Brüssel. Die EU-Kommission macht der Ukraine eine neue, große Hilfszusage: 50 Milliarden Euro soll die Europäische Union an ziviler Unterstützung der Ukraine bereitstellen, als „finanzielle Reserve“ für die nächsten vier Jahre, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag in Brüssel. Die Gelder sollen je nach Bedarf laufende Ausgaben des ukrainischen Staates und erste Wiederaufbau-Maßnahmen finanzieren, teils als Zuschuss und teils als Darlehen.
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Das Problem: Im EU-Haushalt ist für die neue Hilfe und weitere Ausgabenwünsche gar kein Spielraum mehr – das Geld müssen die Mitgliedstaaten durch Extra-Zahlungen finanzieren. Wenn von der Leyens Pläne umgesetzt werden, müsste allein Deutschland etwa 16 Milliarden Euro an Brüssel überweisen, zusätzlich zu den laufenden EU-Beiträgen des Bundes von netto rund 25 Milliarden Euro im Jahr.
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Ukraine-Hilfe: Bislang 30 Milliarden Euro aus Brüssel
Der mehrjährige EU-Haushalt sei angesichts des Ukraine-Kriegs und anderer Krisen bereits maximal ausgereizt, erklärt die Kommission zur Begründung. Von der Leyen bezifferte die Gesamtsumme der bisher geleisteten Ukraine-Hilfen aus dem Brüsseler Etat auf 30 Milliarden Euro. Hinzu kommen bilaterale Leistungen und die europäischen Militärhilfen im Umfang von zwölf Milliarden Euro.
Von der Leyen sagte, jetzt gehe es darum, Kiew eine belastbare Perspektive zu geben – und andere Geldgeber zu motivieren, ebenfalls mehr Geld bereitzustellen. Den Plan will von der Leyen deshalb auf der internationalen Wiederaufbaukonferenz in London am Mittwoch und Donnerstag vorstellen, an der auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsminister Svenja Schulze (SPD) teilnehmen werden.
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Lindner sieht keinen Spielraum für zusätzliche Zahlungen
Nicht nur wegen der Ukraine-Hilfe steht die EU-Kasse vor dem Kollaps. Die EU-Kommission will auch 15 Milliarden Euro zusätzlich für Migration und Nachbarschaftshilfe ausgeben: Das Geld soll zum Beispiel für den Grenzschutz verwendet werden oder für die Flüchtlingsunterbringung in Drittstaaten nach dem Vorbild des bislang zehn Milliarden Euro teuren Flüchtlingsdeals mit der Türkei.
Außerdem will von der Leyen weitere zehn Milliarden Euro für eine neue „Plattform für strategische Technologien für Europa“ ausgeben: Ein Fonds, der Investitionen in strategisch wichtigen Industrien und Technologien subventionieren soll. Einen geringen Teil der neuen Ausgabepläne hofft von der Leyen durch Umschichtungen aufbringen zu können.
Doch 66 Milliarden Euro fordert sie jetzt als Nachschlag, den die Mitgliedstaaten bezahlen müssten – dort formiert sich aber Widerstand. Deutschland muss wegen seiner Größe und Wirtschaftsleistung als größter Beitragszahler rund 24 Prozent des Brüsseler Budgets finanzieren, für diesen Plan also umgerechnet 16 Milliarden Euro. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat bereits deutlich gemacht, dass er eigentlich keinen Spielraum für zusätzliche deutsche Zahlungen in den EU-Haushalt sieht.
Die Haushaltslage in Deutschland sei angespannt, es werde zu Kürzungen bei den Ausgaben im Bundeshaushalt für nächstes Jahr kommen müssen, so Lindner. Aus Sicht des Finanzministers sind zusätzliche Beiträge zum EU-Haushalt nicht möglich, der zusätzliche Finanzbedarf solle durch Umschichtungen oder durch die Nutzung bestehender Spielräume im Haushalt der EU gedeckt werden.
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