Die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer ist beunruhigt über die hohe Migranten-Quote unter den Hartz-IV-Beziehern und mahnt bessere Sprachkenntnisse und eine gute Bildung an. Auch Kanzlerin Merkel beschäftigt das Thema Hartz IV. Sie verlangt Verbesserungen – doch der FDP ist das zu wenig.
In der Debatte um die Hartz-IV-Leistungen hat sich die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), besorgt über den hohen Anteil von Migranten bei den Leistungsempfängern geäußert. „Es ist alarmierend, dass Menschen aus Zuwandererfamilien doppelt so häufig Hartz IV beziehen wie Deutsche ohne Migrationshintergrund“, sagte Böhmer. Wer eine Chance auf dem Arbeitsmark haben wolle, müsse über deutsche Sprachkenntnisse und eine gute Bildung verfügen. „Wir wissen das, haben aber ein Umsetzungsproblem“, sagte Böhmer. Dies müsse nun „dringend angepackt werden“.
Böhmer forderte in der „Bild“-Zeitung mehr Geld für Schulen und Lehrer sowie eine bessere Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Noch in diesem Jahr müsse es dafür eine gesetzliche Regelung geben, sagte sie. Zugleich forderte die Integrationsbeauftragte die Migranten dazu auf, ihren Teil beizutragen. So sei es „dringend notwendig“, dass mehr Kinder aus Zuwandererfamilien einen Kindergarten besuchten. Wer seiner Verpflichtung bei Sprach- und Integrationskursen nicht nachkomme, müsse außerdem „auch mit Sanktionen rechnen“.
Aus der FDP werden Forderungen an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) laut, eigene Reformvorschläge vorzulegen. „Die Kanzlerin muss Farbe bekennen. Statt Kritik an der FDP zu üben, sollte sie sich mit eigenen Vorschlägen in die Diskussion einbringen und endlich Verantwortung übernehmen“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Miriam Gruß.
Die FDP-Politikerin sieht den Kurs ihrer Partei in der Hartz-IV- Debatte durch den jüngsten ARD-Deutschlandtrend bestätigt. Darin konnten die Liberalen wieder um zwei Punkte auf zehn Prozent zulegen.
Allerdings waren in der Umfrage von Infratest dimap nur 20 Prozent davon ausgegangen, dass die FDP von der Debatte über die Hartz-IV- Sätze profitiert, 69 Prozent waren gegenteiliger Meinung. Selbst 64 Prozent der FDP-Anhängern denken demnach, dass die Rhetorik von Parteichef Guido Westerwelle der eigenen Partei schadet, nur 34 Prozent sehen einen Nutzen für die FDP.
Merkel reagierte auf die Äußerungen aus der FDP mit der Warnung, nicht Arbeitslose gegen Menschen mit Arbeit auszuspielen. Anreize zur Arbeit seien in der Gesellschaft wesentlich, sagte die Kanzlerin. Wer ein zumutbares Arbeitsangebot nicht annehme, müsse auch Nachteile spüren. Leider sei aber auch Realität, dass nicht für alle, die arbeiten wollten, Arbeit da sei. Flächendeckende Mindestlöhne lehnte sie ab. Dadurch würden Arbeitschancen verbaut.
Merkel sagte, das Lohnabstandsgebot zwischen Sozialleistungen und Arbeitsentgelten sei richtig und wichtig. Sie bekräftigte, die Koalition werde die Zuverdienstmöglichkeiten von Hartz-IV-Empfängern verbessern. „Die Hinzuverdienstmöglichkeiten sind nicht ausreichend“, sagte Merkel. Verbesserungen in diesem Bereich würden auch im Kampf gegen Schwarzarbeit helfen.
Auslöser der Debatte war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelsätzen. Diese müssen neu berechnet werden. Bei den Härtefallregelungen könne dies beim Bund jährlich zu Mehrkosten in Höhe von voraussichtlich 100 Millionen Euro führen, berichtet „Focus“. Diese Schätzung habe das Bundesarbeitsministerium in einer Mitteilung an das Finanzministerium abgegeben.
Darin gehe das Ministerium davon aus, dass für ungefähr ein Prozent der rund sieben Millionen Menschen mit Anspruch auf Hartz IV Zahlungen von durchschnittlich 100 Euro pro Monat fällig werden. Die neuen Zusatzzahlungen etwa für Fahrtkosten von Trennungskindern oder Nachhilfe sollen dem Bericht zufolge nur sehr restriktiv bewilligt werden.
afp/Reuters/dpa/lac