Berlin. Die Landkreise fordern eine umfassende Verlängerung der Atomlaufzeiten in Deutschland. In einem Positionspapier, das unserer Redaktion vorab vorliegt, spricht sich der Landkreistag für einen "befristeten Weiterbetrieb der noch in Betrieb befindlichen beziehungsweise stillgelegten, aber noch nicht zurückgebauten deutschen Kernkraftwerke" aus.
Der Bund solle die atomrechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit diese Kernkraftwerke in den kommenden Jahren weiterbetrieben werden könnten. Die Herausforderung, ein Endlager für hochradioaktive Abfälle zu finden, werde durch einen "beschränkten Weiterbetrieb einiger Kernkraftwerke nicht erschwert", heißt es in dem Papier.
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Energiekrise: Könnten stillgelegte Kernkraftwerke bald wieder angefahren werden?
Landkreistagspräsident Reinhard Sager betonte gegenüber unserer Redaktion: "Es wäre sowohl mit Blick auf die Klimaschutzziele als auch auf die europäischen und internationalen Klimaschutzanstrengungen ein falsches Zeichen, das vorhandene Potenzial der deutschen Kernkraftwerke ungenutzt zu lassen."
Nach dem unter der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschlossenen Atomausstieg sollten die letzten deutschen Atomkraftwerke zum Jahresende vom Netz gehen. Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sehen nun vor, zwei der drei verbliebenen Kraftwerke für den Fall von Engpässen noch bis Mitte April einsatzbereit zu halten: Isar 2 (Bayern) und Neckarwestheim (Baden-Württemberg). Endgültig abgeschaltet werden soll der Meiler Emsland (Niedersachsen). Am vergangenen Jahreswechsel waren die drei Kernkraftwerke Brokdorf (Schleswig-Holstein), Grohnde (Niedersachsen) und Gundremmingen (Bayern) stillgelegt worden.
In dem Papier fordern die Landkreise vom Bund ein Gesamtkonzept zur Energieversorgung. "Bürger und Betriebe können die steigenden Kosten für Gas und Strom sowie die hohe Inflation vielfach nicht mehr tragen", mahnte Sager. "Deshalb sollte der Staat am Anfang der Energie-Lieferkette eingreifen, durch einen Preisdeckel bei Gas und Strom und durch eine Senkung der Abgaben und Steuern für Energie auf das europäische Minimum."
Energie: Kritik an Habecks Plänen für Gasumlage
Die Landkreise rufen Habeck dazu auf, die Pläne für eine Gasumlage aufzugeben, die "kein zielgerichtetes Instrument zur wirksamen Stützung von finanziell betroffenen Energieunternehmen" sei. Die Unterstützung einzelner Energieunternehmen durch Finanzmittel des Bundes sei "der bessere, unbürokratischere und wirksamere Weg", schreiben die Autoren des Papiers.
Um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, stellen die Landkreise den Denkmalschutz infrage. "Auf Millionen Dächern könnten noch viel mehr Solaranlagen installiert werden", hob Präsident Sager hervor, der auch Landrat des Landkreises Ostholstein ist. "Dabei gehören auch behindernde Regelungen des Denkmalschutzes auf den Prüfstand. Wir brauchen seitens der Politik ein klares Zeichen für solche Anlagen, damit mehr Energie schnell erzeugt werden kann."
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