Arbeitsmarkt

Studie – Hartz IV zerstört keine Vollzeitjobs

| Lesedauer: 2 Minuten

Foto: dpa

Das Institut der deutschen Wirtschaft beurteilt die Auswirkungen der Hartz-IV-Reform auf den Arbeitsmarkt insgesamt positiv. Einer Studie zufolge verdrängen die Ein-Euro-Jobs keine Vollzeitstellen, sondern reduzieren die Arbeitslosigkeit. Die Vorschläge von SPD-Vize Hannelore Kraft weist die Regierung als "problematisch" zurück.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat zurückhaltend auf die Arbeitsmarkt-Thesen der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Hannelore Kraft reagiert. Die Äußerung, ein Viertel der Langzeitarbeitslosen sei auf dem regulären Arbeitsmarkt chancenlos, sei problematisch, sagte eine Ministeriumssprecherin in Berlin. „Wir müssen alles tun, damit Arbeitslose wieder in den ersten Arbeitsmarkt kommen“, betonte sie. „Wir dürfen die Menschen nicht aufgeben“, verlangte die Sprecherin. Die Hauptbotschaft in der Debatte um Langzeitarbeitlosigkeit müsse sein, dass jeder einzelne gebraucht werde.


Auch zu Krafts Vorstoß, Langzeitarbeitslose könnten gegen einen symbolischen Aufschlag auf die Hartz-IV-Sätze Straßen sauber halten oder in Altenheimen vorlesen, reagierte das Arbeitsministerium ablehnend. Es gebe bereits nach geltendem Recht ausreichend Möglichkeiten zu gemeinnützigen Tätigkeiten, etwa durch Ein-Euro-Jobs.

Nach Einschätzung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben Hartz IV und die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 nicht zum Abbau von Vollzeitstellen geführt. Wie schon zehn Jahre zuvor hätten auch 2008 unverändert vier von zehn Menschen im erwerbsfähigen Alter unbefristet und Vollzeit gearbeitet, sagte IW-Direktor Michael Hüther und wandte sich damit gegen andere Darstellungen.

Hüther legte dazu Zahlenmaterial vor. Danach geht die deutliche Zunahme bei geringfügiger, befristeter und Teilzeitbeschäftigung auf das Konto der zwischen 2003 und 2008 neu entstandenen 1,4 Millionen Arbeitsplätze. „Unbefristete Vollzeitstellen wurden nicht verdrängt“, lautet Hüthers Fazit. Die Hartz-Reformen hätten aber zur Ausweitung flexibler Formen der Erwerbsarbeit beigetragen und als „Sprungbrett“ in den Arbeitsmarkt gedient.

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung im erwerbsfähigen Alter seien die Vollzeitstellen ohne Befristung zwischen 1988 und 2008 von 40 auf 38 Prozent zurückgegangen. Dies sei weniger als allgemein diskutiert werde, sagte Hüther

Hüther räumte aber ein, dass die Armutsgefährdung von Menschen in geringfügigen Beschäftigungen gestiegen sei. Dennoch stünden sie besser da als Arbeitslose. Am Abstand zwischen den unteren Einkommen und den Sozialleistungen habe sich durch die Hartz-Reformen nichts geändert.

Allerdings gebe es durch ein falsches Anreizsystem für Hartz-IV-Empfänger durchaus Arbeit, die sich finanziell nicht lohne. Hüther nannte insbesondere den Übergang von der Teilzeitarbeit in Vollzeitarbeit. Die Gestaltung der Freibeträge mache Vollzeitarbeit unattraktiv, wenn sie umgerechnet nur einen Stundenlohn von ein bis zwei Euro einbringe, so Hüther. Daher müssten die Zuverdienstmöglichkeiten für arbeitende Hartz-IV-Empfänger reformiert werden.

Einen gemeinnützigen Arbeitsmarkt, wie ihn die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft gefordert hat, nannte Hüther „berechtigt“. Ergänzend zur normalen Arbeitsvermittlung könnten solche Angebote funktionieren, da es eine erhebliche Anzahl von Langzeitarbeitslosen gebe, die auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelt werden könne.

( Reuters/dpa/EPD/fas )