Der Chef der Euro-Gruppe tadelt den deutsch-französischen Streit um einen Hebel für die EFSF. Auch in Deutschland sieht sich die Kanzlerin mit heftiger Kritik konfrontiert.

Der Streit zwischen Berlin und Paris über einen Hebel für den Rettungsfonds EFSF ist aus Sicht von Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker verheerend. „Die Außenwirkung ist desaströs“, sagte Juncker am Freitag vor dem Auftakt eines Eurogruppen-Treffens in Brüssel. „Wir geben hier kein eklatantes Beispiel für gehobene Staatsführung.“

Wegen des Konflikts zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatschef Nicolas Sarkozy, wie die 440 Milliarden Euro des EFSF am effektivsten eingesetzt werden, stand der Gipfel am Sonntag auf der Kippe. Die Regierungen von Deutschland und Frankreich streiten über den Einsatz finanztechnischer Hebel, um das Kapital zu vervielfachen.

Nun sollen auf dem Treffen die Maßnahmen nur geprüft und erst am Mittwoch beschlossen werden. Ihm wäre es „lieber gewesen, wir hätten nicht zwei Anläufe gebraucht, Sonntag und Mittwoch“, sagte Juncker. Er hätte demnach eine Lösung schon am Sonntag bevorzugt.

Juncker wies auch die Darstellung zurück, dass es „nur ein Problem zwischen Deutschland und Frankreich“ gebe: „Wieso denkt man eigentlich, es reichte, dass sich Deutschland und Frankreich einigen?“, sagte der luxemburgische Regierungschef. „Wir haben es mit 17 Regierungen, mit 17 Staaten, mit 17 Ländern, mit 17 Parlamenten zu tun.“ Es gebe nicht nur in Berlin ein Parlament, das bei den Euro-Beschlüssen mitreden wolle.

SPD spricht Merkel Vertrauenswürdigkeit ab

Wegen der verschobenen Euro-Entscheidung sagte Merkel ihre für Freitag geplante Regierungserklärung im Bundestag ab, was harsche Kritik der Opposition auslöste. Redner der SPD warfen der Bundesregierung vor, sie sei nicht mehr vertrauenswürdig.

SPD, Grüne und Linke forderten, über die umstrittenen Leitlinien für den Euro-Rettungsschirm EFSF müsse das Bundestagsplenum öffentlich entscheiden und nicht der Haushaltsausschuss hinter verschlossenen Türen. Vertreter von Union und FDP versicherten, es handele sich nur um technische Details, die Risiken für Deutschland würden nicht erhöht.

Der Einsatz der Hebel-Instrumente soll in den EFSF-Leitlinien geregelt werden, denen in Deutschland der Haushaltsausschuss zustimmen muss. In der bisherigen Fassung fehlt dieser Teil noch. Dennoch will die Koalition im Ausschuss den bisherigen Arbeitsstand am Freitagmittag billigen, um Merkel so weit wie möglich den Rücken zu stärken.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte, um eine Hebelung der EFSF-Milliarden werde man wohl nicht herumkommen, wenn Spekulationen gegen Spanien und Italien abgewehrt werden sollten. Darüber müsse aber im Bundestag vor den Augen der Bürger entschieden werden.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, bei einer Hebelung der Gelder steige auch das Verlustrisiko. Das sei eine substanzielle Frage, über die der Bundestag als Ganzes entscheiden müsse, nicht nur der Ausschuss.

Streit um Repo-Geschäfte mit Banken

Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Norbert Barthle, sagte, es könne nicht über Dinge entschieden werden, die von den Regierungen noch nicht verhandelt worden seien. Sein FDP-Kollege Otto Fricke argumentierte, das Volumen von bis zu 211 Milliarden Euro, mit dem die deutschen Steuerzahler für den EFSF haften, werde durch die Leitlinien nicht erhöht. Der CSU-Haushaltsexperte Bartholomäus Kalb sprach von einer Scheindebatte, die Grünen bauten einen Popanz auf.

Streit gab es auch um die in den Leitlinien vorgesehen Möglichkeit des EFSF, zu seiner Liquiditätssteuerung Repo-Geschäfte mit Banken einzugehen. Dazu soll er Staatsanleihen als Sicherheiten für kurzfristige Darlehen einsetzen können. Die Grünen sehen darin bereits einen finanztechnischen Hebel. Die Koalition wies das als falsch zurück, weil der EFSF mit den Kurzfrist-Darlehen keine neuen Staatsanleihe kaufe, die dann wiederum für weitere Repo-Geschäfte eingesetzt werden könnten.