ost-CDU setzt sich durch

Die Hinwendung zum Zwei-Säulen-Modell und die Aufgabe der separaten Haupt- und Realschule stellen einen Paradigmenwechsel dar, der jedoch nicht unvorbereitet kommt. Alle CDU-geführten Landesregierungen haben sich auf den Weg gemacht, Haupt- und Realschule näher zusammenzubringen oder gleich zu vereinen.

Zuletzt ging Niedersachsen mit dem Beschluss zur Einführung der Oberschule diesen Schritt; daneben gibt es aber weiter selbstständige Haupt- und Realschulen. Dies soll nach dem Willen der CDU-Kommission nur im Übergang so sein.

Durchgesetzt hat sich damit die Ost-CDU. Im Grunde bedeutet der Plan eine Übertragung des sächsischen Modells auf ganz Deutschland. In Sachsen gibt es seit 1990 zwei Schulformen: die Mittelschule mit Haupt- sowie Realschulgang und das Gymnasium. Die separate Hauptschule, die es in der DDR nicht gab, wurde nicht eingerichtet.

Eltern akzeptieren die Hauptschule nicht

„Die Hauptschule ist nicht zu retten“, sagt Wöller, „die Schulform findet nicht mehr die Akzeptanz der Mehrheit der Eltern.“ Auch wegen der demografischen Entwicklung führe an der neuen Schulform kein Weg vorbei.

Klar spricht sich der Kommissionschef gegen weitere Experimente aus, also für einen Schulfrieden. Als Vorbild gilt der Beschluss der Bremer Bürgerschaft von 2008. Damals verständigten sich fast alle Parteien auf eine Schulpolitik für zehn Jahre. „Wir übernehmen diese Idee gern, auch wenn sie von Rot-Grün stammt. Wir brauchen einen Schulfrieden für ganz Deutschland“, sagt Wöller.

Wie allerdings ein solcher gewahrt und gleichzeitig das Zwei-Säulen-Modell flächendeckend entwickelt werden soll, dafür bleibt der Minister eine schlüssige Erklärung schuldig.

Baden-Württemberg als Feindbild

Der Wunsch nach Schulfrieden zielt vor allem auch auf Baden-Württemberg. Das Land war für die CDU lange das bildungspolitische Vorbild. Nun wird es unter Grün-Rot zum Feindbild.

„ Was Grün-Rot plant , bedeutet einen Rückfall in ideologische Feldversuche“, sagt Wöller und beklagt, dass die Regierung in Stuttgart ihre Verantwortung nicht wahrnehme und die Entscheidung über die Einführung neuer Gemeinschaftsschulen in die Hände von Bürgermeistern und Schulträgern gebe: „Auch in Baden-Württemberg gibt es immer weniger Schüler, aber immer mehr Schulformen, das passt nicht zusammen.“ Dies sei ein Anschlag auf das Gymnasium.

Vom längeren gemeinsamen Lernen in der Grundschule, wodurch die Gymnasialzeit verkürzt wird, hält die CDU nichts.

Nationale Bildungsstandards gefordert

Keine Einigkeit gibt es bisher in der Frage der Zuständigkeit. Auch hier sind es die ostdeutschen CDU-Landesverbände, die die Alleinverantwortung der Bundesländer für die Schulen gegen Anwürfe der Bildungsministerin verteidigen.

Schavan hatte eine Aufhebung des Verbots der Mitwirkung durch den Bund im Bildungsbereich gefordert, wie er im Grundgesetz steht. In „zehn Thesen für eine Bildungspolitik mit Zukunft“ sprechen sich die CDU-Fraktionsvorsitzenden aus Berlin, Thüringen und Brandenburg für den Erhalt des Status quo aus.

Allerdings, diesen Wunsch unterstützt die CDU-Bildungskommission, fordern sie nationale Bildungsstandards und Prüfanforderungen für alle Fächer und Schulabschlüsse. „Wir wollen ein Deutschlandabitur, das sich in spätestens fünf Jahren an deutschlandweit einheitlichen Prüfungsanforderungen orientiert“, heißt es in dem Papier der CDU-Politiker.

Förderschulen nicht abschaffen

Weitere Beschlüsse der Kommission betreffen den Ganztagsunterricht und das Thema Inklusion Behinderter. Der Ganztag soll qualitativ weiterentwickelt werden. Freiwillige Nachmittagsangebote sollen durch verbindliche ersetzt werden.

Auf die Kritik des Behindertenbeauftragten der Bundesregierung Hubert Hüppe (CDU) geht die Kommission nicht ein. Hüppe hatte angemahnt, nicht an den Förderschulen festzuhalten, sondern alle behinderten Kinder in Regelschulen zu unterrichten. Diese totale Inklusion will die CDU nicht bis zur letzten Konsequenz vollziehen. „Wir brauchen die Inklusion, aber wir werden die Förderschulen nicht abschaffen, darin ist sich die Kommission einig“, sagt Wöller.

Schließlich soll die Lehrerbildung besser werden. Mit einer Exzellenzinitiative sollen Hochschulen Anreize erhalten, die Lehrerausbildung aufzuwerten. „Unsere Sicht auf die Lehrer ist heute eine andere als noch vor zehn Jahren. Lehrer sind die entscheidenden Faktoren für die Verbesserung unseres Schulsystems“, sagt Wöller. „Deutschlands Zukunft entscheidet sich im Klassenzimmer.“