Der mutmaßliche Attentäter Anders B. (32) war Inhaber einer großen Firma. Im Internet gab er sich als friedliebender Mensch aus.

"Eine Person mit einem Glauben, hat die Kraft von 100.000 Personen, die nur Interessen haben" – das schrieb Anders B. am 17. Juli, dem vergangenen Sonntag noch über den Kurznachrichtendienst Twitter. Es war seine bislang einzige Twitter-Nachricht. Kurz danach wurde der 32-jährige Norweger zum mutmaßlichen Massenmörder. B. zündete vermutlich eine Autobombe in der Innenstadt von Oslo. Die gewaltige Explosion ließ Scheiben zerbersten und tötete mindestens sieben Menschen.

Nur kurze Zeit später tauchte Anders B. auf der Ferieninsel Utoya auf, gekleidet in eine Polizeiuniform. Auf der Insel fand ein Sommerlager der regierenden Labour-Partei für Jugendliche statt. Die meisten der Kinder waren zwischen 15 und 16 Jahre alt. B. gab vor, er müsse aufgrund des Anschlages in Oslo Sicherheitsüberprüfungen durchführen. Dann eröffnete er mit einem Gewehr das Feuer. Nach Polizeiangaben wurden 85 Menschen getötet.

Einige flüchteten in panischer Angst vor dem Todesschützen, sprangen ins Wasser und flohen von der Insel.

Anders B. konnte von einer Sondereinheit der norwegischen Polizei überwältigt und festgenommen werden. Er befindet sich derzeit in Polizeigewahrsam und wird verhört.

Der festgenommene Verdächtige ist zur Zusammenarbeit mit den Behörden bereit. Die Polizei sagte, der 32-Jährige kooperiere mit den Beamten. Der Verdächtige wolle sich erklären, hieß es.

Laut Medienberichten soll Anders B. in beiden Vorfälle – die Autobombe in Oslo und den tödlichen Schüssen von Utoya – verwickelt sein. Norwegische Polizeibeamte durchsuchten die Wohnung des mutmaßlichen Attentäters im Westteil von Oslo.

Wer ist der Mann, der blutigen Terror in das friedliche Norwegen trug? Die Ermittler bestätigten inzwischen die Identität des Bombenlegers und Todesschützen. Anders B. stammt aus Oslo, ist norwegischer Staatsbürger und wird nach Einschätzung der Ermittler der rechts-nationalistischen Szene zugerechnet. Im Internet gibt er sich eher bieder.

B. bezeichnete sich als konservativer Christ, als Liebhaber klassischer Musik, zählte das Computer-Rollenspiel "World of Warcraft" zu seinen Interessen, ebenso wie "Jagd" und "Bodybuilding". Zu seiner Lieblingsliteratur gehörte Kants "Kritik der reinen Vernunft" und Adam Smiths "Der Wohlstand der Nationen". Er lese und schreibe gerne, entwickle und begeistere sich für "Politikwissenschaft", "Reisen" und "Freimauerei", ist auf dem Internet-Profil des Norwegers zu lesen.

Kontakt zu anderen Personen lassen sich aus den Internet-Aktivitäten von Anders B. nicht ablesen. Der Norweger verbreitete und kommentierte viele Musikvideos und Songs, kommunizierte aber augenscheinlich nicht offen mit anderen Personen. Auch ausgeprägter Hass auf den norwegischen Staat oder ein bestimmtes politisches System wird durch die Internet-Einträge nicht deutlich.

Offenbar ist der mutmaßliche Osloer Attentäter, der ein Handelsgymnasium in der norwegischen Hauptstadt besucht haben soll, Inhaber einer Farm in der Ortschaft Rena, nahe Lillehammer. Im Mai 2009 registrierte Anders B. dort sein Unternehmen, in dem bis zu 790 Mitarbeiter tätig sein sollen. Vermutlich hatte B. durch seine Tätigkeit auf der Farm freie Zugang zu großen Mengen Dünger und chemischen Stoffen, mit denen die Autobombe von Oslo präpariert worden sein könnte.

Der Fall des Osloer Bombenlegers erinnert an den Oklahoma-Anschlag vom 19. April 1995. Damals tötete der Rechtsextreme Timothy James McVeigh 168 Menschen und verletzte über 600 weitere, bei einem Bombenanschlag auf ein Regierungsgebäude. McVeigh hatte eine mit Düngemittel gefüllte Autobombe in Oklahoma City gezündet. Der Attentäter, der 2001 per Todesspritze hingerichtet wurde, sah sich im Kampf gegen den amerikanischen Staat und war Mitglied einer rechtsextremen Miliz.