Die SPD verschärft im Streit um die Zypern-Hilfen den Ton gegenüber der Bundesregierung. „Auch wenn Angela Merkel davon nichts mehr wissen will: Das Zypern-Desaster trägt ihre Handschrift“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel am Dienstagabend zu „Spiegel Online“. Es sei nicht allein Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gewesen, der verhandelt habe, sondern die Bundeskanzlerin selbst: „Sie hat beim Brüssel-Gipfel die Linie vorgegeben.“
Gabriel warf der Kanzlerin vor, das Garantieversprechen für Kleinsparer mit ihrer Politik gebrochen zu haben. Merkel sei „mitverantwortlich dafür, dass in Zypern Kleinsparer die Zeche zahlen sollen – aber die Bankeigentümer ungeschoren davonkommen“. Die Kanzlerin habe zugelassen, dass erstmals in der Euro-Krise Kontoinhaber „faktisch teilenteignet“ würden. „Sie hat damit das Versprechen, dass sie 2008 gemeinsam mit Peer Steinbrück den deutschen Kleinsparern gegeben hat, für die Kleinsparer in ganz Europa verraten“, kritisierte der SPD-Chef. „Dieses Vertrauen in Europa wieder herzustellen wird schwer“, fügte er hinzu.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier befürchtet schwerwiegende Folgen für Europa aufgrund der Zypern-Krise. „Das Chaos sei jetzt komplett“, sagte er am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“. Die europäische Krise sei zurück. Verantwortlich sei zunächst Zypern selbst, das versucht habe, „von einem Geschäftsmodell zu leben, das nicht trägt“. Verantwortlich sei aber „natürlich auch ein europäisches Krisenmanagement und das Chaos, was dort jetzt herrscht“. Auf der deutschen Seite seien derzeit „alle damit beschäftigt, die Spuren zu verwischen“, kritisierte Steinmeier.
Das Parlament in Nikosia hatte am Dienstagabend das von der Regierung mit den Euroländern ausgehandelte Maßnahmenpaket mit großer Mehrheit abgelehnt. Der Widerstand gegen das Paket hatte sich vor allem an der geplanten Zwangsabgabe für Bankkunden entzündet, aus der 5,8 Milliarden Euro erlöst werden sollten. Sie sollte die Voraussetzung für den von der Eurogruppe zugesagten Kredit von bis zu zehn Milliarden Euro sein.
Zyprische Kirche bietet dem Staat Vermögen an
Die zyprische Kirche bietet dem Staat zur Überwindung der Krise ihr gesamtes Geld an. „Die Kirche und die Klöster werden für die Rettung des Landes alles zur Verfügung stellen“, erklärte der zyprische Erzbischof Chrysostomos nach einem Treffen mit Zyperns Staatspräsidenten Nikos Anastasiades am Mittwoch. Zyperns Parlament hatte am Dienstagabend die geplante Zwangsabgabe auf Bankguthaben abgelehnt. Die politische Führung in Nikosia sucht fieberhaft nach einem Ausweg aus der drohenden Staatspleite.
Die zyprischen Banken werden voraussichtlich bis kommenden Dienstag geschlossen bleiben. Zudem soll es für unbestimmte Zeit Einschränkungen für Überweisungen ins Ausland geben, wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen der Regierung und der Zentralbank Zyperns erfuhr. Offiziell wurde dies jedoch nicht bestätigt. Eine Erklärung sollte am Mittwochnachmittag ausgegeben werden.
Geplant wird, dass die Banken auch am Donnerstag und Freitag geschlossen bleiben. Sie sind bereits seit fünf Tagen geschlossen. Am kommenden Montag ist Feiertag auf Zypern. Bis dahin hoffen die Behörden eine Lösung zum Thema des Finanzproblems Zyperns gefunden zu haben. Auch nach der Öffnung werde es jedoch eine Sperre für Überweisungen ins Ausland geben. Ein entsprechendes Gesetz wurde am Mittwoch ausgearbeitet, hieß es aus Kreisen der Zentralbank.
Finanzminister hofft auf Hilfe aus Russland
Zypern setzt nach der Ablehnung des Hilfspakets von EU, EZB und IWF auf Hilfen aus Russland. Er hoffe, dass noch am Mittwoch eine Vereinbarung über einen Kredit aus Russland getroffen werden könnte, sagte Zyperns Finanzminister Michael Sarris, der sich derzeit in Moskau aufhält. „Wir hoffen auf ein gutes Ergebnis, aber wir können nichts vorhersagen“, sagte Sarris vor Gesprächen mit seinem russischen Amtskollegen Anton Siluanow. Zypern hatte Russland um eine Verlängerung eines existierenden Kredits im Volumen von 2,5 Milliarden Euro um fünf Jahre sowie um einen Zinsnachlass gebeten.