Es gibt viele Lehren aus dem BER-Desaster. Eine davon ist, rechtzeitig und vor allem fundiert auf sich abzeichnende Entwicklungen zu reagieren. Dazu gehört in Berlin der seit gut drei Jahren anhaltende Trend, dass die Stadt nach Jahren des Rückgangs und der Stagnation wieder Einwohner hinzugewinnt. Und zwar deutlich. Mehr als 60.000 waren es allein im vergangenen Jahren. Und die vielen Zugezogenen benötigen nicht nur dringend möglichst preiswerten Wohnraum, sie wünschen sich auch ein gut ausgebautes Nahverkehrsnetz.
Daher ist es richtig, dass sich Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner nun auch konkrete Vorschläge für den Ausbau des U-Bahnnetzes in der Stadt einfallen lassen muss. Seit vielen Jahren ist das geradezu ein Tabuthema in der Berliner Landesregierung, egal in welcher Parteienkonstellation sie agiert. Was ganz sicher mit den exorbitanten Kosten der wenigen U-Bahnprojeke zusammenhängt, die zuletzt realisiert wurden. So hat der Bau der gerade einmal 1,8 Kilometer langen Stummellinie U55 zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor rund 320 Millionen Euro gekostet. Der nur 400 Meter längere U5-Lückenschluss wird weitere 525 Millionen Euro verschlingen. Viel Geld für wenig Strecke. So scheint es folgerichtig zu sein, dass sich Rot-Rot-Grün nun auf den Bau wesentlich kostengünstiger Tram-Strecken konzentriert.
Doch allein auf die Straßenbahn zu setzen, wäre ein Fehler. Auch dieses Verkehrmittel stößt gerade in stark verdichteten Innenstadtbereichen schnell an seine Grenzen. Das leistungsfähigste Verkehrsmittel in einer Großstadt, das beweisen alle Metropolen der Welt, ist die U-Bahn. Zum einen, weil sie am geringsten die knappen oberirdischen Flächen beansprucht, zum anderen weil das System in kürzester Zeit die meisten Menschen von A nach B befördern kann. Um nicht wie beim BER die Entwicklung völlig zu verschlafen, ist es höchste Zeit, dass Berlin den Bau neuer U-Bahnstrecken endlich angeht.