CDU-Spendenskandal

Schreiber bleibt wegen Verdunklungsgefahr in Haft

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Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber muss bis zum Prozessbeginn im Gefängnis bleiben. Der Ermittlungsrichter entschied im Augsburger Landgericht, dass der Haftbefehl gegen den 75-Jährigen aufrecht erhalten wird. Grünen-Politiker erwarten, dass Schreiber rasch auspackt – weil ihm die Haft so zusetzt.

Gegen den früheren Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber ist wegen Korruption und Steuerhinterziehung der Haftbefehl eröffnet worden. Der mutmaßlich korrupte ehemalige Waffenlobbyist muss bis zum Prozessbeginn im Gefängnis bleiben. Ermittlungsrichter Rudolf Weigell entschied im Augsburger Landgericht, dass der Haftbefehl gegen den 75-Jährigen aufrecht erhalten wird. Begründet wurde das mit Fluchtgefahr und Verdunklungsgefahr, wie Gerichtssprecher Karl-Heinz Haeusler mitteilte.

Schreiber habe einen mitgenommenen Eindruck gemacht. Der Haftbefehl wurde ihm von drei Richtern und drei Staatsanwälten eröffnet. Schreiber lehnte es ab, fotografiert zu werden. Sein Anwalt Jens Wursbach wollte keine Stellungnahme abgeben. Über seinen Anwalt bestritt Schreiber pauschal alle Vorwürfe. Der Ex-Waffenhändler ist eine Schlüsselfigur im CDU-Spendenskandal um den ehemaligen Bundeskanzler und Parteivorsitzenden Helmut Kohl. Er soll über ein Schweizer Tarnkontensystem Politiker und Industrielle bestochen haben.

Nach der Eröffnung des Haftbefehls zog sich das Gericht zu einer kurzen Beratung zurück. Wann die Verhandlungen beginnen, war zunächst unklar. Mit einer Terminierung des Prozessbeginns sei am Dienstag nicht mehr zu rechnen, sagte Landgerichtspräsident Herbert Veh. Schreiber war nach zehnjährigem juristischen Tauziehen am Montag in Deutschland eingetroffen. Gegen ihn liegt vor dem Landgericht Augsburg eine Anklage wegen Steuerhinterziehung, Betrug und Bestechung in mehreren Fällen vor.

Der Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele hofft, dass Schreiber in der CDU-Spendenaffäre „nun endlich auspackt“. Schreiber habe sich „immer sehr haftempfindlich“ gezeigt, sagte Ströbele dem Berliner „Tagesspiegel“. Deshalb müsse man vielleicht gar nicht bis zum Prozessbeginn warten, um neue wichtige Informationen zu erhalten. Konkret gehe es vor allem um die damalige Rolle des CDU-Politikers und derzeitigen Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble.

Die Frage sei, ob Schäuble oder die frühere CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages, der sich von 1999 bis 2002 mit der Spendenaffäre befasst hatte, die Unwahrheit gesagt hätten. Zudem wolle man wissen, ob die damalige 100.000-Mark-Spende Schreibers an die CDU im Zusammenhang mit einem Eintreten Schäubles für ein kanadisches Rüstungsprojekt gestanden habe.

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier ist dagegen skeptisch, dass Äußerungen des in Augsburg angeklagten früheren Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber im Wahlkampf vor der Bundestagswahl am 27. September eine Rolle spielen werden. „Erstens weiß ich nicht, ob er aussagt. Zweitens weiß ich nicht, was er aussagt“, sagte Steinmeier am Montagabend im ZDF-„Heute-Journal“. Die Vernehmung Schreibers sei Aufgabe der Staatsanwaltschaft in Bayern. „Warten wir ab“, fügte Steinmeier hinzu.

Auch der SPD-Obmann im damaligen Untersuchungsausschuss, Frank Hofmann, glaubt nicht, dass die Auslieferung Schreibers nach Deutschland den Bundestagswahlkampf beeinflussen wird. „In diesem Fall geht es um Aufklärung, nicht um Wahlkampf“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“.

Aussagen von Schreiber könnten aktuell handelnden Politikern nur dann gefährlich werden, wenn er „nicht bloß irgendwelche Behauptungen aufstellt, sondern eventuell neue Aussagen auch glaubwürdig untermauern kann“. Hofmann hält es für möglich, dass über das einst von dem Waffenlobbyisten bestückte „Maxwell“-Konto Gelder an die CSU geflossen sind.

Der frühere Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Volker Neumann (SPD), rechnet allerdings nicht damit, dass Schreiber alles auspacken wird. Neumann sagte dem Hessischen Rundfunk: „Ich befürchte, dass man versuchen wird, im Rahmen einer Absprache bestimmte Dinge aus dem Prozess herauszunehmen und schnell zu einem Ende zu kommen.“ Nach Ansicht Neumanns verfügt Schreiber durchaus über interessantes Insiderwissen rund um die damaligen Vorgänge: „Wir haben ihn ja in Kanada vernehmen dürfen. Dabei hat er ganz überraschend Einzelheiten über Parteispenden an die CSU dargelegt, die aber nicht nachweisbar waren.“

Grundlage für die Auslieferung Schreibers war ein internationaler Haftbefehl der Augsburger Staatsanwaltschaft. Der Haftbefehl stammt von September 1999, dem sich Schreiber damals durch Flucht über die Schweiz nach Kanada entzogen hatte. Als Haftgrund soll ihm Fluchtgefahr vorgehalten werden. Schreiber hat nach Eröffnung des Haftbefehls die Möglichkeit, dazu umfassend Stellung zu nehmen.

( ddp/dpa/AP/AFP/fas/cn )