Atomwaffenfreies Europa

Westerwelle blitzt mit Abrüstungsplänen bei Nato ab

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Das US-russische Abrüstungsabkommen Start ist nach Einschätzung von Außenminister Guido Westerwelle die Gelegenheit für den Abbau taktischer Atomwaffen aus Europa. Die Benelux-Staaten und Norwegen unterstützen den Vorstoß. Doch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen will davon nichts wissen.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bremst die Initiative von Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zum Abzug taktischer Atomwaffen aus Europa. US-Atomwaffen seien ein „entscheidender Teil einer glaubwürdigen Abschreckung“, sagte Rasmussen am Donnerstag am Rande des Nato-Rats in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Zugleich warb der Däne für den Aufbau einer Raketenabwehr innerhalb des Bündnisses.

Nach Rasmussens Einschätzung gibt es derzeit keine Alternative zu Atomwaffen. Westerwelle hatte zuvor beim Außenministertreffen in Tallinn für den Abbau taktischer Atomwaffen geworben. „Das ist jetzt die Zeit, Abrüstung voranzubringen“, sagte Westerwelle. Der Außenminister verwies dabei auf das neue START-Abrüstungsabkommen, das die USA vor zwei Wochen mit Russland unterzeichnet hatten. Unterstützt wird Westerwelles Initiative von den Benelux-Staaten und Norwegen.

Neben Rasmussen sehen auch eine Reihe von osteuropäischen Ländern und Atommächte wie Frankreich und Großbritannien den Vorstoß mit Skepsis. Es ist das erste Mal seit Mitte der 90er Jahre, dass die Nato über die nukleare Abrüstung debattiert.

In der Bundesregierung dringt vor allem die FDP auf einen Abzug der verbleibenden Atomwaffen aus Deutschland. Im Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz lagern noch 15 bis 20 US-Atombomben. Insgesamt haben die USA in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Italien und der Türkei noch bis zu 240 Atomwaffen.

Polen und Norwegen fordern zudem den Abzug der schätzungsweise 2000 bis 4000 russischen Atomwaffen. Viele osteuropäische Nato-Länder sehen sich hierdurch bedroht und betrachten die US-Sprengköpfe als eine Art Rückversicherung. US-Außenministerin Hillary Clinton sicherte den Osteuropäern die Solidarität ihres Landes bei der Verteidigung zu. Diese US-Zusage sei „in Stein gemeißelt“, sagte Clinton in Tallinn.

Zugleich sprach sich Rasmussen für den Aufbau einer Raketenabwehr innerhalb des Bündnisses aus: „Wir brauchen eine Raketenabwehr für den Fall, dass verantwortungslose Täter sich nicht durch unser Atomwaffen-Arsenal abschrecken lassen“, betonte er.

Auf einen Beschluss zur Einrichtung eines solchen Systems hofft der Bündnis-Chef beim Gipfeltreffen im Herbst in Lissabon. Da es bei Ländern wie Frankreich Widerstand gibt, prüfen die USA laut Diplomaten parallel weiter den Aufbau einer Raketenabwehr in Südosteuropa.

Rasmussen kündigte außerdem harte Spar-Einschnitte an. „Wir haben eine Hauptquartier-Struktur des Kalten Krieges, die wir uns nicht mehr leisten können“, sagte der Däne. Über die mögliche Schließung von Hauptquartieren sollen die Nato-Verteidigungsminister im Juni entscheiden. Der Nato fehlen in diesem Jahr mehr als 700 Millionen Euro.

( AFP/ks )